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# taz.de -- Danger Dan veröffentlicht Live-Album: Ankommen und Weglaufen
> Der Rapper Danger Dan hat mit seinen Klaviersongs für Furore gesorgt. Nun
> sind sie als Live-Platte neu erschienen.
Bild: Aufgestiegen in die „Spitzengruppe der deutschsprachigen Songpoeten“:…
Da ist einer angekommen. Er sitzt da hinter seinem elektrischen Klavier und
lächelt ins Publikum. Staunend wie ein kleiner Junge, der gerade einen
großen Wunsch erfüllt bekommt. Es aber nicht richtig glauben kann. Dann
haut er in die Tasten und singt, „Lauf davon, so schnell du kannst. Bevor
sie dich bekomm'. Und fang irgendwo noch mal von vorne an“.
So hat Danger Dan im November 2022 seine Konzerte an vier Abenden in Folge
im Berliner Admiralspalast begonnen. Und so kann man es nun auf dem dort
mitgeschnittenem Album „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt (Live
in Berlin)“ nachhören.
Der Sprung vom Rapper der vor allem in linksradikalen Antifakreisen
beliebten [1][Antilopen Gang] zur zeitgemäßen Version eines Konstantin
Wecker, der [2][das Genre des politischen Klavierspiels wiederbelebt], war
tatsächlich gewaltig. Am Ende bekam Danger Dan dafür sogar den Deutschen
Kleinkunstpreis, weil er, so befand die Jury, „in die Spitzengruppe der
deutschsprachigen Songpoeten aufgestiegen“ sei.
„So, ich bin Daniel, ich bin eigentlich Gangsterrapper bei der Antilopen
Gang“, sagt Danger Dan vor dem zweiten Song des Albums. Dann erzählt er die
Geschichte, wie es zu seinem Neuanfang kam als Mann am Klavier, der
traurige Lieder singt. In der Corona-Zeit, als Auftritte nicht nur von wild
pogenden Rappern unmöglich waren, hatte er sein Klavier mit nach Hause
genommen, um zu üben, damit er sich nicht mehr so oft verspielt.
Weil ihm das zu langweilig war, schrieb er lieber neue Lieder. Eins davon
hieß „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“. Es spielte rhetorisch
mit der Frage, wie es sei, in einem Song darüber nachzudenken, ob Militanz
gegen Faschisten angebracht ist. Das Stück hatte Premiere in [3][Jan
Böhmermanns TV-Show mit Starpianist Igor Levit als Gast] – und traf ganz
offensichtlich einen Nerv. Das gleichnamige Album, von dem der damals
gerade erst gegründete Selbstvertrieb der Antilopen Gang anfangs nur 500
Stück hatte pressen lassen, stand bald an der Spitze der Charts.
## Vom gescheiterten Musiker zum gefeierten Musiker
Wer beim Surfen einmal die perfekte Welle erwischt hat, will sie auch
erstmal reiten. Also legt Danger Dan mit „Das ist alles von der
Kunstfreiheit gedeckt (Live in Berlin)“ nach. Der Konzertmitschnitt
behauptet erst gar nicht, neues zu liefern. Nicht nur der Titel, auch das
Cover ist nahezu identisch. Zehn der elf Songs des Studioalbums finden sich
nun auch auf der Live-LP – in kaum veränderten Versionen. Aber bei
Klassikalben – und nichts anders ist die Dokumentation der Berliner
Pianoabende – dürfen Fans ja auch werkgetreue Interpretationen erwarten.
Wirklich interessant wird das Album, wenn es weiter zurückblickt. Immerhin
fünf Songs aus Dans Frühwerk haben es auf die Platte geschafft. Darunter
die beiden im Abstand von zehn Jahren entstandenen Teile von „Private
Altersvorsorge“. Es sind zwei Briefe an ein älteres beziehungsweise
jüngeres Ich und sie zeigen, was Danger Dan neben den politischen Songs
noch ausmacht: die sprachlich rasante Verarbeitung seiner Biographie vom
gescheiterten Schüler zum gefeierten Musiker.
Und da ist vor allem das erstmals 2018 erschienene Stück „Ming Vase“, in
dem Dan als Elefant im Porzellanladen mit der Versuchung ringt, zum
herumstehenden Baseballschläger zu greifen. Sich dann aber zurückruft, weil
„was sollen die Nachbarn sagen“. Den Text [4][rappt er zur Begleitung eines
Streichquartetts], das ihn auf der Tournee begleitete. Das hat schon große
Klasse.
Umso bedauerlicher, dass es ein entscheidender Teil der
Admiralspalast-Konzerte nicht auf die Platte geschafft hat. Zusammen mit
den Streicher:innen hatte Danger Dan auch weit über den eigenen
Tellerrand geblickt, spielte [5][„Meine Freiheit“ des Wiener Sängers Georg
Kreisler] als aktuelle Antwort an die Querdenker da draußen.
Und er erinnerte an von den Nazis unterdrücktes, antifaschistisches
Liedgut. Pars pro toto ließ er das Quartett das Stück „Mein Vater wird
gesucht“ spielen, geschrieben 1935 von [6][Hans Drach, der wenig später
verhaftet wurde und 1941 in einem KZ ums Leben kam].
## Geburtstagsfeier in der Wuhlheide
Wie wichtig ihm diese Rückschau ist, zeigte Danger Dan Anfang Juni bei zwei
Abenden in der Parkbühne Wuhlheide in Berlin. Da feierte er vor jeweils
15.000 Zuschauer:innen seinen 40. Geburtstag mit Gästen.
Mit dem Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel huldigte er Fahrrädern, mit
[7][Max Herre], [8][Fettes Brot], Fatoni und weiteren zelebrierte er eine
Messe der Rap-Kultur, mit Hiphop und Reggae, Punk und Klassik, Pogo und
Rührung und Haltung – und er bot [9][diesmal ein ganzes Orchester auf], um
das Stück von Hans Dach nochmal zu spielen, damit es „nie wieder“ vergessen
wird.
Am Ende dieses Abends, von dem man sich fast noch lieber einen Mitschnitt
wünschte, saß Danger Dan wieder hinter seinem Piano und lächelte ins
Publikum. Staunend wie ein kleiner Junge, der gerade einen großen Wunsch
erfüllt bekommt. Und meinte dann, dass nach diesem Höhepunkt eigentlich
nichts mehr kommen könne. Außer vielleicht nochmal ein paar Auftritte in
autonomen Zentren. „Lauf davon“, hatte er gleich wieder als erstes
gespielt.
12 Jun 2023
## LINKS
[1] /Antilopen-Gang-mit-Symposium/!5656079
[2] /Danger-Dan-ueber-Solidaritaet/!5768195
[3] https://youtu.be/mFML30AQuT8
[4] https://youtu.be/aDqzmazBZSY
[5] https://youtu.be/nv-jsbPj88I
[6] https://www.wewelsburg.de/de/gedenkstaette-1933-1945/75-Jahre-Befreiung-des…
[7] https://youtu.be/lq-dNyHw8a0
[8] https://youtu.be/eloSkl0YJeU
[9] https://youtu.be/NJjn-zqqq6w
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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