# taz.de -- Bezahlung von Olympiasportlern: Endlich kriegen auch sie Kohle | |
> Jeder Drittligaprofi aus dem Fußball verdient mehr als hochtalentierte | |
> Olympioniken. Nun gibt es erstmals Prämien bei den Sommerspielen von | |
> Paris. | |
Bild: Paddeln für Peanuts: Sebastian Brendel im Canadier-Einer bei Olympia 2020 | |
Nehmen wir an, Sie sind ein hochtalentierter Kanute aus Deutschland und | |
gewinnen bei Olympia eine Medaille? Dann schauen Sie in die Röhre. | |
Angenommen, Sie sind eine Fünfkämpferin aus Finnland, führend in Europa und | |
Medaillenkandidatin für die Sommerspiele? Dann sind Sie angeschmiert. Sie | |
sind ein Schütze aus Slowenien und wollen in Paris aufs Podium steigen? Sie | |
Ärmster! | |
Jeder Drittligaprofi aus dem Fußball lacht Sie aus, weil Sie sich abrackern | |
wie ein Irrer – und für die unmenschlichen Anstrengungen nur einen Appel | |
und ein Ei bekommen. Jene, die richtig Kohle machen, also Tennisprofis oder | |
Golfer, schütteln ungläubig den Kopf über Ihre brotlose Kunst und Ihre | |
hilflosen Rechtfertigungsversuche (Idealismus! Selbstverwirklichung! | |
Spaß!). | |
Im weltweiten Kommerzsport ist der Olympionike der Dumme. Er hat so sehr | |
das Nachsehen, dass er immer nur die Hinterteile all der Fußballer und | |
Footballer sieht. | |
Wenn irgendwer auf Equal Pay zu sprechen kommt, dann schaltet der | |
Olympionike automatisch ab, weil er weiß: Er ist nicht gemeint. Ein ganz | |
zartes Pflänzchen der Hoffnung keimt nun für die Deplorablen der | |
Leistungssportbewegung, denn Sebastian Coe, selber Olympionike auf der | |
1.500-Meter-Distanz, mittlerweile zum Chef der Leichtathleten aufgestiegen, | |
will Geld für Olympiasieger lockermachen. | |
## 2,2 Millionen für die Sieger | |
Der Verband World Athletics will 46.000 Euro zahlen für Gold. Das muss man | |
sich einmal vorstellen: Die Leichtathletik ist die erste Sportart | |
überhaupt, in der Preisgeld für Goldmedaillen gezahlt wird. Bei insgesamt | |
48 Entscheidungen in Paris werden nun also 2,2 Millionen Euro | |
ausgeschüttet; in Staffelentscheidungen teilen sich die Athleten den | |
Jackpot, und 2028 in Los Angeles soll es dann auch Preisgeld für Silber und | |
Bronze geben – bloß nicht zu viel auf einmal raushauen. | |
Nun ist es nicht so, dass die Staatssportler, meist sind sie ja abhängig | |
von öffentlichen Geldern, verhungern müssten. Wer hierzulande am | |
erfolgreichsten durch die fünf olympischen Ringe steigt, [1][bekommt von | |
der Deutschen Sporthilfe 20.000 Euro] – gestreckt über zwölf Monate. Platz | |
zwei bringt 15.000 Euro, Bronze 10.000. Wer, sagen wir, über sich | |
hinauswächst und den kompletten Medaillensatz abräumt, kriegt trotzdem nur | |
20.000 Euro, die er dann auch noch versteuern muss. Man ist knausrig in | |
Deutschland. Anderswo sieht es bisweilen besser aus. | |
Länder wie Singapur (630.000 Euro), Malaysia (ein Goldbarren) und | |
Indonesien (345.000 Euro) schütteten für ihre Tokio-Olympioniken kleine | |
Vermögen aus. Polen spendete seinerzeit 50.000 Euro plus eine monatliche | |
lebenslange, steuerfreie Rente von 60 Prozent des Durchschnittseinkommens | |
ab dem 40. Lebensjahr. | |
Es sollte selbstverständlich sein, dass jeder Weltverband Prämien an die | |
Besten zahlt; [2][Coes Initiative ist beispielhaft] und überfällig. Zwei | |
Dinge haben die Selbstverständlichkeit der angemessenen Honorierung von | |
Topleistungen bisher verhindert: Nepotismus und Korruption in den | |
Sportverbänden sowie die Nachwirkungen des olympischen Amateurfetischs. | |
Bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein waren Profis bei | |
Olympischen Spielen verpönt. Lächerliche Beträge wurden immer wieder | |
hergenommen, um verdiente Athleten wie den finnischen Leichtathleten Paavo | |
Nurmi zu diskreditieren. Der Ausnahmeläufer hatte 1930 Spesengelder für | |
einen Wettkampf angenommen, [3][1932 wurde er lebenslang gesperrt], und als | |
er 20 Jahre später die olympische Fackel ins Stadion von Helsinki trug, | |
zürnte das IOC über diesen vermeintlichen Akt der Aufmüpfigkeit. | |
Langsam ist die Realität in die Statuten des IOC eingesickert, hat eine | |
Gerechtigkeitslücke, zumindest partiell, geschlossen. Dennoch bleibt der | |
Befund: Wer zu den Spielen fährt, tut es nicht des Mammons wegen. Reich an | |
Ruhm kann er werden, mehr nicht. | |
13 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundestag.de/resource/blob/863412/08df6e6ccb2e324f0e8590258f2d7… | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Coe | |
[3] https://www.deutschlandfunk.de/das-ende-der-scheinheiligkeit-100.html | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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