Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anti-LGBTQI-Gesetz in Uganda: Beim Sex auf Wolke 9 „ertappt“
> Seine Aussagen vor Gericht haben maßgeblich zum Anti-Homosexuellen-Gesetz
> beigetragen. Jetzt ist Elisha Mukisa selber eines seiner ersten Opfer.
Bild: Müssen wegen der Gesetzeslage in Angst leben: homosexuelles Paar in Ugan…
Kampala taz | Ausgerechnet jener Mann, der einst zahlreiche Homosexuelle an
die Behörden verraten hatte, steht nun in Uganda selbst vor Gericht. Und
zwar wegen des Verstoßes gegen das sogenannte Anti-Homosexuellen-Gesetz,
das auf seine Zeugenaussage hin im Mai in Kraft getreten war.
Elisha Mukisa ist wohl einer der bekanntesten Homosexuellen in Uganda. Im
März war er im Parlament aufgetreten, flankiert von Pastoren und Predigern
verschiedener religiöser Gruppen und Freikirchen. Er hat gestanden, dass er
von Homosexuellen zum Dreh eines schwulen Pornofilms gezwungen worden sei,
wobei er sich angeblich mit HIV infiziert habe. Mukisa wurde den
Abgeordneten in Uganda als Opfer vorgeführt.
Bereits vergangenes Jahr hatte der damals 26-Jährige in einem
YouTube-Video, das in Uganda viral ging, die LGBTQI-Gemeinde öffentlich
angeprangert. Als 17-Jähriger sei er im Internat quasi zum Schwulsein
„rekrutiert“ worden, er habe dafür sogar Geld erhalten.
Letztlich verklagte er dann noch Ugandas führende LGTBQI-Organisation
Smug, die sich offen für die Rechte der Szene einsetzt. Im Video verriet er
dann, dass er vom Schwulsein „geheilt“ sei und als Mitglied einer
Freikirche nun Gott um Vergebung seiner Sünden bitte.
## Angeblich vom Schwulsein „geheilt“
Mukisa ist dadurch für all diejenigen zum Symbol geworden, die es in
Zukunft durch ein [1][harsches Anti-Homosexuellen-Gesetz] zu schützen gilt.
Das Parlament hat dieses Gesetz auf Mukisas Aussage hin im März fast
einstimmig verabschiedet. Mit der Unterschrift des Präsidenten trat es im
Mai in Kraft. Es gilt als eines der drakonischsten Gesetze gegen
LGBTQI-Menschen weltweit.
In besonders „schwerwiegenden Fällen“, wie es im Gesetz heißt, droht die
Todesstrafe: nämlich wenn Minderjährige, Alte oder Behinderte zum
gleichgeschlechtlichen Akt „genötigt“ würden sowie beim Sex mit
HIV-Positiven.
Für viele in Ugandas LGBTQI-Szene gilt Mukisa seitdem als Verräter. „Elisha
Mukisa hat LGBTIQA+-Personen an die Polizei, das Parlament, die Familie des
Präsidenten, Anti-Homosexuellen-Lobbyisten, Gefängnisbeamte und Gerichte
verraten“, schreibt die Aktivistin Stella Nyanzi auf Twitter.
Die ehemalige Professorin für Genderstudien, Feministin und offen lesbische
Autorin [2][war wegen Präsidentenbeleidigung in Haft]. Jetzt lebt sie in
Deutschland im Exil und spricht sich gegen das Gesetz aus: Mukisa sei ein
„geschätzter Staatsinformant“ gewesen. Seine Lügen hätten zur „Neuaufl…
des grausamen Anti-Homosexuellen-Gesetzes“ in Uganda geführt.
## Polizeieinsatz im Massagesalon Wolke 9
Am Montag stürmte nun die Polizei den Massagesalon Wolke 9 in einem Örtchen
nahe der Stadt Jinja im Süden Ugandas. Eine Mitarbeiterin hatte ihnen den
Tipp gegeben. Die Polizisten fanden in dem Salon zwei Videokameras, einen
Dildo sowie Massageöl, das auch als Gleitmittel verwendet werden kann, und
verhafteten vier Personen, darunter Mukisa sowie die Besitzerin.
Am Dienstag wurden sie alle dem Haftrichter vorgeführt. Der fragte Mukisa,
warum er in anrüchigen Massagesalons wieder mutmaßlich homosexuelle Akte
betreibe, nachdem er doch „geheilt“ worden sei. Da gab dieser offen zu,
dass er einst für seine Aussagen bezahlt worden sei, jetzt aber kein Geld
mehr erhalte.
In den Tweets der Aktivistin Nyanzi klingt Schadenfreude durch: „Wird
Ugandas Justiz den Mut haben, das dumme Gesetz jetzt anzuwenden, zu dessen
Verabschiedung Mukisa das ugandische Parlament ermutigt hat?“, fragt sie.
„Jubelt das Parlament über den ersten Täter seines Gesetzes?“
Ugandas berühmtester [3][Menschenrechtsanwalt, Nicholas Opiyo], warnt
jedoch: „Unabhängig von seinen früheren Taten verdient Mukisa, wie alle
anderen auch, ein faires Verfahren“, so der Anwalt, der einst [4][gegen das
Gesetz vor das Verfassungsgericht gezogen] war. „Die einzige Ironie besteht
darin, dass er nach einem Gesetz vor Gericht gestellt wird, das er mit
Desinformation und Lügen so leidenschaftlich selbst gefördert hat.“
26 Aug 2023
## LINKS
[1] /Anti-Homosexualitaets-Gesetz-in-Uganda/!5923808
[2] /Repression-in-Uganda/!5615183
[3] /Ugandas-fuehrender-Buergerrechtsanwalt/!5462446
[4] /Homophobie-in-Uganda/!5036500
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
Kolumne Stadtgespräch
Homosexualität
Uganda
Schwule
Menschenrechte
Uganda
Kolumne Stadtgespräch
Christen
Uganda
Lesestück Recherche und Reportage
Uganda
Uganda
## ARTIKEL ZUM THEMA
Anti-LGBTQI-Gesetz in Uganda: Queer sein bleibt strafbar
2023 verabschiedete Uganda ein Gesetz gegen Homosexualität.
Menschenrechtsaktivist:innen klagten. Das Verfassungsgericht wies
das nun ab.
Politische Anschläge in Uganda: Attentat auf Prediger stiftet Unruhe
Der bekannteste Kirchenvorsteher des Landes hat nur knapp einen Anschlag
überlebt. Die Polizei gibt sich bedeckt. Das heizt Verschwörungstheorien
an.
Homophobe evangelische Christen: Freikirche rät Queers zum Zölibat
Der Bund freier evangelischer Gemeinden will homofeindliche Leitlinien
festlegen. Der Lesben- und Schwulenverband sieht einen Widerspruch zum
Grundgesetz.
Sanktionen gegen Uganda: Wem helfen Menschenrechte?
Ugandas Anti-LGBTQI-Gesetz wird von der Weltbank und den USA nicht straflos
hingenommen. Doch die Sanktionen treffen nicht die Regierung.
LGBTQI-feindliches Gesetz in Uganda: Ende des Regenbogens
In Uganda ist das Anti-LGBTQI-Gesetz, das auch „Mitwissern“ mit Strafen
droht, nun offiziell in Kraft. Es hat Folgen für die gesamte Gesellschaft.
Aktion gegen Homosexuelle in Uganda: Polizei sprengt Pride
Ein lesbisch-schwuler Schönheitswettbewerb wird von der Polizei
zerschlagen. Bei den Gästen der Gay-Pride-Veranstaltung bricht Panik aus.
Homo-Magazin in Uganda: Die Regenbogenoffensive
Trotz Diskriminierung und Repression: Ugandas Aktivisten drucken
„Bombastic“ – das erste Schwulen- und Lesbenmagazin des Landes.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.