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# taz.de -- Hamburg lässt Schilleroper verfallen: Warten, bis es zu spät ist
> Seit Jahren rostet die denkmalgeschützte Schilleroper in Hamburg vor sich
> hin. Dass die Stadt sie tatsächlich retten will, wird immer
> unglaubwürdiger.
Bild: Rostend auch ein schöner Anblick: Die Schilleroper in Hamburg
Wenn die Sonne hinter dem [1][Gerippe der Schilleroper in Hamburg]
untergeht, glänzen die Stahlträger in wundervoll vielen Brauntönen. Wie ein
gelandetes Ufo thront dieses Ungetüm dann umgeben von den schnöden
Wohngebäuden auf St. Pauli. Zu verdanken hat man diesen wundervollen
Anblick den Hamburger Behörden.
Denn sie haben zum einen der Eigentümerin die Erlaubnis erteilt, alles von
dem vor sich hin modernden Bauwerk abzureißen, was nicht denkmalgeschützt
ist. Anstatt zu verrotten, verrostet die Schilleroper nun in aller
Schönheit. Und zum anderen geben sich die Behörden auch richtig Mühe, dass
sich an diesem Prozess wirklich gar nichts ändert – nun schon zwei Jahre
lang können Vorbeigehende dankbar sein für diesen erhabenen Anblick.
Wer jetzt Sorgen hat, dass sich daran zeitig etwas ändert, kann sich wieder
beruhigen. Also nicht ganz, schließlich frisst sich der Rost ja weiter
durch den Stahl und irgendwann stürzt das alles ein. Aber die Stadt wird so
schnell nicht dafür sorgen, dass der Anblick verschandelt wird.
Das ist klar, weil Heike Sudmann, Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, mal
wieder beim Senat nachgefragt hat, was er denn endlich zu tun gedenkt, um
den weiteren Verfall zu verhindern. Die Antwort ist verblüffend: Kommenden
Monat will die zuständige Kulturbehörde einen Gutachter beauftragen, der
feststellen soll, dass nun aber wirklich ein Korrosionsschutz notwendig
ist.
## Zaghafte Behörde
Bis das Gutachten vorliegt, soll es wohl drei Monate dauern – der
regnerische Herbst dürfte dann bereits begonnen haben. „Das unglaubliche
Trauerspiel des Senats geht weiter“, sagt Sudmann – und hat recht. „Statt
auf die Tube zu drücken, wird das notwendige Gutachten so spät vergeben,
dass der nächste harte Winter für die Schilleroper droht.“
Immer und immer wieder – die Debatte um den Erhalt des ehemaligen
Zirkusbaus hält schließlich schon seit Jahren an – betont die
Kulturbehörde, dass aber auch alles schwierig sei: Die Eigentümerin will
die Oper am liebsten abreißen und einen hübschen Neubau errichten. Darauf
muss die Kulturbehörde eben ganz vorsichtig, weil rechtssicher reagieren.
Und das braucht leider wahnsinnig viel Zeit für jeden noch so kleinen
Schritt.
Nur ist so langsam fraglich, ob man der Kulturbehörde überhaupt noch
glauben kann, dass sie wirklich am Erhalt der Schilleroper interessiert
ist. Großspurige Ankündigungen gab es von ihr schließlich in den
vergangenen Jahren schon mehrfach. 2019 etwa hatte die Behörde schon
bekanntgegeben, Sicherungsmaßnahmen angeordnet zu haben – würde die
[2][Besitzerin] diese nicht ausführen, dann beauftragt halt die Behörde
jemanden, der den Schutz auf Kosten der Besitzerin ausführt.
Danach war nicht mehr viel von dieser robusten Rettungsmaßnahme zu hören –
stattdessen durfte die Eigentümerin später die [3][nicht denkmalgeschützten
Teile der Schilleroper abreißen.] Das Stahlgerüst ist seither gänzlich Wind
und Wetter ausgesetzt.
Über die Gründe für die städtische Haltung gegenüber der profitorientierten
Eigentümerin lässt sich nur spekulieren und vielleicht ist die
Kulturbehörde tatsächlich so ängstlich, in einen Rechtsstreit zu geraten.
Dass man ihr aber kaum noch glauben mag, ernsthaft das [4][Denkmal] retten
zu wollen – diesen Eindruck hat sie selbst erst durch Untätigkeit entstehen
lassen.
23 Jun 2023
## LINKS
[1] /Spekulation-in-Hamburg/!5808859
[2] https://www.schilleroper.com/was-passiert-mit-der-schilleroper/
[3] /Denkmalschutz-Streitfall-Schilleroper/!5788331
[4] /Denkmal/!t5008125
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Denkmalschutz
Denkmal
Kulturbehörde Hamburg
Hamburg
Investor
St. Pauli
Schwerpunkt Stadtland
Hamburg
Stadtentwicklung Hamburg
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