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# taz.de -- Europas Flüchtlingspolitik: Auf der Flucht sind nicht alle gleich
> Europa misst beim Umgang mit Geflüchteten mit zweierlei Maß. Die Ukrainer
> werden warmherzig empfangen – Menschen aus anderen Regionen nicht.
Bild: Flucht vor dem Krieg: Ukrainer:innen warten in Lviv auf einen Zug nach Po…
Glück für Deutschland, dass Russland die Ukraine nicht vor der
Bundestagswahl überfallen hat. Nicht auszudenken, wie sich die Parteien bei
einem Einmarsch im August 2021 statt im Februar 2022 wohl gegenseitig
überboten hätten im rhetorischen Wettlauf um die höchsten Rüstungsausgaben
und die entschlossensten Sanktionen – in der stillen Erwartung, dass die
Zeit bis zum Wahltag noch lang ist, sie danach vielleicht doch nichts davon
umsetzen müssen und bis dahin alles an Angela Merkel hängenbleibt.
Andererseits aber wäre dann den Deutschen [1][das beschämende
flüchtlingspolitische Wahlkampfmantra „2015 darf sich nicht wiederholen“]
erspart geblieben. Denn heute gilt dieser Spruch nicht mehr – weil Europäer
um Einlass bitten, nicht Afghanen wie im Spätsommer 2021, Syrer wie 2015,
oder Afrikaner wie jedes Jahr.
Auf der Flucht vor dem Krieg sind nicht alle gleich. Das bezieht sich nicht
so sehr auf die teils hässlichen Vorgänge auf den Fluchtrouten aus der
Ukraine, [2][wo manche Nichteuropäer von Diskriminierung aufgrund von
Hautfarbe berichten]. Es geht darum, dass die Tore der EU jetzt
offenstehen, aber eben ausnahmsweise und selektiv.
Es ist völlig richtig und im Grunde selbstverständlich, dass europäische
Länder, darunter endlich und verspätet auch Deutschland, uneingeschränkte
Solidarität mit der Ukraine und ihren Menschen üben – nicht nur in
politischen Sonntagsreden, sondern mit tatkräftigem Engagement, das vom
Militär bis tief in die Gesellschaft reicht.
[3][Das aktive Eintreten für die Opfer] des brutalsten Angriffskriegs in
Europa seit 1945 eint den Kontinent und seine Menschen in beeindruckender
Weise. Die Bevölkerung der Ukraine wird nicht ausgeschlossen, sondern
warmherzig aufgenommen und begrüßt wie nicht einmal die Syrer nach der
Überwindung der Balkanroute im Herbst 2015. 2015 gab es für geflüchtete
Syrer in Ungarn Schlagstöcke und Stacheldraht. 2022 dürfen geflüchtete
Ukrainer in Ungarn gratis Eisenbahn fahren.
## Unbarmherzige Ausgrenzung
Um so deutlicher tritt ins Auge, wie unbarmherzig nach wie vor Fliehende
aus anderen Weltregionen in Europa ausgegrenzt werden. Auf den griechischen
Inseln sitzen Boat People in Internierungslagern fest. Im französischen
Calais ist Essensausgabe an herumirrende Geflüchtete verboten. An der
polnischen Ostgrenze bleiben die Einrichtungen zur gewaltsamen Abwehr
außereuropäischer Migranten intakt.
Über 2.700 Migranten starben laut der Internationalen Organisation für
Migration der UN im vergangenen Jahr auf den Fluchtrouten in und nach
Europa. Es brauchte dazu keine russische Artillerie und keinen
Angriffskrieg. Es war einfach der ganz normale Alltag europäischer Politik.
Wie gut, dass dieser Alltag für die Menschen aus der Ukraine jetzt nicht
mehr gilt. Wie niederschmetternd für alle anderen.
1 Mar 2022
## LINKS
[1] /Diskussion-um-afghanische-Gefluechtete/!5792360
[2] /Flucht-aus-der-Ukraine/!5837996
[3] /Flucht-aus-der-Ukraine/!5835319
## AUTOREN
Dominic Johnson
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