| # taz.de -- Finanzloch der Bezirke: Wie viel Geld ist mehr Geld? | |
| > Der Senat meint, er hätte die Unterfinanzierung der Bezirke gelöst. | |
| > Bürgermeister:innen sagen aber etwas anderes und haben Sparpläne. | |
| Bild: Wird hier bald nicht mehr aufgeräumt? Die Bezirke müssen nach aktuellem… | |
| Berlin taz | Die Grünanlagen vermüllen, Jugendeinrichtungen schließen und | |
| in den Bezirksämtern warten alle länger auf ihren Ausweis – dieses | |
| Zukunftsbild hatten die Bezirksbürgermeister:innen im Vorfeld der | |
| Haushaltsplanung des Senates gemalt. Die Befürchtung: [1][Jährlich fehlen | |
| 250 Millionen Euro.] | |
| Doch laut dem [2][vergangene Woche vorgelegten Haushaltsentwurf] steigt der | |
| Etat der Bezirke, wie fast alle Haushaltsposten, an. Dies summiert sich | |
| laut Senatsverwaltung für Finanzen auf fast 300 Millionen Euro im | |
| Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre. Zum einen bekommen die Bezirke | |
| 120 Millionen Euro für beide Jahre oben drauf, die sie verwenden können, | |
| wie sie wollen. | |
| Zum anderen gibt es weitere 80 Millionen, die für Personalverstärkung, | |
| soziale Leistungen, die Unfallkasse und die Integrationsfonds angedacht | |
| sind. Der Senat reagiere hiermit auf konkrete Forderungen der Bezirke, so | |
| die Senatsfinanzverwaltung auf Anfrage. | |
| Rund 60 Millionen gibt es noch aus dem bisherigen Haushalt, in Form von | |
| Mitteln, die von den Bezirken nicht abgeflossen sind. Auch wenn diese | |
| Mittel eigentlich in ihren Projekten fest gebunden sind, addiert die | |
| Finanzsenatsverwaltung sie auf den neuen Haushalt oben drauf. Hinzu kommen | |
| weitere 34 Millionen Euro, um die der Senat die Mittel der Bezirke im | |
| Rahmen der üblichen Haushaltsfortschreibung erhöht. | |
| Zusätzlich verweist die Senatsverwaltung auf verschiedene | |
| „Bezirksprogramme“, die man erhöhe. Diese werden, wie zum Beispiel der | |
| Schulausbau, zwar vom Senat finanziert, nützen aber den Bezirken. „Diese | |
| Anhebung würdigt die besondere Bedeutung der Bezirke für die | |
| Leistungserbringung in unserer Stadt“, sagt Silke Brandt, Sprecherin der | |
| Senatsverwaltung für Finanzen. | |
| Man habe die Bezirke damit gestärkt und Handlungsspielräume geschaffen. | |
| Außerdem weist die Senatsverwaltung auf Rücklagen hin, die die Bezirke | |
| aufgebaut hätten. Es liegt nahe, dass sie diese nun ausgeben sollen. | |
| ## Bezirke ohne Rücklagen | |
| Eine, die keine Rücklagen hat, ist Bezirksbürgermeisterin Maren | |
| Schellenberg (Grüne) aus Steglitz-Zehlendorf. „Die Forderungen der Bezirke | |
| von 250 Millionen Euro pro Jahr werden mit den zusätzlichen Mitteln nicht | |
| erfüllt“, sagt sie auf taz-Anfrage. An der strukturellen Unterfinanzierung | |
| würde dieser Entwurf nichts ändern, auch weil 40 Prozent der zusätzlichen | |
| Mittel bereits mit konkreten Vorgaben verbunden seien, sagt Schellenberg. | |
| Ihr Team prüft aktuell, wie sich der Entwurf des Senats auswirke, gut | |
| schaut es aber nicht aus: „Vielleicht müssen wir zum 1. Januar 2024 eine | |
| Haushaltssperre einrichten, dann muss alles über meinen Tisch“, sagt | |
| Schellenberg. Die Einsparungen würden dann direkt die Bürger:innen | |
| treffen, wenn zum Beispiel Beratungsangebote gestrichen würden, | |
| Schulstationen schließen müssten oder die Grünpflege unterfinanziert | |
| bliebe, so Schellenberg. | |
| Auch Oliver Nöll (Die Linke), stellvertretender Bezirksbürgermeister in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, klagt. Die zugesagten Gelder seien zwar „gerade | |
| auskömmlich, um den Bestand zu wahren“, würden aber nicht ausreichen, um | |
| die Herausforderungen der kommenden Jahre zu stemmen, so Nöll. Auch in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg müssten sämtliche Rücklagen „zweckgebunden“ | |
| ausgegeben werden – sie stehen also nicht zur Verfügung, um an anderer | |
| Stelle Löcher zu stopfen. | |
| Auch in Neukölln geht man davon aus, dass das Geld nicht reicht. Überlegt | |
| wird daher, Stellen im Bezirksamt für ein halbes Jahr nicht nachzubesetzen | |
| sowie bei Tagesreinigungen und Wachdiensten an Schulen einzusparen. | |
| Aus Pankow wird ein Fehlbetrag von 11 Millionen gemeldet. Vor allem die | |
| Inflation von 8 bis 10 Prozent würden dem Bezirk zu schaffen machen, | |
| lediglich 2 Prozent Inflation würden durch den Senat standardmäßig | |
| ausgeglichen. Die möglichen Folge: In den Bezirksämtern bleiben Stellen | |
| unbesetzt. | |
| Zum konkreten Haushaltsentwurf gibt es hier keine Einschätzung, genauso wie | |
| in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo man die endgültigen Zahlen des Senats | |
| abwarten möchte. Auf Anfrage gibt Bürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) | |
| aber zu bedenken, dass ihr Bezirk bereits mit einem [3][Minus von 4,7 | |
| Million in die Haushaltsplanung für 2024] gestartet ist. | |
| Klar ist trotz der Zurückhaltung: [4][Sparen müssen die Bezirke.] Die | |
| Überlegungen, Jugendeinrichtungen und das Eisstadion zu schließen, sind | |
| demnach auch in Charlottenburg-Wilmersdorf noch nicht ganz aus der Welt. | |
| 17 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Benjamin Probst | |
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