# taz.de -- Razzia bei Islamisten in NRW: Festnahmen nach Terrorverdacht | |
> Die Bundesanwaltschaft lässt sieben Islamisten in NRW festnehmen. Sie | |
> sollen Anschläge geplant und mit dem IS in Kontakt gestanden haben. | |
Bild: Festnahmen am Donnerstagmorgen: Razzia bei Islamisten in NRW (Symbolbild) | |
BERLIN taz | Die Ermittlungen liefen seit Monaten, am Donnerstagmorgen | |
schlug die Bundesanwaltschaft zu: Sie ließ in Nordrhein-Westfalen sieben | |
Islamisten verhaften, ein weiteres Paar wurde in den Niederlanden | |
festgenommen. Ihnen werden die Bildung einer terroristischen Vereinigung | |
und Anschlagspläne in Deutschland vorgeworfen. | |
Die Männer aus Turkmenistan, Tadschikistan und Kirgisien sollen sich seit | |
Längerem kennen und mit dem „Islamischer Staat Khorasan“ in Kontakt | |
gestanden haben, dem afghanischen Ableger der Terrorgruppe. Kurz nach | |
Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sollen sie im Frühjahr | |
2022 fast zeitgleich nach Deutschland eingereist sein. Ob sie gezielt | |
losgeschickt wurden, müssen die Ermittler noch klären. | |
Spätestens Ende Juni 2022 hätten sie sich als terroristische Vereinigung | |
zusammengeschlossen, um in Deutschland öffentlichkeitswirksame | |
[1][Anschläge für den IS] zu begehen, glaubt die Bundesanwaltschaft. Dafür | |
seien bereits mögliche Tatorte ausgespäht worden. Auch habe es Versuche | |
gegeben, sich Waffen zu beschaffen. Ein konkreter Anschlagsplan habe aber | |
noch nicht bestanden. Mit Ausnahme eines Beschuldigten sollen alle | |
Festgenommenen seit April 2022 auch Geld für den IS gesammelt und dieses | |
der Gruppe übersandt haben. | |
Die Festnahmen erfolgten in Düsseldorf, Bielefeld, Bornheim, Ennepetal, | |
Gelsenkirchen, Gladbeck, Kamen, Lippstadt, Warendorf und Witten. In den | |
Niederlanden betraf es Eindhoven und Breda. Der dort festgenommene Mann | |
gilt den Behörden gar als festes IS-Mitglied und soll den Auftrag für einen | |
Anschlagsplan erhalten haben. Ob bei den Festnahmen auch Waffen gefunden | |
wurden, beantwortete die Bundesanwaltschaft auf Nachfrage zunächst nicht. | |
Die Beschuldigten sind 20 bis 46 Jahre alt. Sie waren alle als Gefährder | |
oder als sogenannte relevante Personen eingestuft. Dass sie als Gruppe | |
agierten und international vernetzt waren, unterscheidet sie von zuletzt in | |
Deutschland festgenommenen Terrorverdächtigen, die als Einzeltäter | |
agierten. | |
## In Syrien und Irak zurückgedrängt, in Afghanistan erstarkt | |
Die Ermittlungen führten neben der Bundesanwaltschaft das Landeskriminalamt | |
Nordrhein-Westfalen und niederländische Ermittlungsbehörden, auch das | |
Bundesamt für Verfassungsschutz war involviert. | |
Bundesinnenministerin [2][Nancy Faeser (SPD)] sprach von einem „bedeutenden | |
Schlag gegen den islamistischen Terrorismus“. Die Bedrohung bleibe „akut“, | |
die Sicherheitsbehörden seien aber „sehr wachsam“. Man setze alles daran, | |
die Netzwerke des islamistischen Terrorismus „aufzudecken und zu | |
erschlagen“. | |
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, die Festnahmen zeigten, dass | |
unter den vielen Geflüchteten auch „schwarze Schafe“ seien. Die | |
Sicherheitsbehörden hätten das aber auf dem Schirm. Die IS-Anhänger | |
glaubten offenbar, sie könnten hier „unbehelligt ihrem terroristischen | |
Tagwerk nachgehen“, so Reul. „Aber nicht hier, nicht bei uns, nicht mit | |
uns.“ | |
Auch Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatte zuletzt explizit | |
vor dem „Islamischen Staat Khorasan“ gewarnt. Anders als in Syrien und | |
Irak, wo der IS weitgehend zurückgedrängt ist, war der Ableger in | |
Afghanistan zuletzt erstarkt. Die Islamisten rivalisieren dort mit den | |
Taliban. Die Gruppe schaue auch nach Europa und könnte auch [3][in | |
Deutschland Anschläge planen und durchführen], um sich zu profilieren, | |
warnte Haldenwang. | |
Bereits zuletzt hatte es Festnahmen von Islamisten [4][in Castrop-Rauxel] | |
oder Hamburg gegeben. Im September 2022 waren zudem zwei Jugendliche in | |
Bremerhaven und Iserlohn festgenommen worden, die mit dem afghanischen | |
IS-Ableger in Kontakt gestanden haben sollen. Der Bremerhavener soll sich | |
diesem angeschlossen und sich bereit erklärt haben, in Deutschland eine | |
lokale IS-Zelle zu gründen. Er soll auch Propagandamaterial übersetzt und | |
verbreitet haben. In einer von ihm gegründeten Chatgruppe rief er zu | |
Anschlägen im Namen des IS auf, verteilte Bombenbauanleitungen und gab | |
Tipps für Ausreisen zu der Terrorgruppe. | |
Der Iserlohner wiederum soll über Handychats mit einem IS-Mitglied in | |
Afghanistan kommuniziert und sich zu einem Anschlag in Deutschland bereit | |
erklärt haben – auf Vermittlung des Gesinnungsfreundes aus Bremerhaven. War | |
zunächst die Rede von einem Bombenattentat, sei der Jugendliche dann auf | |
einen Messerangriff auf Polizisten umgeschwenkt. Das verhinderte die | |
Polizei mit der Festnahme. | |
Die Zahl der Islamisten ging zwar laut Verfassungsschutz im vergangenen | |
Jahr auf 27.480 Personen leicht zurück. Bei den Gefährdern aber liegt die | |
Szene mit 500 Eingestuften unverändert weit vorn. Auf rechtsextremer Seite | |
sind es aktuell 74 Gefährder, auf linker 9. Dazu kommen 10 „sonstige“ | |
Gefährder, worunter etwa Reichsbürger fallen. | |
Update 6. Juli, 17 Uhr | |
6 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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