| # taz.de -- Tarifstreit „Frankfurter Rundschau“: „Frankfurter Rundschau�… | |
| > Verdi und DJV fordern eine Rückkehr zum Tarifvertrag bei der „Frankfurter | |
| > Rundschau“. Deren Besitzer will davon nichts hören und agiert | |
| > intransparent. | |
| Bild: Wollen sich nicht abspeisen lassen, die Mitarbeiter der FR. Würfelzucker… | |
| Auch in der zweiten Runde der Tarifverhandlung bei der Frankfurter | |
| Rundschau (FR) ist die Geschäftsführung nicht auf die Forderungen von Verdi | |
| und DJV eingegangen, zum Tarifvertrag zurückzukehren. Stattdessen soll eine | |
| einseitige Gehaltsanpassung kommen, die weit hinter dem Tarif zurückbleibt. | |
| Vergangene Woche veröffentlichte der Aktivenausschuss der FR einen offenen | |
| Brief. Darin warnt er: „Die Zukunft der FR ist gefährdet.“ Zu den aktuellen | |
| Konditionen könne man nicht in Frankfurt überleben. Und wenn gestandene | |
| Journalist:innen die Redaktion verlassen müssen, dann könne man auch | |
| keine Zeitung mehr machen. Die Gewerkschaften fordern deshalb weiterhin | |
| eine Rückkehr zum Tarifvertrag der Redakteur:innen in Tageszeitungen. | |
| Die FR war vor 10 Jahren aus dem Tarif ausgestiegen. Heute liegt der Lohn | |
| vieler Angestellter mehrere Hundert Euro pro Monat unter Tarif. Auch gibt | |
| es aktuell keine automatische Gehaltserhöhung, was gerade in Zeiten hoher | |
| Inflation empfindlich zu spüren ist. Im Tarifvertrag sind regelmäßige | |
| Gehaltssteigerungen vorgesehen. Auch die Arbeitszeiten sollten neu geregelt | |
| werden: Im Tarifvertrag sind 36,5 Stunden pro Woche vorgesehen, heute sind | |
| bei der FR 40 Stunden die Norm. | |
| Die Rückkehr zum Tarifvertrag wäre eine Trendwende, nicht nur bei der FR, | |
| sondern für die Medienbranche insgesamt. In Hessen ist nur noch die | |
| Belegschaft des Darmstädter Echos im Tarif – jedoch nur die bereits seit | |
| Längerem angestellten Redakteur:innen. Neuanstellungen laufen über eine | |
| Tochtergesellschaft, die nicht nach Tarif bezahlt. | |
| ## Tarifvertrag als Trendwende | |
| Aber auch die Kluft zwischen den sehr unterschiedlichen Entlohnungen | |
| innerhalb der FR soll sich schließen. Die Gehaltsstruktur ist sehr | |
| heterogen. Manche Redakteur:innen haben alte Verträge noch zu | |
| Tarifkonditionen, andere sind ehemalige Leiharbeiter, die heute bei einer | |
| Tochtergesellschaft angestellt sind und die niedrigsten Gehälter haben. Das | |
| spalte die Belegschaft, heißt es in einer Pressemitteilung von Verdi. | |
| Die Besitzer der FR, [1][die Ippen-Gruppe], stellt sich auf den Standpunkt, | |
| höhere Gehälter könne sich die Zeitung nicht leisten. Anja Willmann von | |
| Verdi kritisiert diese Haltung: „Das sollen sie mal nachweisen! Die Zahlen | |
| legen sie ja nicht offen.“ Willmann geht davon aus, dass Ippen mit der FR | |
| Geld verdient. | |
| [2][„Die haben so viel gespart in den letzten Jahren], Personal abgebaut, | |
| ältere teurere Arbeitnehmer mit jüngeren schlechter Bezahlten ersetzt.“ | |
| Aber ohne Zugang zu den Wirtschaftszahlen können Gewerkschaften und | |
| Betriebsräte sich kein Bild der tatsächlichen Lage des Betriebs machen. | |
| Auch der Betriebsrat hat wiederholt einen Mangel an Transparenz und | |
| zunehmende Zentralisierung kritisiert. Die Angestellten hätten kaum | |
| Mitsprachemöglichkeiten. | |
| Die Zentralisierung zeigt sich auch im regelmäßigen Texttausch zwischen den | |
| verschiedenen Publikationen der Gruppe. Wenn etwa der Hanauer Anzeiger, der | |
| auch zur Ippen-Gruppe gehört, einen Text über Hanauer Lokalpolitik | |
| veröffentlicht, dann sollen die linksliberale Frankfurter Rundschau und die | |
| konservative Frankfurter Neue Presse den übernehmen. In der Belegschaft | |
| kritisieren viele die dadurch einhergehende Verengung des | |
| Meinungskorridors. | |
| Intransparent geht es auch in anderen Feldern zu, so sind Strukturen bei | |
| der Ippen-Gruppe oft nicht klar getrennt. Max Rempel etwa ist sowohl | |
| Geschäftsführer der FR als auch Chefredakteur der Frankfurter Neuen Presse | |
| und dazu Gesellschafter der Ippen-Gruppe. Viele in der Belegschaft halten | |
| das für keine ideale Struktur. Oft erscheine die ökonomische Seite | |
| wichtiger als die journalistische. | |
| Die journalistische Unabhängigkeit der Zeitung stand schon einmal in Frage. | |
| [3][2021 verhinderte Verleger Dirk Ippen die Veröffentlichung einer | |
| Investigativrecherche] zu den Machtmissbrauchsvorwürfen gegen den | |
| ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Sowohl das Recherche-Team | |
| als auch die Belegschaft protestierten öffentlich, ohne Resultat. | |
| Schlussendlich veröffentliche der Spiegel die Recherche. Geschäftsleiter | |
| Max Rempel hat eine Anfrage der taz bis zum Ablauf der gesetzten Frist | |
| nicht beantwortet. | |
| 22 Aug 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Caspar Shaller | |
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