# taz.de -- Kommunisten in Österreich: Rezept gegen Fatalismus? Österreich | |
> Wer früher Revolutionär war, wälzt sich heute in Fatalismus. Dabei zeigt | |
> die österreichische KPÖ gerade, wie man Menschen begeistert. | |
Bild: Salzburg, am 23.April: Ausgelassene Stimmung bei der Wahlparty der KPÖ | |
Es sei einfacher, sich das Ende der Welt vorzustellen als das Ende des | |
Kapitalismus, lautet ein berühmtes Zitat. [1][Ein Texteschreiber kramt es | |
immer dann heraus], wenn er die allgemeine Aussichtslosigkeit der | |
gesellschaftlichen Entwicklung besonders fatalistisch benennen möchte. Es | |
ist ein griffiger Satz, der die Hoffnungslosigkeit angemessen auf den Punkt | |
bringt, die Menschen empfinden, die lieber in einer Gesellschaft leben | |
würden, in der das Ziel der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und nicht | |
die Maximierung ökonomischen Profits das menschliche Tun antreibt. | |
Solche Leute werden heutzutage von Linksliberalen bis Rechtskonservativen | |
gar nicht mehr als politische Konkurrenten wahrgenommen. Sie kassieren | |
höchstens ein mitleidiges Schmunzeln, wenn sie es wagen, die Systemfrage | |
auch nur anzudeuten. Überhaupt dieses K-Wort (siehe Zitat oben) in den Mund | |
zu nehmen mutet heute nur noch erstsemestrig-naiv an. | |
Zwar begeht die Menschheit gerade angesichts der mit jenem K-Wort in | |
Verbindung stehenden Klimakatastrophe (ein anderes schwieriges K-Wort) | |
kollektiv Suizid. Trotzdem spricht vieles dafür, dass die ehemalige | |
britische Premierministerin Margaret Thatcher mit ihrem Ausspruch auch vier | |
Jahrzehnte später recht behält: „There is no alternative!“ Wer früher | |
Revolutionär war, ist heute deshalb Fatalist. In Zeiten, in denen auch | |
popkulturell viel über Resignation und Depression produziert wird, ist | |
dieser linke Fatalismus längst zur Pose geronnen. Aber man muss sich diese | |
Pose leisten können. | |
Die Möglichkeit, sich in Hoffnungslosigkeit zu wälzen und sich dabei | |
wenigstens ein bisschen cool zu fühlen, ist schon rein materiell ungleich | |
verteilt. Außerdem ist ja auch noch nicht alles verloren. Das kann aktuell | |
bei unseren Nachbarn in Österreich beobachtet werden, wo gerade ein anderes | |
tabuisiertes K-Wort viele erregt. | |
## Erfolg der KPÖ | |
Bereits im Herbst 2021 wurde die KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) | |
stärkste Kraft bei der Gemeinderatswahl in der zweitgrößten | |
österreichischen Stadt Graz und stellt dort heute die Bürgermeisterin. Am | |
[2][Wochenende hat die KPÖ bei der Landtagswahl in Salzburg] gezeigt, dass | |
sie mehr als ein one-election wonder ist: In der Landeshauptstadt Salzburg | |
selbst erreichte die Liste KPÖ Plus 21,5 Prozent und wurde nach der | |
konservativen ÖVP zweitstärkste Kraft, im gesamten Bundesland wuchs der | |
Stimmanteil von 0,4 Prozent im Jahr 2018 auf nun 11,7 Prozent an. | |
Politiker:innen dieser Partei stecken viel Zeit in soziale | |
Basisarbeit, verzichten auf einen Teil ihrer Gehälter und geben diesen an | |
Bedürftige weiter. Dass sich Politik im Interesse solcher Menschen | |
auszahlt, ist nicht nur in Österreich bemerkenswert, wo Politiker wie | |
Sebastian Kurz ja lange genug erfolgreiche Ego-Shows durchziehen konnten. | |
Wen gegenwärtig Vorstellungsprobleme plagen (siehe K-Wort-Zitat oben), die | |
oder der kann sich also gerne davon inspirieren lassen. | |
28 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Volkan Ağar | |
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