| # taz.de -- Debatte um Berliner Freibäder: Die Macht der Bademeister | |
| > Ein Brandbrief, eine kollektive Krankmeldung und die Politik springt. Das | |
| > Columbiabad in Berlin-Neukölln hätte nicht geschlossen werden dürfen. | |
| Bild: Security im Prinzenbad Kreuzberg. In Regel hat die Aufsicht in den Bäder… | |
| Die Schwimmbäder sind aus den Schlagzeilen, zum Glück. Eine Löwin, | |
| angeblich am Berliner Stadtrand gesichtet, ist der Grund. Was bleibt, ist | |
| der bittere Nachgeschmack, [1][dass durch diese Debatte] ohne wirkliche Not | |
| der Ruf der Berliner Bäder ruiniert worden ist. Selbst der Deutschlandfunk, | |
| für besonnene Berichterstattung bekannt, begann eine Reportage über | |
| bayrische Freibäder zu Wochenbeginn mit der Frage: Ob es dort so zugehe wie | |
| in „den“ Berliner Bädern? | |
| Hauptstädtern, die sich mit ihren Freibädern identifizieren, stellen sich | |
| da die Nackenhaare auf. Natürlich kommt es an Hitzetagen, wenn die Bäder | |
| überfüllt sind, zu Stress. Ernsthafte Konflikte wie Massenschlägereien und | |
| Randale, die zu einem Polizeieinsatz und zur Räumung des Bades führen, | |
| bewegen sich aber im absoluten Promillebereich. | |
| Es gibt in Berlin keine Brennpunktbäder, in die sich normale Besucher nicht | |
| trauen. Was es gibt, sind Bäder, die für Jugendliche besonders attraktiv | |
| sind. Das [2][Columbiabad in Neukölln liegt da mit der längsten Großrutsche | |
| in Berlin] ganz vorn. Kids gehen nicht ins Schwimmbad, um sich zu sonnen, | |
| sie wollen Spaß, über die Stränge schlagen. Jeder kennt das aus seiner | |
| Jugend. | |
| Um nicht missverstanden zu werden: es gibt Grenzen, und die sind bei | |
| körperlichen Angriffen und Anfeindungen erreicht. Klare Ansage, | |
| gegebenenfalls Badverbot und Strafanzeige – das muss die Antwort sein. | |
| Durchsetzbar ist das natürlich nur, wenn genug Personal vor Ort ist. Aber | |
| auch das alleine reicht nicht: Es braucht selbstbewusste Beschäftigte in | |
| den Bädern, die ihre Pappenheimer kennen und wissen, wann die Reißleine | |
| gezogen werden muss, weil Spannung in der Luft liegt, Verstärkung vonnöten | |
| ist. | |
| Das alles kann nur gelingen, wenn es zwischen den Bädern und der | |
| Führungsetage der Berliner Bäder Betriebe (BBB) einen kurzen Draht gibt. | |
| Jederzeit direkt und persönlich ansprechbar. Einen Brandbrief an den | |
| Vorstand zu schreiben, wie es offenbar im Juni geschehen ist, reicht nicht | |
| aus. | |
| ## Schlechte Kommunikation | |
| Die Kommunikation zwischen Angestellten und Führung hat ganz offensichtlich | |
| nicht funktioniert. Stattdessen haben alle Seiten Öl ins Feuer gegossen: Am | |
| 9. Juli, zuvor hatte die Polizei das Columbiabad nach einer Randale | |
| geräumt, meldeten sich große Teile der Badbelegschaft krank. | |
| Absprachegemäß, wie es scheint. Polemisch könnte man das auch ärztlich | |
| bescheinigte Arbeitsverweigerung nennen. | |
| Und wie reagiert der Arbeitgeber, immerhin sind die BBB ein | |
| Landesunternehmen? Das Bad wird eine ganze Woche dichtgemacht. | |
| Transportiert wird damit für die Öffentlichkeit die Botschaft: so schlimm | |
| sind die Jugendlichen. | |
| Die Schließungsentscheidung war eine kapitale Fehlentscheidung der BBB. | |
| Mehr noch, es war ein Offenbarungseid. Unterschlagend, dass es sich bei den | |
| Randalen um überschaubare Einzelfälle handelt, hat das Landesunternehmen | |
| den Medien [3][und interessierten Teilen der Politik] die Berliner | |
| Freibäder ans Messer geliefert und deren Ruf so massiv beschädigt. | |
| Es hätte durchaus Alternativen gegeben: Columbiadbad offen halten, | |
| deutliche Aufstockung des Personals an Hitzetagen – das wäre das richtige | |
| Signal gewesen. Dass zusätzliches Personal vorhanden ist, zeigt sich jetzt. | |
| Notfalls hätte sich die BBB-Führungsetage aber auch selbst in das | |
| Columbiabad stellen müssen. | |
| Bemerkenswert ist, dass sich an dem Vorgehen der Bäder Betriebe keinerlei | |
| öffentliche Kritik regt. Auch nicht [4][am Regierenden Bürgermeister Kai | |
| Wegner (CDU)], der die Schließung des Bades dazu nutzte, sich mit | |
| Symbolpolitik als Mann der Tat zu gerieren: Selbst an schwachbesuchten | |
| Tagen werden Berlins Freibäder nun mit Personal geflutet. Polizeifahrzeuge | |
| stehen vor den Badeanstalten, die Besatzungen drehen Däumchen. | |
| Erstaunlich, was für eine Macht Bademeister mit einem Brandbrief und | |
| Krankschreibungen entfalten können. Und die Politik lässt sich erpressen. | |
| Sogar gern, der Regierende Wegner zumindest macht diesen Anschein. Die | |
| Methode könnte Nachahmer finden, zumal es Berufsgruppen gibt, die deutlich | |
| mehr Grund zum Klagen hätten als Bademeister, die zumeist eher einen lauen | |
| Job haben. Da wären zum Beispiel die Lehrer oder die Polizisten, die | |
| grundsätzlich immer die Suppe auslöffeln müssen. Einfach mal ordentlich | |
| kollektiv blau feiern. Krankschreibung reicht. | |
| 21 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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