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# taz.de -- Apotheken streiken am Mittwoch: Jeder Dritte geschlossen
> Beim bundesweiten Protesttag bleiben tausende Apotheken geschlossen.
> Hauptziel sind höhere Honorare. Aber geht es den Apotheken wirklich so
> schlecht?
Bild: Apotheken bleiben am Mittwoch geschlossen
Am Mittwoch bleibt ein Großteil der Apotheken in ganz Deutschland dicht.
Der Protest der Apotheker*innen hat damit eine neue Eskalationsstufe
erreicht. Im Bundesgesundheitsministerium und bei den Krankenkassen hält
sich das Verständnis für deren Forderungen in Grenzen. Nicht nur
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht keinen Spielraum für höhere
Honorare.
Bundesweit gibt es aktuell knapp 18.000 Apotheken – so wenig wie zuletzt in
den 1980er Jahren. Im Schnitt mache jeden Tag eine Apotheke zu, rechnet die
Bundesvereinigung der Apothekerverbände Abda vor. Für viele
Apotheker*innen lohne sich der Beruf nicht mehr, der Nachwuchs scheue
die Selbstständigkeit und nehme lieber lukrativere Jobs in der
Pharmaindustrie an.
Die Bundesregierung habe den nun stattfindenden Protesttag durch eine seit
Jahren bestehende Unterfinanzierung provoziert, sagte Abda-Präsidentin
Gabriele Overwiening in der vergangenen Woche. Die Apotheken fordern
angesichts gestiegener Lohn- und Energiekosten unter anderem eine Erhöhung
der von den Krankenkassen bezahlten Pauschale pro verschriebenem Medikament
von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro.
„Streik ist wirklich die falsche Medizin“, hält der grüne
Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, Mitglied im Gesundheitsausschuss,
dagegen. Mit dem gerade im parlamentarischen Abstimmungsprozess
befindlichen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und
Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wolle die Regierung die Situation
für Apotheken ohnehin verbessern. So spricht sich Dahmen für Entlastungen
durch Digitalisierung und Bürokratieabbau aus – etwa bei der Ausgabe
alternativer Medikamente bei [1][Lieferengpässen].
Er habe Verständnis für die Sorgen der Apotheken, aber mehr Geld werde es
angesichts des vom FDP-Finanzminister ausgegebenen allgemeinen Sparzwangs
kaum geben können, so Dahmen. Anders als andere Unternehmen hätten die
Apotheken in den letzten Jahren zudem steigende Einnahmen verzeichnet –
etwa durch zusätzliche Einkünfte in Milliardenhöhe während der Pandemie.
## Immer teurere Medikamente
Die Apotheken profitierten auch von immer höheren Preisen für einzelne
Medikamente, heißt es vom Spitzenverband der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV). Denn sie erhielten von den Krankenkassen nicht
nur eine Pauschale pro verschriebenem Medikament, sondern zusätzlich 3
Prozent vom Apothekeneinkaufspreis.
Bei hochpreisigen Medikamenten könne sich das Honorar so auf mehrere
Hundert Euro belaufen – für einen Verkaufsvorgang. Aus Beiträgen der
Versicherten würden außerdem Vergütungen von Nacht- und Notdiensten sowie
ein kürzlich eingeführter Zuschlag bei pharmazeutischen Dienstleistungen
bezahlt. „Für zusätzliche Honorarsteigerungen an die Apotheken sehen wir
keinen sachlichen Grund“, so Florian Lanz, Sprecher des
GKV-Spitzenverbandes zur taz.
Und doch gebe es Apotheken, die nur noch existierten, weil dem Apotheker
die Immobilie gehört und keine Miete fällig wird, sagt Wolfgang Greiner,
Professor für Gesundheitsökonomie in Bielefeld. In Ballungsgebieten seien
Schließungen nicht mehr rentabler Apotheken häufig nicht
versorgungsrelevant. Auf dem Land dagegen schon. Von einer allgemeinen
Erhöhung der Apothekenzuschläge – wie sie die Apotheken fordern – würden
aber vor allem ohnehin umsatzstarke Apotheken profitieren, so Greiner. Der
Gesundheitsökonom empfiehlt stattdessen eine stärkere Flexibilisierung der
Apothekervergütung, bei der verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht
mehr überall exakt gleich viel kosten müssten.
13 Jun 2023
## LINKS
[1] /Medikamentenmangel-fuer-Kinder/!5905331
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Apotheken
Medizin
Streik
Arbeitskampf
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Deutsche Bahn
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