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# taz.de -- US-Republikaner zu trans Sportlerinnen: Wann ist eine Frau eine Fra…
> Ein neues US-Gesetz soll verhindern, dass trans Athletinnen an
> Wettkämpfen teilnehmen können. Der demokratisch dominierte Senat wird es
> ablehnen.
Bild: Lia Thomas (re.) vor ihrem Start über 200 Yards Freistil bei den US-Coll…
Keine Sorge, die entscheidende Hürde wird der „Protection of Women and
Girls in Sports Act“, den die Republikaner am Donnerstag im
US-Repräsentantenhaus mit 219 zu 203 Stimmen beschlossen haben, nicht
nehmen. Der demokratisch dominierte Senat wird das Gesetz ablehnen. Es
zielt darauf, die Teilnahme von trans Sporterinnen an Wettkämpfen zu
verhindern. Dafür nimmt es sich ausgerechnet „Title IX“ vor. Das ist das
Gesetz, das seit 1972 die gleiche Förderung von Frauen- und Männersport an
Highschools und Colleges vorschreibt. Die Republikaner fordern nun, dass
Title-IX-Gelder gestrichen werden, wenn etwa ein College trans
Sportlerinnen in seinem Frauensportprogramm mitmachen lässt.
Als Donald Trump im Februar 2021 nach seiner Abwahl erstmals wieder vor
seine Anhänger trat, drehte sich die Hälfte seiner Rede um Transgender im
Sport: Trump versprach, die „Integrität des Frauensports schützen“, die
„natürliche Ordnung“ zu verteidigen. Auch am Donnerstag hatte der
Republikaner Greg Steube die Bibel bemüht, die beweise, dass „seit
Tausenden von Jahren in der Menschheitsgeschichte“ nur zwei Geschlechter
existierten, Männer und Frauen.
Im März 2022 hatte die trans Schwimmerin [1][Lia Thomas] bei den
US-College-Meisterschaften über 500 Yards Freistil gewonnen. Dass sie über
200 Yards Fünfte, über 100 nur Achte geworden war, wurde nur wenig
[2][beachtet]. Auch dass sie die ihr gestellten [3][Regeln] erfüllt hatte,
wurde wenig berichtet: Weniger als 5 Nanomol Testosteron pro Liter über 36
Monate wies sie auf.
In der Zeit ihrer Geschlechtsanpassung hatte Thomas deutlich Muskelmasse
verloren, und ihre Ausdauerwerte waren zurückgegangen. Zu Beginn ihres
Studiums war sie als Mann für die University of Pennsylvania geschwommen –
meist vorne. Thomas hatte gute Chancen, bei den Olympischen Spiele in Tokio
zu schwimmen. Aus Angst, die Schwimmkarriere könnte zu Ende gehen, schob
sie den Beginn einer Hormontherapie vor sich her. Im Frühjahr 2019 begann
sie doch mit der Transition. „Ich habe die Therapie gemacht, wissend und
akzeptierend, dass ich vielleicht nicht mehr schwimmen kann“, sagte sie.
## Renée Richards war eine Vorgängerin
Wegen der Therapie und auch wegen der Covid-Pandemie nahm sie erst im
Spätsommer 2021 wieder das Training auf. Die Kraft war nicht mehr dieselbe,
die Fettverteilung hatte sich geändert, ihre schwimmerischen Leistungen
wurden schlechter, aber gegen andere Frauen schwamm sie immer noch sehr
gut. „Ich fühlte mich mental sehr schnell viel besser und gesünder“, sagte
sie. „Die Erleichterung, die mir durch die Therapie zu teil wurde, war
ziemlich groß.“
Aber sie wurde zum Objekt der [4][Kritik], ja des Hasses. Demonstranten
forderten bei Wettkämpfen ihren Ausschluss. Die dreifache
Schwimmolympiasiegerin Nancy Hogshead-Makar, die als Juraprofessorin für
die Rechte von Frauen im Sport kämpft, formulierte einen offenen Brief, den
16 Mannschaftskollegen und -kolleginnen aus Thomas’ Schwimmteam
unterzeichneten. Etwa sechs bis acht Aktive des Teams unterstützten
hingegen Thomas.
Der 23-fache Olympiasieger Michael Phelps sagte, einerseits sei er nicht
sicher, ob gleiche Bedingungen herrschen, andererseits gelte für Thomas
auch: „Wir alle sollten uns in unserer eigenen Haut wohlfühlen.“ Auch die
später Dritt- und Viertplatzierten des angeblich sporthistorischen
500-Yards-Rennens hatten sich für Thomas’ Recht auf Teilhabe am Sport
ausgesprochen.
Neu ist die Debatte um trans Sportlerinnen – seltener um trans Sportler –
nicht. Die Tennisspielerin Renée Richards klagte 1977 erfolgreich ihr Recht
ein, an den US Open der Frauen teilnehmen zu dürfen. Das Gericht urteilte,
durch die Transition sei sie „in jeder Hinsicht“ eine Frau. Umstritten war
Richards, die später als Trainerin von Martina Navratilova arbeitete, auch,
aber derart angefeindet wie Lia Thomas wurde sie nicht.
Das Klima im US-Sport hat sich gewandelt. Die Historikerin Susan Cahn
(University of Buffalo) berichtet von einem Fall aus Texas: Dort forderten
Väter bei einem Mädchenfußballspiel das deutlich in Führung liegende Team
auf, seine drei besten Spielerinnen in die Kabine zu schicken, damit die
Eltern dort deren Geschlecht überprüfen könnten. Und die Psychologin Joan
Steidinger berichtet von einem Fall, der 2017 in Nebraska passierte: Über
ein 8-jähriges afroamerikanisches Mädchen, das mit kurzen Haaren Fußball
spielte, ging das Gerücht, sie sei ein Junge. Ihr Team wurde
disqualifiziert.
Ähnliche Gesetze, wie es die Republikaner nun vorgelegt haben, sind in 21
Bundesstaaten schon Realität. Von dortigen Schulbehörden gibt es
Beschwerden, dass sie zur Einhaltung des Gesetzes Genitalien untersuchen
müssten, wie die Washington Post berichtet. „Wie überprüfen Sie denn die
‚reproduktive Anatomie‘ einer Frau?“, rief die Demokratin Pramila Jayapal
den republikanischen Abgeordneten am Donnerstag zu. „Wenn ein junges
Mädchen, wenn Ihre Tochter nicht weiblich genug aussieht, wird sie dann
einer Untersuchung unterzogen?“
21 Apr 2023
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## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Frauensport
Trans
US-Sport
American Pie
Kolumne Erste Frauen
Transgender
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Sport
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