# taz.de -- Schilleroper auf St. Pauli: Der längere Atem | |
> Die Hamburger Schilleroper steht als fester Zirkusbau unter | |
> Denkmalschutz. Doch die Eigentümerin möchte lieber abreißen lassen. | |
Bild: Die Eigentümerin kann damit nichts anfangen: die Hamburger Schilleroper | |
Mal angenommen, Sie hätten einige Millionen Euro parat, die Sie gern | |
investieren würden, vielleicht in eine Immobilie, möglichst in bester Lage | |
– am Rande von St. Pauli zum Beispiel, auf einem Platz, umgeben von | |
Wohnhäusern, der von drei Straßen begrenzt wäre und der Ihnen dann ganz | |
allein gehören würde. | |
Sie könnten da wirklich was hinstellen, was Großes, wenn, ja wenn da nicht | |
schon was stehen würde. So ein baufälliges rundes Gebäude, von dem es | |
heißt, dass da ganz früher mal ein Zirkus drin war, zuletzt hatte da wohl | |
irgendwo so ein Club Unterschlupf gefunden, dann war aber damit Schluss. | |
Seit Jahren stehe dieses Gebäude leer, aber: Sie können es nicht abreißen. | |
Warum? Denkmalschutz! | |
Diesen Platz am Rande von St. Pauli gibt es wirklich, und das runde Ding, | |
das darauf steht, nennt sich [1][„Schilleroper“]. „Der um 1890 als Zirkus | |
von seinem Direktor Busch errichtete Rundbau hat einen Gesamtdurchmesser | |
von etwa 40 Metern und wird von einer Stahlkonstruktion getragen, die dem | |
Gebäude seine Kubatur verleiht“, so [2][beschrieb recht treffend] das | |
Hamburgische Oberverwaltungsgericht das Gebäude, dessen Unterschutzstellung | |
es 2012 formal bestätigte – der damalige Eigentümer hatte geklagt. | |
Die Schilleroper ist der letzte erhaltene [3][feste Zirkusbau in | |
Deutschland]. In ganz Europa gibt es nur noch wenige davon. Ein weiterer | |
steht im belgischen Gent: der „Winterzirkus.“ Zwischenzeitlich als | |
Autowerkstatt genutzt, wurde das Gebäude in den vergangenen Jahren | |
[4][aufwendig saniert]. Jetzt dient es als Kulturzentrum. Die Eröffnung war | |
im September. | |
## Hochfliegende Pläne | |
Auch die Freund*innen der Schilleroper aus der Nachbarschaft, [5][die | |
sich zu einer Initiative zusammengeschlossen haben], würden sich eine | |
kulturelle Nutzung des Ortes wünschen, doch damit beißen sie bei der | |
jetzigen Eigentümerin Mareike Janssen auf Granit. Gleich nach dem Erwerb | |
der Immobilie im Jahr 2014 begannen deren Vertreter, hinter den Kulissen | |
mit den Behörden zu verhandeln. 2017 dann präsentierte der damalige Leiter | |
des Bezirksamts Hamburg-Mitte, Falko Droßmann (SPD), [6][die Pläne der | |
Eigentümerin]: Sie zeigten einen Wohnturm, der mit seinen zehn Geschlossen | |
weit über die zulässige Höhe an diesem Ort hinausging. | |
Von der Schilleroper und ihrer Stahlkonstruktion war auf den Plänen nichts | |
mehr zu sehen. Allenfalls der runde Innenhof hätte noch an die alte | |
Schilleroper erinnert, die die Eigentümerin am liebsten abreißen lassen | |
würde: Bevor die Pläne vorgestellt wurden, hatte sie einen (letztlich | |
erfolglosen) Antrag auf Befreiung vom Denkmalschutz gestellt. | |
Sieben Jahre ist das jetzt her. Von der Schilleroper steht [7][nur noch das | |
denkmalgeschützte Stahlskelett], durch das der Wind pfeift, und schlechter | |
noch: auf das der Regen fällt. Der Stahl rostet, und Mareike Janssens | |
Anwälte liefern sich einen juristischen Kleinkrieg mit dem | |
Denkmalschutzamt, dessen Aufgabe es ja ist, für den Erhalt der | |
Stahlkonstruktion zu sorgen. | |
Es ist ein endloses juristisches Tauziehen, von dem wir dank Heike Sudmann | |
von der Hamburger Linksfraktion wissen, die über die Jahre hinweg 27 | |
[8][Anfragen an den Senat] gestellt hat. Derzeit ist dieser wieder bei | |
einer Sicherungsverfügung angelangt, welche die Eigentümerin verpflichten | |
soll, Maßnahmen zum Korrosionsschutz der rostenden Stahlträger zu | |
ergreifen. | |
## Kulturbehörde ist optimistisch | |
Nur leider hat Mareike Janssen, wie schon so oft, dagegen Widerspruch | |
einlegen lassen. Es wird mindestens Sommer 2025 werden, bis sich was | |
bewegt, wenn überhaupt. Die Kulturbehörde, die das Denkmalschutzamt | |
vertritt, ist optimistisch, dass die Substanz den Winter übersteht. Diese | |
sei „erstaunlich gut“. Nur, wie viele Jahre soll das noch so weitergehen? | |
Es wäre möglich, die alte Zirkushalle als Ausgangspunkt zu nehmen, [9][um | |
aus diesem Ort etwas zu machen]. So aber herrschen nur Leerstand und | |
Verfall. Wenn Eigentümer beim Denkmalschutz nicht mitspielen, gibt es immer | |
noch [10][die Möglichkeit der Enteignung]. Auch im Hamburgischen | |
Denkmalschutzgesetz ist sie vorgesehen. | |
26 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburg-laesst-Schilleroper-verfallen/!5939197 | |
[2] https://openjur.de/u/595684.html | |
[3] https://www.denkmalverein.de/gefaehrdet/gefaehrdet/neubau-statt-schilleroper | |
[4] https://www.db-bauzeitung.de/bauen-im-bestand/wintercircus-gent-kempe-thill/ | |
[5] https://schilleroper-ini.blogspot.com/ | |
[6] /Denkmalschutz-in-Hamburg/!5429651 | |
[7] /Hamburg-laesst-Schilleroper-verfallen/!5939197 | |
[8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/suche/4_0_35858___Schlagworte:%20Sc… | |
[9] https://www.farid-mueller.de/2023/02/schilleroper-zukunftsentwurf-zeigt-was… | |
[10] /Diskussion-um-Hamburger-Denkmal/!5765360 | |
## AUTOREN | |
Daniel Wiese | |
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