| # taz.de -- Niederschlag und Grundwasser in Berlin: Steigende Sättigungsgrade | |
| > Der regenreiche Winter macht Hoffnung für die dürregeplagte Vegetation | |
| > der Stadt. Beim Grundwasser dauert die Erholung deutlich länger. | |
| Bild: Waren schon länger kein gewohntes Bild mehr in Berlin: Regenschirme | |
| Berlin taz | So viel Regen hat die Hauptstadtregion schon länger nicht mehr | |
| gesehen: Mit den für den Freitag angekündigten Niederschlägen dürfte deren | |
| Summe in den ersten drei Monaten des Jahres auf 160 bis 180 Liter pro | |
| Quadratmeter steigen. Das entspricht, je nachdem, wo im Stadtgebiet | |
| gemessen wird, schon der Hälfte der gesamten Niederschläge des vergangenen | |
| Jahres: Die Wetterstation in Dahlem markierte 2022 den Trockenheitsrekord | |
| mit 356 Litern über das gesamte Jahr. | |
| Solche Werte, wie sie auch schon im Dürrejahr 2018 gemessen wurden, sind | |
| extrem niedrig und liegen gerade mal bei gut 60 Prozent des sogenannten | |
| langjährigen Niederschlagsmittels, das in Berlin bei rund 580 Litern liegt. | |
| Wobei es sich um einen Durchschnittswert handelt, der im Laufe der Zeit | |
| sinkt – weil trocken eben das neue normal ist. | |
| Besonders die März-Niederschläge waren in diesem Jahr sehr ergiebig: Laut | |
| dem Dienst Wetterkontor waren es in Tempelhof schon am 30. März über 60 | |
| Liter – mehr als das Anderthalbfache des langjährigen Mittels. Das | |
| kontrastiert ganz besonders mit dem März 2022, in dem nur 1 bis 2 Liter | |
| fielen. Im Grunde also: nichts. | |
| Dieses Jahr sieht es also erst einmal gut aus für die Vegetation der Stadt. | |
| Durch die Niederschläge seit Jahresbeginn seien „je nach Stadtlage die | |
| Bodenwasserspeicher bis in 100 Zentimeter Tiefe gut gefüllt“, heißt es in | |
| einem Papier der Senatsumweltverwaltung. „Auch an zahlreichen Messpunkten | |
| zur Bodenfeuchte ist eine deutliche Wassersättigung des Bodens bis in eine | |
| Tiefe von 85 Zentimeter vorhanden.“ Die Stadtbäume – und alle kleineren | |
| Gewächse natürlich auch – können aus dem Vollen schöpfen. | |
| Das kann sich allerdings schnell ändern, zumal mit den steigenden | |
| Temperaturen in den vergangenen Tagen die „Knospenschwelle und der Austrieb | |
| einiger Gehölze in Gang“ gekommen sei, so das Papier der Umweltverwaltung. | |
| Damit erhöhe sich auch der Wasserverbrauch der Pflanzen deutlich, was die | |
| Sättigungskurve wieder abfallen lasse. | |
| Im Moment lasse sich „nicht einschätzen, inwieweit Trockenheit in dieser | |
| Vegetationsperiode erneut ein maßgeblicher Stressfaktor für die Gehölze | |
| darstellt“, heißt es weiter. Falle der April wie in vielen der vergangenen | |
| Jahre niederschlagsarm aus, müssten „gegebenenfalls zusätzliche | |
| Bewässerungsgaben“ den Trockenstress ausgleichen. | |
| ## Hoffnung fürs Grundwasser | |
| Auch für das Grundwasser, aus dem Berlin bekanntlich sein Trinkwasser | |
| gewinnt, gibt es also Hoffnung. „Es ist davon auszugehen, dass die | |
| Grundwasserstände bis zum Ende des hydrologischen Winterhalbjahres (Ende | |
| April) im gesamten Stadtgebiet ansteigen werden“, so die Einschätzung der | |
| Umweltverwaltung. Mit einer grundsätzlichen Erholung der Grundwasserstände | |
| in den Normalbereich sei aber „auf den Hochflächen voraussichtlich nicht zu | |
| rechnen“. | |
| Tatsächlich kommt es beim Grundwasser sehr auf die Lage im Stadtgebiet an: | |
| Im tiefer liegenden Urstromtal, das entlang der Spree die Innenstadt | |
| durchzieht, sind die Stände über lange Zeiträume sehr stabil und befinden | |
| sich auch jetzt auf normalem Niveau – rund um die stillgelegten Wasserwerke | |
| Johannisthal und Jungfernheide sind sie sogar weiterhin „extrem hoch“. | |
| Auf den Hochflächen Teltow im Süden und Barnim im Norden liegen die Stände | |
| dagegen ausgesprochen niedrig. Im Fall der Barnim-Hochfläche haben sie sich | |
| seit dem Tiefststand im vergangenen August – rund 1 Meter unter | |
| Normalniveau – zwar wieder leicht erhöht. BesitzerInnen von | |
| Grundwasserpumpen, etwa zur Gartenbewässerung, haben in diesen Bereichen | |
| aber weiterhin ein Problem. Für die Trinkwasserversorgung der Stadt spielen | |
| diese Stände dagegen keine allzu große Rolle: Die Gewinnung findet | |
| größtenteils im Urstromtal oder in Ufernähe der Havel statt. | |
| ## Tücken der Versickerung | |
| Für die Versickerung von Niederschlägen im Stadtgebiet ist übrigens | |
| durchaus von Bedeutung, wann diese fallen. Regnet es ausgiebig vor Beginn | |
| der Vegetationsperiode wie in diesem Jahr, kommt deutlich mehr im | |
| Untergrund an als später im Jahr. Dann nämlich verdunstet viel mehr von dem | |
| Wasser, das sich im Laub von Bäumen und Sträuchern fängt. | |
| Laut dem vom Senat herausgegebenen „Umweltatlas Berlin“ hat das den | |
| kuriosen Effekt, dass in der hoch versiegelten Innenstadt übers Jahr hinweg | |
| betrachtet fast so viel Niederschlag versickert wie in den Wäldern – rund | |
| 120 Liter pro Quadratmeter. Deutlich mehr dringt in den lockerer bebauten | |
| Siedlungsgebieten des städtischen Außenbereichs in den Untergrund vor. Vor | |
| allem dort, wo diese noch nicht kanalisiert sind, können das sogar mehr als | |
| 400 Liter sein. | |
| 31 Mar 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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