| # taz.de -- Kinotipps für Berlin: Trotzdem ein Loser | |
| > Bradley Coopers „A Star Is Born“ verdichtet die Geschichte vom Aufstieg | |
| > eines Stars zeitgemäss. Und mit Monsieur Houlot geht´s richtig in die | |
| > Ferien. | |
| Bild: „A Star Is Born“ (2018) | |
| Dass sich der Rockstar Jackson Maine (Bradley Cooper) auf dem absteigenden | |
| Ast befindet, weiß man von der ersten Sekunde an: Bevor er auf die Bühne | |
| geht, um bei einem Open-Air-Konzert jene Mischung aus Rock, Country, Folk | |
| und Singer-Songwriter-Elementen zu spielen, die man gern Americana nennt, | |
| wirft er schnell noch einige Pillen ein, ohne die bei ihm gar nichts mehr | |
| geht. | |
| Nach dem Gig gilt sein erster Griff der Flasche. Noch mögen ihm Tausende | |
| zujubeln und sein Autogramm wollen – er ist trotzdem ein Loser. Das weiß im | |
| Grunde auch die Singer-Songwriterin Ally (Lady Gaga), die Jackson in einer | |
| Bar kennenlernt. Die beiden werden trotzdem ein Paar, er lässt die | |
| talentierte Musikerin bei seinen Konzerten auftreten. Ihre Karriere hebt | |
| ab, seine stürzt ins Bodenlose. | |
| Die Geschichte vom Aufstieg des einen Stars und vom Fall des anderen ist | |
| die Story von „A Star Is Born“, und Hollywood verfilmt sie in einem | |
| gewissen Abstand immer wieder neu. Nach Filmen von 1937, 1954 und 1976 war | |
| Bradley Coopers Regiedebüt von 2018 bereits die vierte Version. Kann man | |
| dem Stoff da noch etwas Neues abringen? Na klar. | |
| Die Passagen von Allys Weg zum Stardasein hat Cooper zeitgemäß verdichtet: | |
| Ein Youtube-Clip, der von Millionen geklickt und gesehen wird, ist heute | |
| schon der halbe Weg zum Ruhm. Noch interessanter ist in diesem gelungenen | |
| Film aber der Gegensatz zwischen den verschiedenen musikalischen Stilen. | |
| Denn Jacksons Rumpelmusik (authentisch dargeboten von Bradley Cooper mit | |
| Lukas Nelson & The Promise of the Real als Begleitband) ist das Konzept | |
| eines weißen und explizit männlichen Macho-Rocks, das hier durch das eines | |
| Popstars abgelöst wird, das stilistisch, optisch und in seiner sexuellen | |
| Ausstrahlung nicht mehr festgelegt ist. Das kann man vielleicht auch als | |
| politisches Statement lesen (28. 7., 18.30 Uhr, [1][Freiluftkino | |
| Hasenheide]). | |
| Eher ein amüsantes Phänomen als ein wirklich guter Film ist „Der schwarze | |
| Abt“, 1963 von dem österreichischen Regisseur Franz Josef Gottlieb als 13. | |
| Werk in der Reihe mit deutschen Kriminalfilmen nach Stoffen von Edgar | |
| Wallace inszeniert. | |
| Als Neunjähriger vor dem heimatlichen Schwarzweißfernseher fand ich die | |
| Schatzsuche in den unterirdischen Gängen einer Abtei und das vermeintliche | |
| Gespenst des Abtes in seiner Mönchskutte echt gruselig, heute gruselt es | |
| einem aber viel mehr angesichts der kompletten Verworrenheit des Plots. Und | |
| die war noch nicht einmal die alleinige Schuld der Filmemacher – sie hatten | |
| sich halbwegs getreulich an den 1926 veröffentlichten Roman von Wallace | |
| gehalten. | |
| Interessant ist allerdings, was man in den Wallace-Filmen seinerzeit für | |
| britische Atmosphäre hielt. Ein von Lords, Butlern und ermittelnden | |
| Scotland-Yard-Beamten bevölkertes Schloss reicht eben nicht unbedingt aus, | |
| wenn man die Rollen dann mit treudeutschen Schauspielern wie Joachim | |
| Fuchsberger und Dieter Borsche besetzt, denen man einen Engländer noch | |
| nicht einmal im Traum abnehmen würde. | |
| Die Kinozuschauer:innen hat es damals allerdings nicht gestört und | |
| Scotland Yard offenbar auch nicht: Joachim Fuchsberger wurde dort | |
| Ehrenmitglied (29. 7., 11 Uhr, [2][Eva Lichtspiele]). | |
| Es ist Urlaubszeit, und wer bislang noch nicht in ferne Länder entschwunden | |
| ist, sollte sich darauf – auch gern zum wiederholten Mal – von „Die Ferien | |
| des M. Hulot“ einstimmen lassen, Jacques Tatis brillanter Farce, in der er | |
| als sein Alter Ego Monsieur Hulot den Gästen eines Badeortes gewaltig damit | |
| auf die Nerven fällt, dass er als Einziger wirklich Ferien macht (27. 7., | |
| 1. 8., 16.30 Uhr, 29. 7.–30. 7., 16.20 Uhr, Wolf Kino, 30. 7., 13.30 Uhr, | |
| [3][Bundesplatz Kino]). | |
| 27 Jul 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.freiluftkino-hasenheide.de/programm-tickets/ | |
| [2] https://www.eva-lichtspiele.de/film.php?mid=7674 | |
| [3] http://www.bundesplatz-kino.de/index.php?p=m&mid=3683 | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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