# taz.de -- Nach der Wahl in Finnland: Ab in die Rechtskoalition | |
> Finnlands Wahlsieger Orpo kürt für seine künftige Regierung die rechten | |
> Wahren Finnen als Partner. Für eine Mehrheitsregierung reicht das noch | |
> nicht. | |
Bild: Sieht Gemeinsamkeiten mit den Vorstellungen der Wahren Finnen: Finnlands … | |
STOCKHOLM taz | Petteri Orpo hat gewählt. Seine Partei werde kommende Woche | |
die Regierungsverhandlungen mit den Wahren Finnen, der Schwedischen | |
Volkspartei und den Christdemokraten beginnen, gab der Vorsitzende der | |
konservativen Sammlungspartei am Donnerstagmittag in Finnlands Hauptstadt | |
Helsinki bekannt. Er hoffe, dass diese Verhandlungen „so reibungslos wie | |
möglich“ sein würden und Finnland deshalb spätestens Anfang Juni eine | |
funktionsfähige Regierung haben werde. | |
Nach der finnischen Parlamentswahl vom 2. April war [1][Wahlsieger Orpo] | |
vom Staatspräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Schon am | |
Wahlabend zeichnete sich ab, dass es eigentlich nur zwei Alternativen für | |
eine mögliche Mehrheitsregierung geben kann. Angesichts von drei Parteien – | |
Sammlungspartei, Wahre Finnen und Sozialdemokraten –, die jeweils ein | |
Resultat zwischen 19,9 und 20,8 Prozent erzielt hatten, ist eine | |
Zusammenarbeit zwischen zwei dieser großen Parteien Voraussetzung für eine | |
Mehrheit im Parlament. | |
Weil die sozialdemokratische Parteivorsitzende [2][Sanna Marin] eine | |
Regierung mit den von ihr als rassistisch eingestuften Wahren Finnen | |
ablehnt, bleibt eigentlich nur eine Konstellation übrig, deren Kern die | |
Sammlungspartei entweder mit den Wahren Finnen oder den Sozialdemokraten | |
bildet. | |
Im Zentrum einer von ihm geführten Regierung werde die Wirtschaftspolitik | |
stehen, kündigte Orpo am Donnerstag an. Sein wichtigstes Ziel als | |
Ministerpräsident sei ein Abbau der Staatsschulden – selbst wenn das zu | |
empfindlichen Budgetkürzungen führen würde –, ein „gesundes“ | |
Wirtschaftswachstum und eine Absicherung der Grundlagen des Sozialsystems. | |
Was diese Prioritäten betreffe, sehe er mehr Gemeinsamkeiten mit den | |
Vorstellungen der Wahren Finnen als denen der Sozialdemokraten: „Diese | |
haben ein anderes Bild von der Situation und andere Vorstellungen zu | |
möglichen Lösungen“. | |
## Riikka Purra von den Wahren Finnen ist für Verzicht bereit | |
Natürlich gebe es auch Differenzen zwischen seiner Partei und den Wahren | |
Finnen, beispielsweise in der EU-Politik, der Klimapolitik oder beim | |
[3][Thema Migration]. Entscheidend sei aber, welche Koalition die besten | |
Aussichten habe, Kompromissen zu finden. Riikka Purra, die Vorsitzende der | |
Wahren Finnen kündigte im Gegenzug an, bestimmte für andere Parteien nicht | |
akzeptable Forderungen ihrer Partei – etwa den Austritt Finnlands aus der | |
EU oder das Verbot von Zuwanderung – seien „nicht unbedingt aktuelle | |
Ziele“. | |
Mit zusammen 94 der 200 Mandate benötigen Sammlungspartei und Wahren Finnen | |
für eine Mehrheit im Parlament allerdings die Zusammenarbeit mit weiteren | |
Parteien. Das Zentrum, die viertgrößte Partei im Reichstag, hatte nach der | |
Wahl eine schon vor dem Wahltag gemachte Ankündigung wahrgemacht: Man geht | |
angesichts eines katastrophalen Ergebnisses in die Opposition. Die | |
Parteivorsitzende Annika Saarikko betonte aber gleichzeitig ihren Wunsch, | |
es möge zu einer Rechtskoalition kommen. Was zumindest die Tür nicht | |
zuschlug, eine Orpo-Regierung im Parlament von Fall zu Fall auch zu | |
unterstützen. | |
Vom Mitte-Rechts Flügel des Reichstags braucht Orpo für seine Koalition die | |
fünf Mandate der Christdemokraten und als vierten Partner auch die liberale | |
Schwedische Volkspartei mit ihren neun Mandaten. Aus deren Basis und | |
Führung waren vor der Wahl erhebliche Bedenken angesichts einer möglichen | |
Regierungszusammenarbeit mit den Wahren Finnen geäußert worden, ohne eine | |
solche allerdings grundsätzlich auszuschließen. Diese Bedenken sind auch | |
zwischenzeitlich nicht vollständig ausgeräumt. Mit ihnen sei eine | |
wesentliche Verschärfung der Ausländerpolitik, wie sie das Programm der | |
[4][Wahren Finnen] fordere, nicht zu haben, haben VertreterInnen von SVP | |
und Christdemokraten schon angekündigt. | |
Entscheidend werde das konkrete Ergebnis der Verhandlungen sein, sagte die | |
SVP-Vorsitzende Anna-Maja Henriksson am Donnerstag. Ihre Partei dürfte der | |
größte Unsicherheitsfaktor dafür sein, ob Orpos Bemühungen zur Bildung | |
einer Vierparteienkoalition wirklich Erfolg haben werden. | |
27 Apr 2023 | |
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[1] /Linker-Politiker-ueber-Abwahl-Sanna-Marins/!5923242 | |
[2] /Finnlands-Regierungschefin-geht/!5923217 | |
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[4] /Wahre-Finnen/!t5011815 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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