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# taz.de -- Tiertransporte in Drittländer: Tierqual made in Niedersachsen
> In Niedersachsen werden weiter Rindertransporte nach Marokko und Ägypten
> abgefertigt – daran ändern auch die Grünen bisher nichts.
Bild: Effektive Kontrollen auf eine Einhaltung der Tierschutzbestimmungen sind …
Hannover taz | Den letzten großen Aufschrei gab es 2019. Mehrere
Fernsehdokumentationen machten damals allzu anschaulich, was Tierschützer
schon lange sagen: Rindertransporte in Drittstaaten wie Marokko, Ägypten
und Kasachstan sind in keiner Weise mit dem vereinbar, [1][was in
Deutschland und der EU als Mindeststandards in Sachen Tierschutz
vorgeschrieben ist.]
Die Tiere werden auf LKWs zusammengepfercht, leiden unter Stress, Hitze und
Kälte, werden anschließend in spanischen Häfen auf heruntergekommene
Frachter geprügelt, in Nordafrika in völlig anderer Herdenzusammensetzung
wieder auf Laster verladen und kommen mehr tot als lebendig am Zielort an.
Die eigentlich vorgeschriebenen Versorgungsstationen unterwegs, bei denen
die Tiere abgeladen, gefüttert und getränkt werden sollten, sind meist
nicht existent. Genauso wenig wie die angeblich im Aufbau befindlichen
Herden, für die diese als „Zuchttiere“ deklarierten Rinder bestimmt sind.
Was auch schon daran scheitert, dass die deutschen Hochleistungskühe in den
kargen Wüstenregionen mit ihren Extremtemperaturen und ihrem chronischen
Wassermangel nicht lange überleben.
## Geld für überzählige Kälber
Am Ende landen sie dann doch im Schlachthof und zwar in einem, in dem sie
ohne Betäubung geschächtet werden können und man außerdem das Leder
verwertet. Das ist meist der eigentliche Grund für diese Art von Kuhhandel,
mit dem deutsche Bauern ihre überzähligen Kälber für gutes Geld loswerden.
Fleisch ließe sich ohne diese Quälerei transportieren, Embryonen und Samen
für die Zucht auch.
Theoretisch müsste bei solchen Transporten sichergestellt werden, dass die
EU-Transportverordnung eingehalten wird. Die gilt nämlich – dazu gibt es
ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2015 – auch in Drittländern, zumindest bis
zum angegebenen Zielort. Praktisch sind die zuständigen Veterinärämter der
Landkreise aber kaum in der Lage, dies zu kontrollieren.
Die Zweifel daran, ob [2][sich die Amtsveterinäre hier nicht der Beihilfe
zur Tierquälerei schuldig machen], haben dazu geführt, dass immer mehr
Bundesländer – darunter auch starke Exporteure wie Bayern – die
Genehmigungen verweigert oder einschränkt haben.
Gleichzeitig [3][drängten die Länder über den Bundesrat auf eine nationale
Regelung], die einen Export in tierschutzrechtlich problematische
Drittländer generell verbietet. Doch das Bundeslandwirtschaftsministerium –
damals noch unter Julia Klöckner (CDU) – spielte auf Zeit und erklärte, das
Problem müsse auf EU-Ebene gelöst werden.
Wer nun glaubte, unter dem grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir würde
sich das Blatt schnell wenden, wurde enttäuscht. Ein erster Vorstoß auf
EU-Ebene ist gescheitert, auch wenn die Transportverordnung nun
überarbeitet werden soll.
Anfang März hat die Bundesregierung nun endlich im Bundesrat zum Ansinnen
der Bundesländer Stellung genommen, Transporte in bestimmte Drittstaaten
pauschal zu verbieten. Die Antwort enttäuschte die Ländervertreter und
entsetzte Tierschützer. Ein nationales Verbot sei nicht möglich, hieß es
darin, dem stünde das EU-Handelsrecht entgegen.
„Es gibt mindestens drei Rechtsgutachten, die das Gegenteil sagen –
darunter eines des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages“, sagt Ina
Müller-Arnke von „Vier Pfoten“. Vier Pfoten ruft gemeinsam mit anderen
Tierschutzorganisationen zu einer großen Demo am Samstag in Aurich auf.
[4][Denn Aurich gehört immer noch zu den größten Drehscheiben für diese Art
von Transporten.] Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres sind von
dort 25 LKWs Richtung Marokko abgefertigt worden.
## Niedersachsen Spitzenreiter bei Genehmigungen
Überhaupt ist Niedersachsen Spitzenreiter bei diesen Genehmigungen: Von den
8.542 Rinderexporten in Länder wie Ägypten, Marokko, Russland, Türkei,
Tunesien, Libanon, Belarus und die Vereinigten Arabischen Emirate, die das
Statistische Bundesamt 2022 erfasst hat, wurden 7.489 in Niedersachsen
genehmigt.
Obwohl die jetzige [5][Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne]) stets zu den
vehementesten Kritikerinnen dieser Praxis gehörte und ihrer CDU-Vorgängerin
gern vorwarf, die rechtlichen Möglichkeiten nicht auszuschöpfen, tut sie
sich nun selbst schwer damit. Man arbeite daran, den niedersächsischen
Transport-Erlass strenger zu fassen, heißt es aus dem Ministerium.
Demo, Sa, 29. 4., 11 Uhr, Sparkassenarena; Menschenkette, 14 Uhr,
Tiersammelstelle VOSt Aurich-Schirum
28 Apr 2023
## LINKS
[1] /Lebendtier-Exporte/!5728726
[2] /Klage-gegen-Amtsveterinaere/!5618232
[3] /Vorlaeufiger-Erlass-in-Schleswig-Holstein/!5576095
[4] /Verwaltunsggericht-erlaubt-Transport/!5766310
[5] https://www.miriam-staudte.de/
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Tiertransporte
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