# taz.de -- Willkommensklassen in Berlin: Kein Platz für Integration | |
> Weil es nicht genügend Willkommensklassen für Geflüchtete gibt, wird das | |
> Deutschlernen zunehmend in Heime verlegt. Oder - wie in Tegel - in | |
> Container. | |
Bild: Tafel einer Willkommensklasse in Berlin | |
BERLIN taz | Die Schulplatz-Krise für geflüchtete Kinder spitzt sich zu. | |
Inzwischen warten etwa 1.600 Kinder und Jugendliche in | |
Geflüchtetenunterkünften mehrere Wochen bis Monate auf einen Platz in einer | |
Willkommensklasse, wo sie auf den Besuch einer regulären Schule vorbereitet | |
werden. Es fehlt an Räumen, es fehlt an Lehrkräften – und beides wird sich | |
so schnell nicht ändern: Die [1][„Schulbauoffensive“ stockt,] und dieser | |
Tage machte die Meldung die Runde, dass im kommenden Schuljahr 1.500 | |
Vollzeitlehrer*innenstellen nicht besetzt werden können. | |
Gleichzeitig kommen weiterhin viele Geflüchtete in die Stadt: In diesem | |
Jahr sind es [2][laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten] (LAF) | |
bereits 6.500 Ukrainer*innen und knapp 4.000 Asylbewerber*innen. | |
Die Antwort der Politik: Unterrichtsmöglichkeiten in den Heimen selbst | |
schaffen. Eigentlich will das niemand, weil es nicht im Sinne der | |
Integration ist, doch offenbar sieht man inzwischen keine andere | |
Möglichkeit mehr. Derzeit würden [3][im Ankunftszentrum (Akuz) Tegel], wo | |
rund 600 Kinder und Jugendliche nicht zur Schule gehen, Container aufgebaut | |
um „eine Art Willkommensklasse“ einzurichten, erklärte LAF-Sprecher Sascha | |
Langenbach der taz. „Das ist nötig, weil die Verweildauer in Tegel | |
inzwischen etwa vier Monate ausmacht.“ Martin Klesmann, Sprecher der neuen | |
Bildungssenatorin der neuen Bildungssenatorin Katharina Günter-Wünsch (CDU) | |
betont jedoch, in den Containern sei kein Unterricht geplant, sondern | |
„Sprungbrett- und Fit für die Schule-Angebote“. | |
Bislang gelten die Kinder im Akuz offiziell nicht als schulpflichtig, bis | |
sie in eine reguläre Unterkunft vermittelt werden. Weil es aber auch Mangel | |
an solchen Gemeinschaftsunterkünften gibt, bleiben die Ukrainer*innen | |
immer länger in Tegel. | |
## Deutsches Rotes Kreuz bietet Kurse an | |
Auch die Betreiber*innen von Unterkünften für Geflüchtete machen sich | |
zunehmend daran, vorschulische Betreuung für Kinder zu organisieren. Im | |
Akuz Tegel bietet laut Langenbach das Deutsche Rote Kreuz jetzt | |
Deutschlernen für 5- bis 8-Jährige. Insgesamt erhalten von den auf einen | |
Schulplatz Wartenden laut Bildungsverwaltung gut 600 Kinder und Jugendlich | |
in den Heimen „schulvorbereitende Angebote“ wie „Fit für die Schule“. | |
Die Gemeinschaftsunterkunft des Betreibers CityOne in Spandau hat einen | |
pensionierten Lehrer gefunden, der dort seit einigen Monaten Deutsch | |
unterrichtet. Hier sei das Angebot aber zusätzlich zum Besuch der | |
Willkommensklassen, denn bislang habe man es geschafft, für die etwa 100 | |
Kinder Plätze in Schulen der Umgebung zu finden, erzählt die Leiterin der | |
Einrichtung Ainura Asakeeva bei einem Pressetermin am Mittwoch. | |
Im Hof der Einrichtung in einem Gewerbegebiet ist an diesem Tag eine | |
Hüpfburg aufgebaut, es gibt Kinderschminken und einen Zauberer. Das kleine | |
Spektakel wurde organisiert, um die Übergabe von fünf Tablets mit | |
Deutschlern-App der Stiftung Fairchance zu zelebrieren. Jale Degirmenci, | |
die Chefin von CityOne, einem Unternehmen aus der Hotel- und | |
Immobilienbranche, das nun auch zwei Flüchtlingsheime in Berlin betreibt, | |
betont in ihrer Rede, „das Erlernen der deutschen Sprache ist der Schlüssel | |
der Integration“. | |
Der Sprecher des LAF bedankt sich beim Betreiber für sein Engagement fürs | |
Deutschlernen, auch die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und | |
Bildungsstadträtin Carola Brückner (SPD) lobt die „enge und vertrauensvolle | |
„Zusammenarbeit“ und wie wichtig es sei, dass der „Neustart“ der | |
Geflücheten „sozial begleitet“ wird. | |
## Es wird immer enger | |
Im anschließenden Gespräch mit der taz gibt Brückner jedoch zu, dass ihr | |
die Entwicklung große Sorgen mache. Sie wisse nicht, ob der Bezirk | |
„mithalten kann mit den steigenden Flüchtlingszahlen“, in Spandau warteten | |
bereits 70 Kinder auf einen Schulplatz, drei neue [4][Willkommensklassen] | |
seien im Aufbau – aber wenn noch mehr gebraucht würden, werde es eng. | |
Und es werden mehr gebraucht werden: Direkt angrenzend an das Heim, wo | |
jetzt 310 Ukrainer*innen leben, zieht CityOne ein zweites Gebäude hoch. | |
Laut Degirmenci soll es ein achtstöckiges Hotel werden, aber zunächst | |
würden dort 400 bis 500 Geflüchtete Platz finden. Auf Bitten des Bezirks, | |
so die Unternehmerin, werde man im Erdgeschoss jetzt auch Platz für | |
Seminarräume schaffen. Brückner bestätigt das: „Es ist gut, wenn in | |
Einrichtungen Platz fürs Deutschlernen ist.“ | |
Anmerkung: Die Aussagen der Bildungsverwaltung wurden nachträglich | |
eingefügt, da sie zu Redaktionsschluss zunächst nicht vorlagen. | |
25 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schulplatzmangel-in-Berlin/!5914886 | |
[2] https://www.berlin.de/laf/ankommen/aktuelle-ankunftszahlen/artikel.625503.p… | |
[3] /Berlins-schwarz-rote-Landesregierung/!5931998 | |
[4] /Schulplatzmangel-fuer-Gefluechtete/!5914698 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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Astrid-Sabine Busse | |
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