# taz.de -- Parakanutin Esther Bode: Der Olympia-Teufelskreis | |
> Esther Bode ist Parakanutin im deutschen Nationalkader. In ihrer | |
> Wettkampfklasse ist der Sport nicht olympisch. Die Folge: Es gibt keine | |
> Förderung. | |
Bild: Esther Bode in ihrem Va'a, ein Kanu mit Ausleger | |
Dunkle Wolken ziehen am Freitagvormittag über Duisburg. Es blitzt und | |
donnert, Regen prasselt auf die Regattabahn an der Wedau. Die Rennen bei | |
der Para-Kanu-Weltmeisterschaft müssen verschoben werden. „Das Warten hat | |
mich immer nervöser gemacht“, sagt Parakanutin Esther Bode nach ihrem | |
Rennen. Zweimal wird ihr Start nach hinten verschoben. | |
Beim Rennen fehlt ihr dann teilweise der Fokus. Bode landet auf dem | |
sechsten, dem letzten Platz. Sie ist trotzdem zufrieden, denn ihre Zeit war | |
gut. Die 200 Meter des Finalrennens hat sie in einer Minute und 28 Sekunden | |
zurückgelegt. Die 32-Jährige ist in einem [1][Va’a] für den deutschen | |
Nationalkader angetreten: ein Boot, das neben dem Kanu einen Ausleger hat | |
und damit mehr Stabilität. | |
Seit einem Reitunfall mit 20 Jahren ist Esther Bode querschnittsgelähmt. | |
Vorher war sie Spring- und Dressurreiterin. Der heftige Unfall im | |
Geländeparcours hat bei ihr aber keine Angst vor dem Leistungssport | |
ausgelöst. Im Gegenteil: „Ich war eigentlich schon während der Reha die | |
ganze Zeit immer in der Turnhalle“, sagt sie. „Es hat direkt richtig | |
gutgetan, wieder Sport zu machen.“ Dabei hat die Lüneburgerin auch ihre | |
ersten Erfahrungen im Rollstuhlbasketball gemacht. | |
Für die Ausbildung zur Ergotherapeutin ist Bode mit Anfang 20 dann nach | |
Hamburg gezogen. Seitdem spielt sie bei den BG Baskets Hamburg in der | |
Regionalliga. Teamkollegin Edina Müller hat sie dann irgendwann mit zum | |
Kanufahren genommen und seitdem macht Esther Bode beides: Körbe werfen und | |
Rennen fahren. | |
## Keine finanzielle Unterstützung | |
„Ich mag, dass Basketball ein Teamsport ist. Am Kanu gefällt mir, dass es | |
draußen ist und auch mal eine Ente vorbeischwimmt, während ich auf dem | |
Wasser bin.“ Der Kanusport findet überwiegend im Sommer statt und die | |
Basketballsaison geht von Herbst bis Frühjahr. „Das ist super, dann muss | |
ich nämlich nie Pause machen“, sagt Bode und lacht. | |
Weder für ihre Tätigkeit als Basketballerin noch als Parakanutin bekommt | |
die Sportlerin Geld. Parakanut*innen werden je nach Grad ihrer | |
Einschränkung [2][in unterschiedliche Wettkampfklassen eingeteilt]. Mit der | |
Klassifizierung als VL1-Athletin (VL1 = Va’a Level 1) ist Bode in der | |
Gruppe mit dem höchsten Grad der Einschränkungen. Diese gilt im | |
Damenbereich aktuell nicht als olympisch und [3][bekommt daher keine | |
finanzielle Förderung] vom Deutschen Behinderten Sportverband und der | |
Sporthilfe. | |
Bode und ihre VL1-Kolleginnen müssen Fahrtkosten zu Turnieren, | |
Trainingslager und Ausstattung teilweise aus eigener Tasche zahlen. | |
Zuschüsse gibt es, wenn überhaupt, nur vom Verein, von Landesverbänden oder | |
selbstorganisierten Sponsor*innen. | |
Die Begründung des olympischen Komitees ist, dass es in der VL1 nicht | |
genügend Athlet*innen gibt. Tatsächlich gab es auch bei der WM keine | |
Vorrunden in der VL1 der Damen. Für die Haltung des olympischen Komitees | |
hat Bode trotzdem nur eingeschränkt Verständnis. „Wenn es keine Förderung | |
gibt, schaffen es eben auch nur wenig auf so ein hohes Niveau. Solange wir | |
uns selbst finanzieren müssen, wird der Kreis auch klein bleiben“, so Bode. | |
Auch die Trainingsbedingungen in Hamburg sind nicht optimal. | |
Bodes Trainer arbeitet vollständig ehrenamtlich. Bode trainiert deshalb | |
auch häufig allein im Kraftraum, denn „ohne Hilfe komme ich ja nicht aufs | |
Wasser“, sagt sie. | |
Am Sonntag gab es für Bodes Team übrigens auch eine Medaille: Felicia | |
Laberer sicherte sich in der Startklasse KL3 Bronze. [4][Edina Müller] | |
landete in der KL1 auf Platz vier. | |
28 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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