# taz.de -- Berliner Behindertenparlament: Inklusion auf der langen Bank | |
> 17 Anträge hat das Berliner Behindertenparlament im Dezember gestellt. | |
> Viele blieben lange unbeantwortet. Abgeordnete kritisieren das. | |
Bild: Tagte im Dezember 2022 erstmals in Präsenz und gab es zuerst in Bremen: … | |
BERLIN taz | In Zeiten der schwarz-roten Koalition ein eher ungewöhnliches | |
Bündnis: Die inklusionspolitischen Sprecher*innen von CDU, SPD, Grünen | |
und Linken aus dem Abgeordnetenhaus kritisieren unisono den Senat, das | |
Berliner Behindertenparlament (BBP) mit unzureichenden Antworten | |
abzuspeisen. Die Sozial- und Inklusionspolitiker*innen der | |
verschiedenen Fraktionen unterstützen die Arbeit der BBP-Abgeordneten und | |
hatten [1][in einer schriftlichen Anfrage nach dem Bearbeitungsstand | |
gefragt]. | |
Das Behindertenparlament hat sich unter Leitung verschiedener Einrichtungen | |
für Menschen mit Behinderungen und Selbsthilfe-Organisationen 2021 | |
gegründet und am 3. Dezember 2022 [2][erstmals in Präsenz im | |
Abgeordnetenhaus getagt], wo es künftig jährlich zusammen kommen soll. | |
Präsident ist der unermüdliche Netzwerker, Aktivist und [3][taz-Kolumnist | |
Christian Specht]. Der Abgeordnetenhauspräsident Dennis Buchner versprach | |
beim Grußwort in der ersten Präsenzsitzung, dass man den „Prozess des | |
Behinderns mit Gesetzen“ minimieren wolle. | |
Laut Pressemitteilung der Geschäftsstelle des BBP hat der Berliner Senat | |
diesen Ankündigungen aber nur recht gemächlich Handlungen folgen lassen: | |
Die Anträge des Behindertenparlaments seien nur in Teilen beantwortet und | |
die bisherigen Antworten des Senats seien nur „ungenügend“, wie es auch von | |
den Abgeordneten heißt. Das Behindertenparlament beschloss im Dezember | |
[4][17 Anträge], die die Situation für Menschen mit Behinderungen in | |
Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung, Pflege, Gewaltschutz und Mobilität sowie | |
Partizipation verbessern sollten. Die Anträge hat das Berliner | |
Behindertenparlament im Dezember 2022 der damaligen Sozialsenatorin Katja | |
Kipping (Linke) übergeben. | |
Reagiert hatte der Senat zum Fragezeitpunkt im Juni lediglich auf vier. | |
Staatssekretär Max Landero aus der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, | |
Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SPD) | |
antwortete: „Eine formale Berichtspflicht des Senats, bzw. der einzelnen | |
Senatsverwaltungen zu den ‚Anträgen‘ besteht nicht.“ | |
## Bewegung erst nach der Anfrage | |
Immerhin aber gab es laut Antwort nach der Anfrage etwas Bewegung und | |
weitere Antworten zu den verschiedenen Anträgen seien inzwischen weiter | |
geleitet worden. „Es ist davon auszugehen, dass bis zum nächsten | |
Parlamentstag am 3. Dezember 2023 die eingeladenen politischen Leitungen | |
der jeweiligen Senatsverwaltungen zu den Anträgen Stellung nehmen werden“, | |
heißt es von Landero. Ein Gesamtüberblick könne aktuell noch nicht gegeben | |
werden. | |
Die Abgeordneten der verschiedenen Abgeordnetenhaus-Fraktionen mahnten an, | |
die Anträge ernst zu nehmen und zeitnah darüber zu informieren: Katina | |
Schubert (Linke) forderte „mehr Anerkennung und Interaktion mit der | |
‚offiziellen‘ Politik.“ Catrin Wahlen (Grüne) sagte, sie erwarte eine | |
gewissenhafte Beantwortung und dass der Senat die Anträge in seine Arbeit | |
einfließen lasse: „Der Senat muss sich ernsthaft mit den Forderungen der | |
Delegierten auseinandersetzen.“ | |
Lars Düsterhöft (SPD) sagte: „Die Antworten sind ungenügend. Wir werden uns | |
in der nächsten Ausschusssitzung mit diesem Thema befassen und uns bestimmt | |
nicht mit diesen Antworten zufriedengeben.“ Auch Björn Wohlert (CDU) | |
forderte: „Unabhängig von der formellen Berichtspflicht sollten sich alle | |
Senatsverwaltungen verpflichtet sehen, zeitnah zu antworten.“ Das sei eine | |
Frage der Wertschätzung für Menschen mit Behinderung. | |
Die einzige Antwort, die auf die schriftliche Anfrage näher ausgeführt ist, | |
beinhaltet eine Absage an die Forderung, dass in Berlin [5][nur noch | |
barrierefreie Taxis] zugelassen werden sollten. Darin heißt es: Laut | |
Bundesgesetz müssen bei Unternehmen ab einer Größe von 20 Fahrzeugen | |
mindestens 5 Prozent der Fahrzeuge barrierefrei sein. „Eine | |
darüberhinausgehende landesgesetzliche Regelung wird als nicht statthaft | |
erachtet“, schreibt der Senat. Demgegenüber erachte man eine Förderung | |
barrierefreier Taxis durch den Senat weiter als sinnvoll. Zukünftig solle | |
es zudem E-Inklusionstaxis geben. Mögliche Erleichterungen hinsichtlich der | |
Inanspruchnahme würden aktuell vom Senat geprüft. | |
27 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-16… | |
[2] /Berliner-Behindertenparlament/!5896494 | |
[3] /Christian-Specht/!a36997/ | |
[4] https://www.behindertenparlament.berlin/antraege/2022#4-mobilitaet | |
[5] https://daten2.verwaltungsportal.de/dateien/seitengenerator/6b82adaec60bfce… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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