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# taz.de -- Umweltwissenschaftler über Hoffnung: „Bin nicht der Schwarzseher…
> Lesung in Osnabrück: Warum der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von
> Weizsäcker trotz allem Hoffnung für die Weltgesellschaft aufbringt.
Bild: Peinlich, wer sich nicht an alte Beschlüsse hält: Ober-Bayer Markus Sö…
taz: In Tagen wie unseren Umweltschutz-Mahner zu sein: Kann das etwas
anderes bedeuten als Frustration, Herr von Weizsäcker?
Ernst Ulrich von Weizsäcker: Ich bin nicht der Schwarzseher-Typ. Außer
Klima gibt’s viele andere Themen, etwa [1][die Ukraine und den Frieden].
Und beim Klima müssen wir weltweit denken. Also Realpolitik.
Sie lesen aus einem Buch, dessen Titel mit „So reicht das nicht!“ beginnt
und mit „Was wir in der Klimakrise jetzt wirklich brauchen“ endet. Was
reicht denn nicht – und was brauchen wir?
Eigentlich wollte ich gar kein neues Buch schreiben. Aber der Verleger hat
mich gefragt: Gibt es etwas, über das Sie sich gerade ärgern? Das war im
Wahlkampfjahr 2021. Die Vertreter der vernünftigen Parteien haben alle
gesagt: Wir wollen Klimaschutz machen! Das hat mich sehr gefreut. Dann habe
ich mir die Details angesehen. Und alles, was denen eingefallen ist:
Deutschland, Deutschland, Deutschland. Das hat mich enttäuscht. Die
deutschen Emissionen machen zwei Prozent der Emissionen der Welt aus. Wenn
es uns wirklich ernst ist mit dem Klimaschutz, müssen wir auch
Klima-Außenpolitik machen.
Was braucht es jetzt?
Wir müssen uns physikalisch und meteorologisch klar machen, was sich in den
vergangenen 50 Jahren verändert hat. Und wir müssen wissenschaftlich
erkennen, wie man der Verschlechterung Herr wird.
Geht das denn?
Das ist nicht ganz einfach. Aber es gibt positive Beispiele. Ich war im
Bundestag, als wir [2][das Erneuerbare-Energien-Gesetz beschlossen]. Wir
haben durchgesetzt, dass eine kostendeckende Vergütung an alle gezahlt
wird, die unseren Energiehunger mit Solar- und Windenergie, mit Biomasse
und Wasserkraft befriedigen. Viele fanden das finanziell riskant. Aber wenn
Millionen Deutsche sich Fotovoltaik aufs Dach oder auf ihren Acker setzen,
wird das immer billiger. 20 Jahre später kostete eine Kilowattstunde
Fotovoltaik nicht mehr 1 Euro, sondern 5 Cent. Eine fantastische Leistung!
Apropos reichen: Viele sagen derzeit, es reiche jetzt langsam mit den
Klimaprotesten. Was sagen Sie den Klimaprotestierenden da draußen?
Zu denen bin ich betont freundlich. Ich sage zu ihnen: Wenn ich in eurem
Alter wäre, wäre ich auch besorgt. Ich weiß ja ganz genau: Wenn diese
globale Erwärmung sich fortsetzt, kann es geschehen, dass der Meeresspiegel
so steigt, dass es für manche Städte schwierig wird; dass Äcker und Wälder
verdorren. Da würde ich auch [3][auf die Straße gehen]. Ich finde es
richtig, dass die junge Generation eine Kehrtwende fordert. Das ist
legitim.
Wir leben in Tagen, in denen vermeintliche Sachzwänge dazu führen, dass
[4][Fracking-Gas kein Tabu mehr] ist, FDP und CDU über eine
AKW-Laufzeitverlängerung reden. Was muss geschehen, damit dieser Backlash
nicht siegt?
Eine sehr gute Frage. Ich habe da keine gute Antwort. Wenn ich mir Bayerns
Ministerpräsidenten anhöre in Sachen Kernenergie, muss ich sagen: Peinlich,
dass Leute sich an alte Beschlüsse nicht halten wollen. Die friedliche
Kernenergie ist physikalisch eng mit der kriegerischen verwandt. Ich möchte
nicht, dass man aus Gründen des Energiehungers auf einmal mühelos
fürchterliche Atomwaffen machen kann. Für mich ist der Ausstieg aus der
Atomenergie ein Glücksfall auch für den Frieden.
Sie sind SPD-Mitglied. Sind Sie derzeit stolz auf Ihre Partei?
In der Geschichte der SPD ging es historisch in erster Linie um soziale
Verbesserungen. Inzwischen ist die SPD die Partei, die – mit den Grünen –
europaweit [5][die ehrlichste und klimafreundlichste Politik] macht.
22 Apr 2023
## LINKS
[1] /Friedensbewegung-und-Ostermaersche/!5923326
[2] /Erneuerbare-Energien/!t5007748
[3] https://letztegeneration.de/
[4] /Christian-Lindners-Fracking-Traeume/!5898704
[5] /Versaeumte-Klimapolitik/!5926236
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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