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# taz.de -- Russische Botschaft in Moldau: Spionage-Vorwürfe gegen Diplomaten
> 45 russische Mitarbeiter der russischen Botschaft müssen Moldau
> verlassen. Auf dem Dach des Gebäudes wurden verdächtige Antennen
> gefunden.
Bild: Ein perfekter Spionageort? Das Dach der russischen Botschaft in Chisinau
CHISINAU taz | Schon lange hat sich Elena gefragt, warum sie in der
russischen Botschaft in Moldau so viel Personal beschäftigen: „Was machen
die? Es ist schon sehr verdächtig“, sagt die 61-jährige Rentnerin, als sie
dieser Tage an dem Gebäude in der Hauptstadt Chișinău vorbeiläuft.
Entsprechend mit Genugtuung dürfte sie jüngste Meldungen aus der ehemaligen
Sowjetrepublik aufgenommen haben.
Am Montag mussten 45 Mitarbeiter der russischen diplomatischen Vertretung
Chișinău verlassen. Die Präsidentin der Republik Moldau, [1][Maia Sandu],
sagte, sie sei zuversichtlich, dass die Zahl der Mitarbeiter der russischen
Botschaft groß genug sei, um qualitativ hochwertige Arbeit zu machen,
[2][zitiert das Nachrichtenportal tvn.md die Staatschefin].
Dem folgte eine offizielle Antwort des russischen Außenministeriums. Diese
Entscheidung werde Konsequenzen für die russisch-moldauischen Beziehungen
haben, heißt es darin. Auch darauf antwortete Sandu. „Die Beziehungen
zwischen Moldau und Russland haben sich erheblich verschlechtert, nachdem
Russland die Ukraine angegriffen und unschuldige Menschen getötet sowie
ukrainische Städte und Dörfer zerstört hat“, sagte sie.
Der Rauswurf der 22 russischen Diplomaten und 23 technischen Mitarbeiter
folgte auf einen Beschluss der moldauischen Behörden von Ende Juli, die
Anzahl russischer Botschaftsangehöriger der Anzahl moldauischer Diplomaten
in der Russischen Föderation anzupassen.
## Russische Botschaft ein Spionagezentrum?
Auf der Grundlage des Paritätsprinzips und in Übereinstimmung mit Artikel
11 des [3][Wiener Übereinkommens] über diplomatische Beziehungen von 1961
hatten die Behörden von Chișinău angekündigt, das Personal der russischen
Botschaft auf 10 diplomatische Posten sowie 15 Stellen in Technik und
Verwaltung zu beschränken. Vor dieser Entscheidung hatte das Personal der
russischen diplomatischen Vertretung in Moldau aus etwa 70 Personen
bestanden, während Moldau in Russland 12 akkreditierte Diplomaten hat. Zur
Begründung der Entscheidung hieß es in Chișinău, diese sei ein Ergebnis
zahlreicher unfreundlicher Aktionen Russlands gegen die Republik Moldau.
Moldaus Außenminister Nicu Popescu wurde deutlicher: Die Verringerung der
Anzahl der akkreditierten russischen Diplomaten werde auch „die Zahl der
Menschen verringern, die versuchen, die Lage im Land zu destabilisieren“,
sagte er. „Seit Jahrzehnten sind wir Objekt einer eher feindseligen Politik
seitens der Russischen Föderation. Einige Aktionen sind über die russische
Botschaft in Chișinău gelaufen“, fügte er hinzu.
Hintergrund der diplomatischen „Scharmützel“ ist ein Spionageskandal vom
vergangenen Juli. [4][Journalisten von The Insider und JurnalTV] zufolge
soll es sich bei der diplomatischen Vertretung Russlands um ein
Spionagezentrum handeln, das dem Ausspähen moldauischer Politiker und der
Durchführung von Cyberangriffen in der ehemaligen Sowjetrepublik dient.
Die Medienmacher hatten auf den Dächern der russischen Botschaftsgebäude in
Chișinău 28 Antennensysteme identifiziert, die in der Lage sind, alle Arten
von Fernkommunikationssignalen abzufangen. Dadurch könnten laut Experten
sensible Informationen gesammelt werden, die für die Sicherheit des Landes
relevant seien. Die Systeme stehen unter der Kontrolle zweier russischer
Strukturen: des Zentralorgans des Militärnachrichtendienstes (GRU) sowie
des Auslandsgeheimdienstes (SWP). Die für die Ausrüstung verantwortlichen
Spione haben diplomatische Papiere.
Als Folge der Medienberichte wurde der Botschafter der Russischen
Föderation, Oleg Wasnetsow, ins moldauische Außenministerium einbestellt.
Bei dem Treffen warf er Chișinău „Russophobie“ vor und sagte, dass die
Antennen auf dem Dach der Botschaft alt und „verrostet“ seien. Die
offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa,
sprach von „Fantasien, die nichts mit der Realität zu tun haben“. Elena,
die Rentnerin, hat nun auch Angst, dass die Ausweisungen schreckliche
Folgen haben könnten, „weil wir so ein kleines Land sind. Aber zu schweigen
ist auch falsch. Das widerspricht unserem Nationalstolz.“
Aus dem Russischen: Barbara Oertel.
Die Autorin war Teilnehmerin eines [5][Osteuropa-Workshops der taz Panter
Stiftung].
17 Aug 2023
## LINKS
[1] /Neue-Praesidentin-von-Moldau/!5725349
[2] https://tvn.md/video-maia-sandu-raspunde-ministerului-rus-de-externe-relati…
[3] /Misshandlung-im-Botschafterhaushalt/!5110004
[4] https://www.jurnal.md/ro/news/a1e47dd8f8891abf/investigatie-jurnal-tv-spion…
[5] /Osteuropa--ein-Gedankenaustausch/!t5894229
## AUTOREN
Daniela Calmîș
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