| # taz.de -- Buch „Nach trans“ von Elizabeth Duval: Ein Subjekt stößt auf … | |
| > Grundlagentext für die „Trans Theory“: Elizabeth Duval räumt in „Nach | |
| > Trans“ mit der Illusion der Wahlfreiheit des eigenen Geschlechts auf. | |
| Bild: Will sich in „Nach Trans“ ein letztes Mal zum Thema zu äußern: die … | |
| Elizabeth Duval gilt als eine der interessantesten jungen Intellektuellen | |
| Spaniens. Taucht ihr Name in Besprechungen oder Fernsehdebatten auf, fällt | |
| meist schon im ersten Satz immer dasselbe Adjektiv: trans. | |
| Nun äußert sich die heute 22-Jährige seit ihrer Jugend zu Trans-Rechten, | |
| fragt aber dennoch: Was rechtfertigt ein Etikett wie cis oder trans, wenn | |
| beispielsweise zwei Menschen dem Äußeren nach klar als Frauen erkannt | |
| werden? Sollte man sich da nicht ehrlich machen und zugeben, dass die Frage | |
| in erster Linie um das, was ein Mensch zwischen den Beinen hat, kreist und | |
| darum, „was wir als abnormal, pervers oder monströs beurteilen“? Duval | |
| glaubt: Das Ende der menschlichen Zivilisation werden wir wohl eher erleben | |
| als das Ende der Geschlechter. | |
| Angesichts dieser Desillusioniertheit und angesichts des [1][Hasses, den | |
| Trans-Debatten immer wieder offenbaren], überrascht die Versöhnlichkeit, | |
| die Duvals Buch „Nach Trans. Sex, Gender und die Linke“ zugrunde liegt. Sie | |
| wendet sich an diejenigen, die Bedenken haben, denen Veränderungen Angst | |
| machen, und arbeitet sich so an den Argumenten jener ab, die ihre | |
| Trans-Kritik als feministisch verstanden wissen wollen. | |
| So sei etwa oft zu hören, trans Menschen reproduzierten durch ihre Kleidung | |
| oder Verhaltensweisen Geschlechterstereotype. Kein Problem scheinen | |
| dieselben Feminist:innen jedoch damit zu haben, „wenn andere Körper, | |
| wie die derjenigen, die sie als Frauen bezeichnen, Weiblichkeit | |
| ‚performen‘, sich schminken oder die Haare lang tragen, ohne offenkundig | |
| auf den Umsturz des patriarchalen Systems hinzuarbeiten“. | |
| ## Schimäre in der Umkleide | |
| Auch das [2][Schreckgespenst des lüsternen Mannes in der Frauenumkleide], | |
| der sich durch ein Umtragen des Geschlechts im Passdokument Zugang zu | |
| geschützten Räumen verschafft und, statistisch eher selten auftretend, als | |
| Chimäre die Diskussionen über Personenstandsgesetze blockiert, greift Duval | |
| auf, wenn sie von der realen Diskriminierung schreibt, die Butch-Lesben in | |
| Frauentoiletten seit jeher entgegenschlägt. | |
| Den Fokus legt die Autorin jedoch auf den Umstand, dass | |
| Anti-trans-Aktivist:innen Wahlfreiheit in Bezug aufs eigene Geschlecht eine | |
| „übertriebene Macht“ zusprächen. Dabei besitze das Subjekt „nicht die | |
| Freiheit, zu sein, wer es sein will, sondern lediglich die Freiheit, sich | |
| selbst zu erkennen und zu finden“, schreibt Duval, die an der Pariser | |
| Sorbonne Philosophie und Literatur studiert und an eine Versöhnung zwischen | |
| wissenschaftlichen Erkenntnissen und der These vom Geschlecht als | |
| soziokultureller Struktur glaubt. | |
| Geschlecht oder Geschlechterdifferenz würde „durch das Wiederholen | |
| bestimmter Muster und die Übernahme von Symbolen und Zeichen erworben, was | |
| dazu führt, dass ein Subjekt auf seine Identität stößt“. | |
| ## Grundlagentext, auf denen andere aufbauen | |
| Elizabeth Duval ist eigentlich Romanautorin. „Nach Trans“ schreibe sie, um | |
| sich ein letztes Mal zum Thema zu äußern. Sie ist weit entfernt von | |
| jeglichem Betroffenheitsjargon und nutzt die eigene Sprecherposition nur | |
| insofern es die identaristische Logik verlangt – die sie ebenfalls | |
| kritisiert. Etwas befremdlich wirkt lediglich die Theorie, wonach sie | |
| schreibe, weil sie nie biologische Mutter sein werde. | |
| Die Parallele zwischen der Erziehung eines Kindes und der Schaffung eines | |
| Werks lässt sich mit Rosa Mayreder infrage stellen, die 1905 kritisierte, | |
| dass Frauen „nichts selber sein und leisten, [sondern] vielmehr ihre Söhne | |
| zu dem ‚heranbilden‘ [sollen], was ihnen selbst zu werden versagt ist“. | |
| Dennoch kann „Nach Trans“ als Grundlagentext gezählt werden, auf den | |
| folgende Denker:innen der Trans-Theorie noch lange aufbauen werden. | |
| 29 Apr 2023 | |
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| [2] /Geplantes-Selbstbestimmungsgesetz/!5929820 | |
| ## AUTOREN | |
| Julia Hubernagel | |
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