| # taz.de -- Tarifstreit bei „FR“: Drei treffen, alle meinen | |
| > Nach einem Warnstreik bei der „Frankfurter Rundschau“ wurden am | |
| > Donnerstag drei junge Beschäftigte entlassen. Verdi spricht von „Union | |
| > Busting“. | |
| Bild: Streik bei der Frankfurter Rundschau | |
| [1][Seit Monaten kämpfen die Beschäftigten der Frankfurter Rundschau (FR) | |
| um einen Tarifvertrag.] Nach einem [2][Warnstreik] ist nun am Donnerstag | |
| drei jungen Beschäftigten die Entlassung angekündigt worden. | |
| In einer Mail an die Belegschaft habe die Geschäftsführung am Donnerstag, | |
| 8. 12., angekündigt, das digitale Angebot FR+ sowie den Klimapodcast der | |
| Zeitung einzustellen, heißt es aus der Redaktion. Gleichzeitig wurde den | |
| drei jungen Beschäftigten durch Geschäftsführer Max Rempel die Kündigung | |
| zum 31.12. angekündigt. | |
| Das passierte nur sechs Werktage nach einem Warnstreik. Am 1. Dezember | |
| hatten sich 30 der 85 Mitarbeiter*innen zu einem Protestmarsch vor dem | |
| Gebäude der Frankfurter Rundschau zusammengefunden, weitere Personen waren | |
| online beteiligt. Unterstützt durch die Gewerkschaften Verdi und DJV | |
| streikten sie für gerechte Löhne und einen Tarifvertrag. | |
| Schon vor dem Streik sei den Beschäftigten immer wieder mit Konsequenzen | |
| gedroht worden, heißt es aus der Redaktion. In der Kündigung vermuten die | |
| Beschäftigten und die Gewerkschaft Verdi deswegen nun eine direkte Reaktion | |
| auf den Streik, da sie auch in so kurzer zeitlicher Abfolge ausgesprochen | |
| wurden. | |
| ## Gekündigt nach vier Tagen | |
| „Mit uns kann man das machen, denn wir sind in der Probezeit“, [3][schrieb | |
| Maxi Arnhold auf der Plattform X], als er seine Kündigung am Freitag | |
| öffentlich machte. Arnhold hat den Klimapodcast der FR aufgebaut. „Mein | |
| Arbeitgeber schenkt mir zur Weihnachtszeit eine Kündigung“, schreibt Jana | |
| Ballweber auf X, die ebenfalls zu den Gekündigten gehört. „Wir befinden uns | |
| jetzt auf dringender Jobsuche“, sagt [4][Yağmur Ekim Çay]. Çay wurde | |
| ebenfalls am Donnerstag nach nur vier Werktagen in ihrer neuen Stelle als | |
| Reporterin gekündigt. | |
| [5][Die Gewerkschaft Verdi bezeichnet das Vorgehen der Geschäftsführung als | |
| „Union Busting“.] Das ist eine Praxis, bei der Arbeitgeber*innen aktiv | |
| verhindern wollen, dass sich Mitarbeiter*innen zusammenschließen und | |
| etwa für bessere Löhne einstehen. „Die Geschäftsführung der FR wird | |
| abstreiten, dass die Kündigungen mit dem Warnstreik in Verbindung stehen“, | |
| sagt Anja Willmann, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi-Hessen, der taz. | |
| In der Tat erklärt Geschäftsführer Max Rempel auf Anfrage der taz: „Es | |
| wurden bisher keine Kündigungen ausgesprochen, diese wurden aber | |
| angekündigt (d.h. wir haben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern | |
| mitgeteilt, dass wir eine Betriebsratsanhörung gestartet haben). Die | |
| angekündigten Kündigungen stehen nicht im Zusammenhang mit dem Streik, | |
| sondern hängen mit der Einstellung der redaktionellen Betreuung unrentabler | |
| Produkte zusammen.“ | |
| Die FR gehört zu 90 Prozent zur Zeitungsholding Hessen (ZHH), die wiederum | |
| gehört zur [6][Ippen Verlagsgruppe] und zu 20 Prozent der Mittelhessischen | |
| Druck- und Verlagsgesellschaft. | |
| Willmann sieht in den Kündigungen eine Kollektivstrafe der Beschäftigten | |
| auf Kosten derjenigen, die den geringsten Schutz genießen. Das mache | |
| deutlich, wie wenig der Geschäftsführung der FR an einer Zukunft einer | |
| progressiven Stimme in Hessen gelegen sei, schließt sie. Gerade die FR mit | |
| linksliberaler Ausrichtung habe im Bundesland immer über | |
| Gewerkschaftskämpfe berichtet und den Schwachen der Gesellschaft eine | |
| Stimme gegeben. | |
| Die Gewerkschaften Verdi und DJV in Hessen haben seit Monaten die | |
| Beschäftigten bei den Tarifverhandlungen unterstützt und sie zum Warnstreik | |
| ermutigt, als die Geschäftsführung nicht auf die Gesprächsangebote | |
| reagierte. „Den jungen Kolleg*innen haben wir allerdings davon | |
| abgeraten, am Streik teilzunehmen“, meint die Gewerkschaftssekretärin | |
| Willmann. Deshalb habe sich keine der jetzt Gekündigten auf dem | |
| Protestmarsch befunden. | |
| Verdi werde nun die Kündigungen prüfen und fordert die FR auf, die | |
| Einschnitte sofort zurückzunehmen. „Ich sehe aber keine Zukunft der | |
| gekündigten Kolleg*innen bei der FR“, sagte Willmann der taz. Nachdem | |
| die drei Beschäftigten ihre Kündigung am Freitag öffentlich gemacht hatten, | |
| solidarisierten sich viele Medienschaffende und Leser*innen der FR mit | |
| den Gekündigten. | |
| Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes haben wir den Namen Maxi | |
| Arnhold falsch geschrieben. Er machte seine Kündigung zudem nicht am | |
| Donnerstag, sondern am Freitag öffentlich. | |
| 8 Dec 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Tarifstreit-Frankfurter-Rundschau/!5950992 | |
| [2] /Warnstreik-bei-der-Frankfurter-Rundschau/!5973868 | |
| [3] https://twitter.com/maxi_arnhold/status/1733021267660358004 | |
| [4] https://twitter.com/yagmurekimcay/status/1733021418143506505 | |
| [5] https://mmm.verdi.de/tarife-und-honorare/fr-entlassungen-nach-warnstreik-93… | |
| [6] /Kolumne-Blicke/!5077834 | |
| ## AUTOREN | |
| Ann-Kathrin Leclere | |
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