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# taz.de -- Klimaproteste der Letzten Generation: Was wirklich die Falschen tri…
> Gern fühlen sich einfache Leute von Klimaprotesten zu Unrecht bestraft.
> Doch vor allem ist es die Klimakrise, die die Falschen trifft.
Bild: Sind festgeklebte Hände wirklich das, was die Falschen leiden lässt?
Es könnte alles so einfach sein. Oder zumindest könnte es richtigergemacht
werden, und vor allem gerechter. Anstelle den Berufsverkehr und damit die
sogenannten einfachen Leute zu blockieren, hätten sich die
Aktivist*innen ja mal vor dem Bundestagsgebäude festkleben können, oder
in der Ausfahrt des politischen Fahrservice. Die Politik müsste es
schließlich treffen, wenn überhaupt.
Wir einfachen Leute fühlen uns oft zu Unrecht bestraft. Wir können doch
nichts dafür, dass sich die Bundesregierung nicht genug um das Erreichen
des 1,5 Grad-Ziels bemüht. Wir wollen nur ein gutes Leben leben und das ist
derzeit schwer genug zu haben. „Das trifft die Falschen“, so lautet also
der Reflex, wenn Streiks oder Klimademos in den Alltag eingreifen, und die
Falschen, das sind wir Normalos. Wir und dieses vermeintlich unantastbare
Recht auf Ungestörtheit, auf die Verteidigung des stetig fließenden Status
Quo, das deutsche Second Amendment sozusagen.
Wer warten muss, weil jemand den Weg versperrt, wird eingeschränkt und das
ist ärgerlich. Man muss das aber nicht persönlich nehmen, oder als
pseudomoralische Schelte, weil man nicht genug Gas gespart hat, gern heiß
duscht oder in den Urlaub fliegen will. Auch die Letzte Generation weiß,
dass „die einfachen Leute“ nicht die Schuldigsten sind. Sie sind aber auch
nicht die, die am meisten unter der politischen Lahmheit im Kampf gegen die
Klimakrise leiden. Auch wenn das Ausmaß der Empörung das nahelegt.
Bezeichnend, wie viele Menschen jammern, schreien, oder sogar gewalttätig
gegenüber Aktivist*innen werden, weil sie mal kurz warten mussten.
Beunruhigend, wer Aktivist*innen mittlerweile alles zu Sündenböcken
stilisiert, um selbst besser dazustehen. Oft heißt es, mit Störungen des
öffentlichen Lebens überzeuge man niemanden. Dabei braucht es [1][weniger
Überzeugung und mehr politische Maßnahmen], weil die Bedrohung durch die
Erderwärmung längst wissenschaftlich unstrittig ist.
## Es trifft schon lange die Falschen
Es reicht ein Blick auf [2][die absehbaren Folgen der Klimakrise]:132
Millionen Menschen, die durch die globale Erwärmung bis 2030 inextreme
Armut getrieben werden, wenn nicht schnell und umfassend in Klimaschutz-
und Anpassungsmaßnahmen investiert wird. Über 200 Millionen Menschen, die
deshalb bis 2050 gezwungen sein könnten, zu fliehen. 3,5 Milliarden
Menschen, die in 50 Jahren unter extremer Hitze leiden könnten.
Das trifft die Falschen, schon lange. Am härtesten jene, die am wenigsten
Emissionen verursachen und für deren Akzeptanz klimapolitischer Untätigkeit
sich bisher kaum jemand interessiert hat. Die Klimakrise trifft Kinder,
Hungernde, Flüchtende, die Ärmsten vor dem Mittelstand vor den Wohlhabenden
vor den Superreichen. Klar kann man sich trotzdem ärgern, wenn man im Stau
steht. Man kann sich aber auch wundern, warum wir ständig im Ärger
steckenbleiben.
Warum wir uns lieber als Kollateralgeschädigte zwischen Protestaktionen und
Politik verstehen, anstatt uns selbst etwas zuzutrauen. Sei es, sich an
Kreuzfahrtschiffen und Superyachten festzukleben, Abgeordneten zu
schreiben, Bäume zu pflanzen. Warum wir lieber die Falschen bleiben, als
die Richtigen zu werden – die aus ihrer Getroffenheit mehr machen als ein
ewiges “so nicht“.
25 Apr 2023
## LINKS
[1] /Hedwig-Richter-ueber-die-Klimakrise/!5910422
[2] https://www.bmz.de/de/themen/klimawandel-und-entwicklung/folgen-des-klimawa…
## AUTOREN
Lin Hierse
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