# taz.de -- Krimikomödie „Medusa Deluxe“ im Kino: Frisuren wie die von Lad… | |
> Die Krimikomödie „Medusa Deluxe“ geht es optisch üppig an, ohne beim | |
> Tempo zu überdrehen. Ein kurioser Todesfall trifft auf großartige | |
> Haarkreationen. | |
Bild: Alles für den Frisurwettbewerb: Divine (Kayla Meikle) und ihr Model in �… | |
Cleve wirkt schwer genervt. Sie muss für den anstehenden Frisurwettbewerb | |
eigentlich ihren Beitrag vollenden, eine „georgische Fontange“. Das | |
geduldig dasitzende Model Angie trägt schon ein turmartiges Drahtgestell | |
auf dem Kopf, an dem Cleve die Haare im Stil der Hauben adliger Hofdamen | |
des 17. Jahrhunderts kunstvoll hochstecken will. Und jetzt das. Draußen | |
wartet die Polizei, muss mit allen Anwesenden sprechen, keiner soll das | |
Gebäude verlassen. Denn ein Teilnehmer des Wettbewerbs, Mosca, ist tot | |
aufgefunden worden. Man hat ihn skalpiert, heißt es. | |
„Medusa Deluxe“ nennt der britische Regisseur Thomas Hardiman sein | |
Spielfilmdebüt. Dieser Krimi spielt im selten zu Kinoehren gelangenden | |
Milieu der Haarstylisten und präsentiert sich zu gleichen Teilen als | |
schrille Komödie und als optischer Exzess. Denn die aufwendigen | |
Hornfadengebilde, die zur Schau getragen werden, können genauso als die | |
Stars des Films gelten wie die Schauspielerinnen, die ihre Köpfe dafür | |
hinhalten. Sämtliche Haarkreationen stammen von Eugene Souleiman, der unter | |
anderem schon Frisuren für [1][Lady Gaga] entwarf. | |
Von Beginn des Films an stellt sich für die noch lebenden Friseure die | |
Frage, wer Mosca so brutal ermordet haben könnte. Cleve, von Clare Perkins | |
mit reichlich Galle und Wut im Bauch gegeben, macht sich mit ihrem | |
herausgekeiften Unmut über das anstehende Verhör und ihrem für das Opfer | |
wenig schmeichelhaften Klatsch über dessen freizügiges Liebesleben als | |
erste verdächtig. Ihre Kollegin Divine (Kayla Meikle) ist fassungslos, wie | |
selbstverständlich Cleve sich dazu bekennt, auch schon mal handgreiflich | |
geworden zu sein. Dieses Temperament soll man im Film dann noch | |
eindrücklicher vorgeführt bekommen. | |
Doch jede weitere Figur, die auftritt, erscheint ähnlich suspekt. Wollte | |
jemand von ihnen womöglich einfach einen Konkurrenten ausschalten? Warum | |
benimmt sich der glänzend glatzköpfige Sicherheitsmann Gac (Heider Ali) so | |
eigenartig? Warum wischt er etwas, das wie eine Blutspur aussieht, von | |
einem Spind? Und wer sagt überhaupt Angél (Luke Pasquilano), dem Partner | |
von Mosca, was passiert ist? | |
## Sich leidenschaftlich angiftende Haarformer | |
Hardiman inszeniert seine nur auf den ersten Blick [2][klassische | |
Whodunit-Geschichte], die nach vielen falschen Fährten zum echten Mörder | |
führen soll, fast surreal klaustrophobisch. Die Kamera bewegt sich | |
praktisch nie außerhalb des Veranstaltungsorts, kreist in den Garderoben um | |
die sich leidenschaftlich angiftenden Haarformer und folgt einzelnen | |
Figuren zwischendurch über lange Flure zur nächsten Garderobe. Polizisten | |
treten nicht als Ermittler auf, sie stehen allenfalls draußen neben ihren | |
Fahrzeugen mit blinkendem Blaulicht. Kriminalistisch betätigen sich die | |
Verdächtigen vielmehr selbst. | |
Für eine Komödie hat Hardiman ein bedächtiges Tempo gewählt, mitunter | |
schlendern die Figuren wortlos vor sich hin, scheint die Handlung fast | |
stillzustehen. Wenn die Protagonisten gehässig die Worte wechseln, geht es | |
hingegen Schlag auf Schlag. Ominös bis drohend kommentiert dazu an | |
einzelnen Stellen die elektronische Musik des walisischen Produzenten | |
Koreless das Geschehen. Oder es ertönt als Klingelton der Song „West End | |
Girls“ von den Pet Shop Boys. | |
Wie ein skalpierter Friseur aussieht, zeigt der Film dankenswerterweise | |
nicht. Er führt einem dafür deutlich vor Augen, dass man mit ausladendem | |
Haarputz besser keine Zigaretten rauchen sollte. | |
8 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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