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# taz.de -- Gehirn-Computer-Schnittstelle ohne OP: Die Schädeldecke bleibt zu
> Ein neue Studie zeigt, dass eine Schnittstelle per Sonde über die
> Blutbahn ins Gehirn geschickt werden kann. Eine Operation könnte so
> umgangen werden.
Bild: Mit Elektroden verkabelter Kopf
[1][Gehirn-Computer-Schnittstellen] zeichnen mithilfe von Elektroden
Nervensignale auf und übertragen sie an einen Computer. So können etwa
gelähmte Menschen mit Kraft ihrer Gedanken Gliedmaßen bewegen oder einen
Mauszeiger steuern. Wissenschaftler:innen untersuchen zudem, ob man
mit solchen Schnittstellen Krankheiten wie Depressionen oder Parkinson
therapieren kann.
In den meisten Fällen werden dafür Signale aus dem Inneren des Hirns
benötigt, es muss also die Schädeldecke geöffnet und ins Gehirn gestochen
werden. Auch wenn die eingesetzten Elektroden sehr fein sind, [2][kann es
zu Schädigungen des Hirngewebes kommen]; bisweilen mindern
Entzündungsreaktionen die Aufzeichnungsqualität.
## Die Studie
Ein Team um [3][Anqi Zhang] von der Stanford University präsentiert in der
Fachzeitschrift Science nun eine Alternative, die keiner risikoreichen
Operation bedarf: Die Forscher:innen entwickelten eine Sonde, die über
die Blutbahnen ins Gehirn geschoben werden kann. Nervenzellen sind auf eine
gute Sauerstoffversorgung angewiesen, weshalb Blutgefäße nie weit entfernt
sind.
Die Sonde ähnelt einem Stent, wie er bei Gefäßverengungen eingesetzt wird.
Allerdings ist sie viel kleiner, besteht aus einem hochflexiblen
Kunststoffgeflecht und verfügt über elektrische Fühler. In der aktuellen
Ausfertigung passt die Sonde in Blutgefäße mit einem Durchmesser von einem
Zehntel Millimeter, also ungefähr der Dicke eines Haares.
Die Wissenschaftler:innen beluden einen kleinen Katheter mit dieser
smarten Sonde und führten ihn in die Hirnarterien von betäubten Ratten.
Sobald es für den Katheter zu eng wurde, entluden sie die Sonde und schoben
sie mithilfe einer Salzlösung in noch dünnere Bahnen. Dort entfaltete sich
das Minimessgerät. Das kann man sich das vorstellen wie eine spiralförmige
Feder, die sich aufdreht und an die Innenwand eines Blutgefäßes schmiegt.
Innen ist sie hohl, sodass das Blut ungehindert durchfließen kann.
Weil das Polymergeflecht biegsamer als die Arterien ist, scheint es keinen
Schaden anzurichten. Zumindest fand das Team um Zhang nach einem Monat
keine Hinweise auf Vernarbungen oder entzündete Stellen. Besonders
beeindruckend: Die neue Sonde ist so klein und empfindlich, dass sie sogar
die Aktivität einzelner Nervenzellen aufzeichnet. Sie kann also was die
Genauigkeit angeht mit den herkömmlichen Schnittstellen mithalten.
## Was bringt’s?
Bereits früher gab es ähnliche Versuche mit Geräten aus Metall. Diese waren
aber starrer und ungefähr 15-mal dicker, deshalb konnten sie nicht so weit
ins Blutgefäßsystem vordringen. Falls die neue Methode [4][bei Ratten
funktioniert], ist es bis zur möglichen Anwendung bei Menschen immer noch
ein längerer Weg. Die Sonde ist aber ein vielversprechender Prototyp für
ein Implantat, das ohne Operation eingesetzt werden kann und so
Komplikationen vermeidet.
25 Jul 2023
## LINKS
[1] /Neuropsychologin-ueber-Gehirne-und-Computer/!5941275
[2] /Gehirn-Computer-Schnittstellen/!5942212
[3] https://profiles.stanford.edu/anqi-zhang
[4] /Bioingenieur-ueber-Tierversuche/!5913447
## AUTOREN
Anton Benz
## TAGS
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Hirnforschung
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Gesundheit
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