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# taz.de -- Debatte um Suizidbeihilfe im Bundestag: Es braucht kein neues Gesetz
> Das bestehende Strafrecht schützt Patient*innen und Ärzt*innen bereits
> gut vor den Gefahren durch eine unverantwortliche Suizidhilfe.
Bild: „Wir brauchen kein neues Gesetz“
Zu einer gesetzlichen Neuregelung für den 2020 außer Kraft gesetzten § 217
StGB hatte das Verfassungsgericht den Gesetzgeber weder aufgefordert noch
verpflichtet: Der Bundestag könne eine solche beschließen, muss es aber
nicht – und wenn, dann nur in „strikter Beschränkung“.
Das Grundrecht auf Suizid und [1][Suizidbeihilfe] prinzipiell im
Strafrecht (Entwurf Castelucci) zu verankern würde bedeuten, es zu
missbilligen und mit einem Drohpotenzial zu versehen. Dies liefe der
Intention des Verfassungsgerichtsurteils zuwider und käme faktisch einem
Suizidhilfeverhinderungsgesetz gleich, weil es freiverantwortliche
Suizident*innen ebenso wie zur Suizidbeihilfe bereite Ärzt*innen
abschreckte. Das kann und darf nicht gewollt sein.
Vulnerablen, also nicht freiverantwortlichen Menschen Suizidhilfe zu
leisten, war, ist und bleibt eine Tötung in mittelbarer Täterschaft, die
die bereits bestehenden Strafgesetze mit weit höheren Strafen belegen, als
es der vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärte § 217 StGB je
vorsah! Dies schützt Patient*innen ebenso wie Ärzt*innen, die sich
schon aus Gründen des Selbstschutzes hüten werden, Suizidhilfe anzubieten,
wenn die [2][Freiverantwortlichkeit des Suizidenten] (fester Wille,
Freiheit von Zwang, Nachhaltigkeit des Suizidwillens) nicht sichergestellt
ist, im Zweifel durch ein psychiatrisches Gutachten.
„Eine freie Entscheidung“, so das BVerfG, „setzt zwingend eine umfassende
Beratung und Aufklärung hinsichtlich möglicher Entscheidungsalternativen
(z. B. Palliativmedizin oder Psychotherapie) voraus, um zu gewährleisten,
dass der Suizidwillige nicht von Fehleinschätzungen geleitet wird.“ Damit
ist [3][Suizidbeihilfe] in Fällen psychischer Krisen wie Liebeskummer
ausgeschlossen.
Mein Plädoyer: Wir benötigen kein neues Gesetz, vielmehr Respekt vor dem
Intimraum von Arzt und Patient*in und Vertrauen in ärztliches
Urteilsvermögen; und mehr Ärzte, die sich dem Anliegen nachvollziehbarer
Suizidbeihilfe ihrer Patient*innen öffnen.
14 Jun 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Michael De Ridder
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