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# taz.de -- LGBTQI-feindliches Gesetz in Uganda: Ende des Regenbogens
> In Uganda ist das Anti-LGBTQI-Gesetz, das auch „Mitwissern“ mit Strafen
> droht, nun offiziell in Kraft. Es hat Folgen für die gesamte
> Gesellschaft.
Bild: Am Rand: In Uganda sind Schwule, Lesben oder trans* Menschen nicht mehr s…
Kampala taz | Als Joseph am Abend des 21. März in Uganda vor dem Fernseher
sitzt und die [1][Parlamentsabstimmung über das Antihomosexuellengesetz]
live verfolgt, bekommt er Angst. Die Abgeordneten im vollbesetzten
Sitzungssaal in Ugandas Hauptstadt Kampala zitierten Leviticus-Verse aus
dem Alten Testament: Danach sollen Homosexuelle gesteinigt werden. „Dort wo
ich herkomme, in meinem Wahlkreis, werden Sie ohnehin gesteinigt, wenn Sie
einen solch unmoralischen Akt begehen“, argumentierte eine
Volksvertreterin. Ihre Amtskollegen jubelten.
Joseph kann in diesem Moment nebenan seine Nachbarn laut klatschen hören.
Auch sie verfolgen die Debatte im Fernsehen, berichtet er später: „Als es
sich abzeichnete, dass das Gesetz mit großer Mehrheit durchgeht, kam fast
die ganze Nachbarschaft vor meinem Haus zusammen“, erinnert sich der
40-jährige Joseph, der seinen Nachnamen aus Sicherheitsgründen nicht
veröffentlichen will.
Nur wenige Minuten nachdem die Abgeordneten fast einstimmig das Gesetz
angenommen haben, zerschmettert ein Stein sein Wohnzimmerfenster und ein
Molotowcocktail landet in seinem Hof, entfacht aber kein Feuer. Noch in
derselben Nacht schmeißt ihn sein Vermieter, der nebenan wohnt, aus Furcht
um sein Eigentum aus dem Haus.
Es war der Anfang einer langen Reihe an Ereignissen, die Josephs ganzes
Leben in nur wenigen Wochen über den Haufen geworfen hat. Der Grund: Joseph
ist transgender und ein aktives Mitglied der kleinen, aber sehr agilen
LGTBQI-Gemeinde in Uganda. Bislang hat er aus seiner Identität keinen Hehl
gemacht. Joseph ging gern aus als Josephine, trug in der Öffentlichkeit
Kleider, Lippenstift und hochhackige Schuhe.
## Nirgends mehr sicher
Seit dem Abend im März traut sich Josephine jedoch nicht mehr in die
Öffentlichkeit. An diesem Montag hat nun auch Präsident Yoweri Museveni dem
umstrittenen Antihomosexualitätsgesetz zugestimmt.
Jetzt sitzt Joseph in Jeans, T-Shirt und Sportschuhen in einem Auto und
fährt durch Kampala: Er will sein Elternhaus zeigen, seine Lieblingskneipe,
sein Büro und die Krankenstation, wo er regelmäßig seine HIV-Medikamente
abholen muss. Überall dort kann und will er derzeit aber nicht mehr
hingehen. Vor allem nicht als Josephine. Momentan wohnt er als Joseph bei
Freunden auf dem Sofa, doch selbst als Mann fühlt er sich nirgends mehr
sicher.
Vom Auto aus zeigt Joseph im nördlichen Stadtviertel Nansana linkerhand auf
ein geschlossenes Hoftor. „EDEN-Club“ steht auf einem Schild, darunter das
Logo einer ugandischen Biersorte. Der Nachtclub liegt auf der Dachterasse
eines zweistöckigen Gebäudes. Von der Straße aus sieht man die knallgelben
Sonnenschirme.
Hier verbrachte Joseph meist die ganze Nacht, so sagt er: Als Josephine –
in Minikleidern, mit Perücke, geschminkt und gestylt. Hier traf er sich mit
anderen Transgender-Leuten. Das war ein wichtiger Bestandteil seines Lebens
– und seiner Identität, sagt er.
„Der EDEN-Club war quasi unsere Stammkneipe, in der wir uns trafen“,
erzählt er und seine Augen leuchten. Der Club ist bekannt für die
Prostituierten, die dort am Tresen lauern. „Ich bin dort auch anschaffen
gegangen“, sagt Joseph offenherzig. Damit habe er gutes Geld gemacht. Doch
am Tag nachdem das Parlament das Gesetz verabschiedete, so Joseph, habe der
Barbesitzer erklärt, dass Schwule, Lesben und Transgender nicht mehr kommen
dürfen. Seit jenem Abend ist Josephine nur noch Joseph. Seitdem hat er
keinen Lippenstift und keinen Nagellack mehr angefasst.
Das Viertel Bwaise, in dem Joseph aufgewachsen ist, liegt am nördlichen
Stadtrand von Kampala. Es ist eines jener Armenviertel, in welchem die
unverputzen Steinhäuser dicht an dicht stehen und sich in den engen Gassen
zwischen den Hütten Unrat und Abwässer stauen. Es stinkt nach Urin, Fliegen
summen umher.
## Joseph traut sich nicht nach Hause
Der 40-jährige Joseph steht verschüchtert vor dem Hoftor seines eigenen
Zuhauses. Dahinter im Hof waschen Frauen Wäsche in einer Plastikwanne. Drum
herum spielen halbnackte barfüßige Kinder. Josephs Eltern sind mittlerweile
tot. Doch sein Onkel und seine Tante leben noch hier mit den Kindern und
Enkeln.
Doch er traut sich nicht hinein und geht mit gesenktem Kopf zurück zum
Auto. Es ist keine leichte Situation für ihn, sagt er. Denn das neue Gesetz
geht so weit, dass sich jeder Angehörige, jeder Vermieter, jeder Anwalt
oder Pfarrer – ja selbst der Arzt, der Josephs HIV-Infektion behandelt,
strafbar macht, wenn er von der trans* Identität einer Person weiß, diese
aber nicht anzeigt.
Joseph berichtet von seinem Cousin, dem Bezirksvorsitzenden: „Er rief mich
an und sagte, ich solle ihn nie wieder besuchen kommen, das könne seine
Karriere gefährden.“ Vor dem Gesetz hatten Josephs Verwandte seine
Angelegenheiten als Familiengeheimnis gehütet und nie darüber geredet.
„Jetzt aber denkt mein Cousin, er müsse öffentlich mir gegenüber homophob
sein, weil es eine politische Direktive dazu gibt“, seufzt er: „Er
betrachtet es als seinen Job, Homosexuelle und Transgender aus seinem
Bezirk zu verjagen.“
## Auch der Teufelsaustreiber scheiterte
Vertrieben und gemieden zu werden ist die eine Sache. Doch was Joseph am
meisten fürchtet, ist die Art, wie Ugandas Politiker und religiöse Prediger
nun den Menschen weis machen, dass es Wege gebe, LGTBQI-Leute wie von einer
Krankheit zu heilen. Ugandas Präsident Yoweri Museveni rief im Februar ein
Expertenkommitee ein. Darin waren Ärzte, Genertiker und Psychologen. Sie
erklärten ihm, Homosexualität und Transidentitäten seien wie eine
Krankheit, die sich korrigieren lasse. Seitdem bieten landesweit
traditionelle Heiler dafür ihre Dienste an.
Auch das hat Joseph am eigenen Leib erfahren. Seine Tante schleppte ihn zu
einem dieser Teufelsaustreiber und gab diesem Geld. „Daraufhin hat der
Heiler ein Huhn geschlachtet und das Blut über meinen ganzen Körper
geschmiert“, erzählt Joseph kopfschüttelnd. „Ich selbst bin Atheist, ich
glaube nicht an solche Sachen.“
Seitdem seine Tante feststellen musste, dass all der Schabernack nicht
geholfen hat, habe sie ihm nun verboten, sie zu besuchen. „Sie sagt, sie
habe Angst, dass ich ihre Kinder mit dem sogenannten Homosexuellen-Virus
anstecke.“ Diese Ansichten sind in Uganda weit verbreitet. Es ist das
offizielle Narrativ, das den Ugandern seit Jahren eingetrichtert wird. Die
Debatte wird hier seit über 15 Jahren geführt – und hat sich seither immer
weiter radikalisiert und mit Gerüchten aufgeladen.
## Medikamente und reden
Nur wenige Minuten von Josephs Familienhaus entfernt, zeigt er links von
der Hauptstraße auf eine Hofeinfahrt mit Parkplatz. Dahinter stehen zwei
kleine Häuser. Eines davon hat eine Regenbogenflagge an der Tür kleben. Bis
zum 21. März war dies das Büro von Josephs Organisation „Positive Test
Club“. Er hatte den Verein 2013 gegründet, kurz nachdem [2][das vorherige
Gesetz] vom Parlament verabschiedet worden war. „Damals hatte ich gerade
herausgefunden, dass ich HIV-positiv bin und brauchte täglich Medikamente,
habe mich aber nicht zum Arzt gewagt“, erinnert er sich.
Er kannte andere trans* Leute, die dasselbe Problem hatten und sie
gründeten eine Selbsthilfegruppe. Sie hatten von befreundeten
Transgender-Organisationen aus dem Ausland Geld bekommen und dieses Büro
angemietet. „Hier konnten alle ihre Medikamente abholen und über ihre
Probleme reden“, so Joseph. Als jedoch das neue Gesetz verabschiedet wurde,
überreichte ihm die Vermieterin am nächsten Morgen die Kündigung.
Das Haus steht nun leer. Joseph drängt, weiter zu fahren. Die Tätigkeit
hatte ihm einen Job, eine Aufgabe und vor allem ein Einkommen beschert,
sagt er betrübt – auch das ist nun alles weg. Doch noch viel schlimmer sei,
so sagt er, dass viele HIV-Positive wie er nun nicht wissen, wo sie ihre
tägliche Medikamentendosis abholen können.
Er zeigt auf eine ungeteerte Straße mit Schlaglöchern, die in ein
Armenviertel hineinführt. Die Organisation SLUM – Serving Lives under
Marginalisation – hat ihr Büro wenige Straßen weiter. Sie ist spezialisiert
auf sexuell übertragbare Krankheiten, aber auch auf Schwangerschaften bei
Minderjährigen. Ein paar HIV-positive Homosexuelle und trans* Personen wie
Joseph kommen hier manchmal vorbei, so Innocent Kayita, Direktor von SLUM.
Doch genau dies ist nun problematisch.
## Angst vor den Nachbarn
„Unsere Organisation steht auf der Liste“, erklärt Kayita. Gemeint ist
damit eine Liste, die im vergangenen Jahr von der staatlichen
Registrierungsstelle für Nichtregierungsorganisationen herausgegeben wurde.
Darauf sind 20 Organisationen gelistet, die angeblich Homosexualität
fördern, weil sie Gesundheitsversorgung auch für Homosexuelle anbieten.
All diesen Organisationen wird nun die Zulassung entzogen, seit Präsident
Museveni das Gesetz am Montag unterzeichnet hat. Kayita spürte aber bereits
vorher die Konsequenzen: „Viele Patienten kommen nicht mehr zu uns, weil
überall in unserem Viertel Gerüchte herumgehen, dass wir Homosexualität
fördern.“
Für den SLUM-Direktor und seine zehn Angestellten hat dies viele
Konsequenzen. Täglich rechnet er damit, dass die Polizei vor seiner Tür
steht. Er zeigt auf das leere Büro hinter dem Empfangstresen. Derzeit sind
nur er und die Rezeptionistin da, sagt er. Alle anderen arbeiten von zu
Hause aus. „Das ist eine Vorsichtsmaßnahme, falls die Polizei kommt, so
können sie nur mich und die Assistentin verhaften“, erklärt der Arzt.
Jeden Moment rechne er zudem damit, dass der Vermieter des Gebäudes anruft
und ihm kündigt, sagt er. Dann sitzen alle im Homeoffice. „Mittlerweile
habe ich zu Hause aber sogar Angst vor meinen Nachbarn“, sagt er und wirkt
bedrückt: „Wenn Geschichten herumgehen, dass wir auch Kinder behandeln und
daraus Gerüchte gesponnen werden, dass wir sie zur Homosexualität
rekrutieren … Dann kommen sie und steinigen mich zu Tode“, schüttelt er
entsetzt den Kopf.
## Hier wurde HIV entdeckt
Kayita ist heterosexuell, verheiratet mit drei Kindern. Als Arzt hilft er
täglich in den Armenvierteln den marginalisierten Bevölkerungsgruppen, die
sonst nie zum HIV-Test gehen würden. Wenn er seine Organisation schließen
muss, dann bekommen tausende kranke Menschen in der Nachbarschaft keine
Medikamente. Alle wären also betroffen. Deswegen rät Kayita Joseph, besser
ins staatliche Krankenhaus zu gehen, um dort seine Medikamente abzuholen.
Das Mulago Klinikum liegt hoch oben auf einem der zahlreichen Hügel
Kampalas. Es ist die größte, staatliche Gesundheitseinrichtung des Landes,
afrikaweit berühmt für die Entdeckung und Erforschung des HI-Virus in den
1980er Jahren. Versteckt hinter der Radiologie steht abseits ein etwas
heruntergekommenes altes Kolonialgebäude. „Marpi“ ist draußen mit großen
Lettern an der Fassade geschrieben. Dies steht für „Most at Risk Population
Initiative“ – frei übersetzt „Initiative für Risikogruppen“.
Joseph kennt sich aus im Marpi-Zentrum. Auf dem Parkplatz steuert er direkt
auf zwei Container zu. Einer davon ist als Büro eingerichtet. Darin sitzt
Morgan Kyanike am Computer. In der kleinen LGTBQI-Gemeinde Ugandas ist er
überall bekannt, denn Kanyike ist der erste Ansprechpartner hier. Obwohl er
kein ausgebildeter Arzt ist, nennen ihn alle in der Szene „Doktor Morgan“.
„Wir sind eine offene Anlaufstation für Leute aus der LGTBQI-Gemeinde“,
erklärt Morgan mit einem offenherzigen Lächeln. Das Zentrum wurde vor über
zehn Jahren eingerichtet, als das vorherige Anti-Homosexuellen-Gesetz
debattiert wurde, das letztlich nie in Kraft trat. Damals wurde die
Internationale Gemeinschaft auf die verzwickte Lage der LGTBQI in Uganda
aufmerksam, vor allem auf ihre Probleme, Zugang zu einer angemessenen
Gesundheitsversorgung zu bekommen.
## Gesundheitsversorgung bleibt
Daraufhin wurde von internationalen Partnern, darunter der Global Fund,
diese Abteilung im Mulago Klinikum eingerichtet. „Wir sind auch das einzige
Trainingszentrum – für alle Ärzte und Pfleger, die mit LGTBQI-Leuten
arbeiten“, erklärt Morgan und zeigt auf eine offene Tür jenseits des
Wartesaals.
Das kleine Büro ist voll gestellt mit Aktenordnern bis unter die Decke.
Ärztin Goretti Mugabe leitet seit über zehn Jahren diese Abteilung. Bislang
war ihr Wartezimmer zur Sprechstunde meist vollbesetzt, so Mugabe. Alle
konnten sich kostenlos Gleitmittel, Kondome und HIV-Medikamente abholen.
Doch seit der erste Gesetzesentwurf im Februar ins Parlament eingebracht
wurde, sitzen laut Ärztin Mugabe immer weniger Leute in ihrem Wartezimmer.
Vor allem diejenigen, die HIV-positiv sind, benötigen täglich Medikamente.
„Sonst hat dies langfristig tödliche Folgen“, sagt sie besorgt. „Es geht
die Angst um“, nickt sie und berichtet, wie diejenigen, die sich immer noch
herwagen, fragen, was nun in Zukunft aus ihnen werden soll. „Ich versichere
ihnen, dass sie ein Recht haben auf Gesundheitsversorgung und dass wir auch
weiter für sie da sein werden“, so Mugabe.
Zahlreiche NGOs und Gesundheitseinrichtungen, die sich auf die
Gesundheitsversorgung von HIV-Positiven Menschen spezialisiert haben – so
wie Marpi, aber auch Josephs eigene Selbsthilfegruppe – werden aus dem
internationalen Fördertopf, dem Global Fund, heraus finanziert, einer
weltweiten Initiative, womit HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria bekämpft
werden sollen.
## Am Ende trifft es viele mehr
Einst war Museveni einer der wichtigsten Partner auf dem Kontinent. Er war
einer der ersten Präsidenten Afrikas, der in den späten 1980er Jahren das
HI-Virus im Mulago-Krankenhaus erforschen lies und in der Bevölkerung
Präventionskampagnen startete. Durch das neue Gesetz werden jetzt aber all
diese HIV-Programme in Frage gestellt, weil ihre Dienste auch der
LGTBQI-Gemeinde zu Gute kommen.
Dies hätte dann sehr weitreichende Folgen, erklärt die Ärztin: „Denn es
besteht das Risiko, dass die unbehandelten HIV-Positiven noch viel mehr
Menschen mit HIV anstecken, wenn sie die Medikamente nicht nehmen, die das
Virus unterdrücken.“ Dies hätte dann negative Auswirkungen auf die ganze
Bevölkerung.
Was Ärztin Mugabe derzeit auch feststellen muss: Viele Mitglieder der
LGTBQI-Gemeinde leiden derzeit an psychischen Problemen. Dieser Aspekt
nimmt in den Gesprächen mit ihren Patienten immer mehr Raum ein, sagt sie.
„Das liegt an der seelischen Belastung der Leute in den vergangenen Wochen.
Viele haben ihre Wohnung verloren, wurden von Familien und Freunden
verstoßen. Einige werden sogar gewaltsam angegriffen und dabei auch schwer
verletzt.“
Solche Notrufe nimmt meist Morgan in seinem Containerbüro entgegen. Joseph
sitzt auch fast täglich dort. Die beiden kennen sich seit seiner Jugend.
Derzeit ist Morgan damit beschäftigt, alle Patienten abzutelefonieren, die
seit der Verabschiedung des Gesetzes im März nicht mehr aufgetaucht sind.
Oft muss er feststellen, dass Leute ihre Telefonnummern gewechselt haben.
„Sie fürchten, dass der Geheimdienst sie abhört“, so Morgan. Denjenigen,
die sich nicht mehr herwagen, bietet er an, die dringend benötigten
HIV-Medikamente oder auch Kondome nach Hause liefern zu lassen.
## Misstrauen – selbst untereinander
Doch auch das wird zunehmend komplizierter. „Mittlerweile rufen mich die
Leute von irgendwo in der Stadt aus an, zum Beispiel vom Busbahnhof, weil
sie nicht angeben wollen, wo sie leben“, berichtet Morgan. Dann schickt er
ein Motorradtaxi los.
Manche sind so vorsichtig, dass sie ihn mit unterdrückter Nummer anrufen.
„Da habe ich dann selbst Zweifel, denn was ist, wenn das jemand vom
Geheimdienst ist, der mich in eine Falle locken will?“, fragt Morgan
besorgt. „Ich sage dann immer, dass ich nicht im Büro bin, dass wir
geschlossen haben.“ Er fürchtet, dass der Geheimdienst auch Mitglieder der
LGTBQI- Community rekrutiert, um sie zu unterwandern. „Selbst unter uns
LGTBQI-Leuten gibt es jetzt sehr viel Misstrauen“, stellt Morgan fest.
Morgan stellt bei seinen Rundrufen auch fest, dass viele Uganda bereits
verlassen haben. Auch er spielt zunehmend mit dem Gedanken, denn er hat
Todesdrohungen erhalten. „Du bist ein Teufel – geh zur Hölle“, stand am
Tag, nachdem das Gesetz verabschiedet wurde, an seinem Hoftor. Doch er weiß
auch, dass es ein langwieriger und fast aussichtsloser Prozess ist, bei
einer westlichen Botschaft ein Visum oder gar Asyl zu beantragen.
Viele Leute aus der LGTBQI-Gemeinde suchen derzeit nach Wegen – raus aus
Uganda. Doch auch in den Nachbarländern Tansania, Kenia oder Kongo sind
LGTBQI-Leute nicht erwünscht. In Kenia wird derzeit ein ähnliches Gesetz
wie in Uganda debattiert. Hunderte ugandische LGTBQI-Leute sitzen dort
bereits seit Jahren in einem Flüchtlingslager fest, ohne Hoffnung auf Asyl.
Joseph sucht nach Möglichkeiten, das Land zu verlassen. Ein Visum nach
Europa wäre wunderbar, sagt er. Denn: „Für uns gibt es in Uganda keine
Hoffnung mehr.“
29 May 2023
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## AUTOREN
Simone Schlindwein
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