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# taz.de -- Kritik des Nabu an Windkraftplänen: Kein Wind aus den Wäldern
> Der Naturschutzbund Nabu will mit einem Forderungskatalog verhindern,
> dass Berlin seine Windkraftquote auf Kosten des Artenschutzes erfüllt.
Bild: Noch ziemlich einsam: Windrad am Stadrand in Pankow
Berlin taz | Der Nabu Berlin befürchtet einen „massiven Schaden“ an der
Hauptstadt – durch Windräder. Denn nach dem [1][Windenergie-Gesetz] des
Bundes muss Berlin in den kommenden drei Jahren 0,25 Prozent der
Landesfläche für den Ausbau von Windkraft zur Verfügung stellen, bis 2032
sollen es 0,5 Prozent der Landesfläche sein. Doch die [2][Flächen „für eine
konfliktfreie Errichtung“] von Windrädern seien in einem Stadtstaat
„äußerst begrenzt“, so Rainer Altenkamp, Landesvorsitzender des
Naturschutzbunds. In einem nun [3][veröffentlichten Positionspapier] setzt
sich der Nabu für einen naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien
ein und hat dafür eine Reihe von Forderungen aufgestellt.
Konkret fordert die Organisation, dass keine Windräder in den Wäldern und
Forsten aufgestellt werden sollen. Denn dann müssten Flächen gerodet
werden: nicht nur für die Standorte der Windräder selbst, sondern auch für
– mindestens fünf Meter breite – Zufahrtswege. Das würde „Waldflächen
zerschneiden“, schreibt der Nabu. Der Verband fürchtet, dass insbesondere
Fledermäuse und Greifvögel beeinträchtigt würden.
Windräder sollten demnach auch nicht in Naturschutzgebieten stehen und nur
in mindestens 500 Metern Abstand zu solchen Schutzgebieten aufgestellt
werden dürfen. Stattdessen plädiert der Nabu dafür, die Windkraftanlagen an
Autobahnen, Bahnflächen und Flughäfen oder in Gewerbegebieten aufzustellen.
Das Aufstellen auf solchen „stark vorbelasteten Flächen“ könne den
„Berliner Landschaftsraum schonen“. Windräder sollen außerdem nach Willen
des Nabu regelmäßig abgeschaltet werden, damit möglichst wenige Vögel und
Fledermäuse mit den Rotoren zusammenstoßen.
0,5 Prozent der Landesfläche – das sind nach Berechnungen des Nabu 446
Hektar. Es wäre ein Gebiet, das der [4][Größe des ehemaligen Flughafens
Tegel] entspricht. Wie viele Windräder auf dieser Fläche aufgestellt werden
könnten, ist nach Angaben der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und
Betriebe aber schwer zu sagen. Nach Berechnungen der Fachagentur Wind habe
eine Windenergieanlage mit 4 bis 6 Megawatt Leistung einen Flächenverbrauch
von 21 bis 23 Hektar. Für Berlin käme man damit theoretisch auf rund 20
Anlagen, schreibt die Wirtschaftsverwaltung auf taz-Anfrage. „Dies gilt
aber nur idealtypisch für eine zusammenhängende Fläche. Wie sich das in
Berlin auf vielen kleineren Einzelflächen verhält, kann man so pauschal –
zumindest aktuell – noch nicht beantworten“, heißt es weiter.
„Wir brauchen eine Energiewende, die Klima- und Naturkrise gleichermaßen
berücksichtigt“, sagt Janna Einöder, Referentin für Stadtgrün beim Nabu.
Die Zusammenhänge in der Natur seien sehr komplex, „Einflüsse darauf lassen
sich nicht so leicht errechnen wie CO2-Einsparungen“, sagt sie. Daher will
der Nabu einen Blick darauf haben, dass Windräder „nicht dort hinkommen, wo
wertvolle Naturgebiete darunter leiden“, sagt sie.
Pauschale [5][Flächenvorgaben für den Windkraftausbau] seien für Berlin
daher unsinnig, bekräftigt Einöder den Forderungskatalog. Stattdessen sei
es in Stadtstaaten sinnvoller, Vorgaben für die Leistung zu machen – und
dabei auch andere Energieformen wie Solarenergie zu berücksichtigen. „Das
Potenzial für Photovoltaik auf den Dächern ist in Berlin bisher kaum
genutzt“, so Einöder. Auf Dächern könnten außerdem auch kleine Windräder
aufgestellt werden, bei denen sich die Rotoren nicht frei drehen.
Aber sollte der Senat auch Windräder aufs Tempelhofer Feld bauen, um
Berlins Wälder und Forsten zu schonen? Der Nabu will sich zu konkreten
Gebieten vorerst nicht äußern. Denn wo und wie in Berlin Windräder
aufgestellt werden könnten, ermittelt der Senat gerade noch über eine
Machbarkeitsstudie, die im zweiten Halbjahr 2023 fertiggestellt werden
soll. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, will der Naturschutzbund
konkrete Vorhaben kommentieren, sagt Einöder. Sie vermutet allerdings, dass
der Nabu [6][das Tempelhofer Feld eher nicht empfehlen] würde, da es ein
wichtiger Natur- und Erholungsraum sei.
## „Ein komplexes Thema“
Auch im Senat ist man sich der Konflikte bewusst. „Die
Flächenbereitstellung ist ein komplexes Thema im Kontext der
vielschichtigen Flächenbedarfe und -konkurrenzen“, heißt es aus der
federführenden Senatsverwaltung für Wirtschaft. Da konkurrierten oft
Anliegen wie Wohnungsbau, Naturschutz, Schulbau oder Erholung miteinander
und außerdem mit den Erfordernissen von Infrastruktur, Straßenbau oder
Kompensation. „Berlin ist gehalten, hier eine räumliche Steuerung und einen
Ausgleich umfassender Belange vorzunehmen“, heißt es weiter. Zentral sei
eine gute Datengrundlage, die dem Senat dazu dienen soll, Flächen zu
identifizieren.
Ein paar Windräder stehen übrigens in Berlin schon: Vier im Gewerbegebiet
am [7][Autobahndreieck Pankow] und zwei entlang der Bundesstraße 2 zwischen
Malchow und der Landesgrenze. Diese sechs Windräder haben zusammen eine
Leistung von 16,6 Megawatt. Dazu kommen 42 große Windräder mit 121 Megawatt
Leistung auf den Berliner Stadtgütern in Brandenburg. Die Stadtgüter sind
ein Berliner Landesunternehmen, das 16.600 Hektar in Brandenburg
bewirtschaftet.
Könnte es also eine Lösung sein, die [8][Windräder nach Brandenburg]
auszulagern? Bei der Windkraft werde eine verstärkte Zusammenarbeit mit
Brandenburg in Betracht gezogen, heißt es aus der Wirtschaftsverwaltung.
Allerdings stehe auch hierfür erst einmal die eigene Potenzialanalyse im
Vordergrund. Die Stadtgüter bzw. die dort betriebenen und geplanten
Windräder zählten für Berlins Windkraftstatistik allerdings nicht. Und
selbst wenn es möglich wäre: zu Konflikten würde es vermutlich auch führen.
Flächen gibt es aber bekanntlich nicht nur auf dem Boden: Berlin [9][plant
bereits jetzt, kleine Windräder auf Dächern] aufzustellen. Vier kleinere
Windräder sollen auf einem [10][Hochhaus der Howoge in Lichtenberg
erreichtet werden], dort will der Senat Erfahrungen mit Windenergie auf
Dächern sammeln. Eine Hoffnung, die 0,5 Prozent Landesfläche auf Berlins
Dächern zu finden, lässt sich daraus aber nicht ableiten:
Kleinwindenergieanlagen auf Dächern könnten nicht auf das Länderflächenziel
angerechnet werden, heißt es dazu aus der Wirtschaftsverwaltung.
11 Aug 2023
## LINKS
[1] /Wind-an-Land-Gesetz/!5911999
[2] /Deutsche-Vorschriften-fuer-Windenergie/!5901969
[3] https://berlin.nabu.de/stadt-und-natur/stadtentwicklung/33743.html
[4] /Tegel-wird-zur-Urban-Tech-Republic/!5723474
[5] /Energiewende/!5933343
[6] /Initiativen-feiern-auf-Tempelhofer-Feld/!5932063
[7] /Umweltgezaenk/!5188150
[8] /Umweltgezaenk/!5188150
[9] https://www.berlin.de/sen/sbw/presse/pressemeldungen/2023/pressemitteilung.…
[10] https://www.berliner-woche.de/lichtenberg/c-umwelt/senat-forciert-bau-von-…
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Schwerpunkt Artenschutz
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Schwerpunkt Klimawandel
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