| # taz.de -- Studie über Folgen der Klimakatastrophe: Seen trocknen aus | |
| > Bei rund jedem zweiten großen See geht der Wasserstand zurück. Laut einer | |
| > Studie liegt das an den üblichen Verdächtigen. Aber sie nennt auch | |
| > Lösungen. | |
| Bild: Ein ausgetrockneter Stausee 100 Kilometer nördlich von Barcelona | |
| Boulder dpa | Mehr als die Hälfte der größten Seen weltweit verliert | |
| Wasser. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach der | |
| Auswertung von Satellitendaten in der Fachzeitschrift Science. Die | |
| Austrocknung geht den Wissenschaftlern zufolge größtenteils auf die | |
| Erwärmung des Klimas und menschlichen Verbrauch zurück. | |
| Natürliche Seen und Stauseen speichern etwa 87 Prozent des Süßwassers der | |
| Erde, obwohl sie nur 3 Prozent der Landfläche bedecken, schreibt die | |
| Gruppe. Doch vielerorts sind diese Wasserreservoirs bedroht: So vermeldete | |
| der Nordosten Spaniens erst kürzlich, dass die Stauseen in Katalonien nach | |
| monatelanger Dürre im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt sind – vor | |
| einem Jahr waren es noch 58 Prozent. In Italien wurde für den Gardasee | |
| kürzlich ein [1][ungewöhnlich niedriger Wasserstand] verzeichnet. | |
| Schon in den vergangenen Jahren ergaben Studien, dass das Volumen von Seen | |
| weltweit schrumpft, wobei immer wieder der Klimawandel als Faktor für die | |
| Entwicklung genannt wurde. Welchen Einfluss kurz- und langfristige | |
| Klimaschwankungen global auf das in Seen gespeicherte Wasser genau nehmen, | |
| ist allerdings schwer zu bestimmen, da auch menschliche Aktivitäten wie die | |
| Bewirtschaftung von Stauseen, Wasserentnahmen und Landnutzungsänderungen | |
| eine Rolle spielen. | |
| Die Studie des Teams um den Hydrologen Fangfang Yao von der University of | |
| Colorado in Boulder zeichnet nun ein genaueres Bild. Die Forschenden | |
| entwickelten eine Technik zur Messung von [2][Veränderungen der | |
| Wasserstände] in fast 2000 der größten Seen und Stauseen der Welt, die | |
| zusammen grob 90 Prozent des in Seen gespeicherten Süßwassers beinhalten. | |
| ## Verantwortlich sind Klimawandel und Verbrauch | |
| Um Veränderungen der Wasserstände zu erfassen, nutzte das Team 250.000 | |
| Satellitenaufnahmen von 1992 bis 2020. Das Ergebnis: 53 Prozent der Seen | |
| weltweit verzeichneten zum Teil erhebliche Wasserverluste. Im Schnitt | |
| betrug dieser insgesamt etwa 22 Gigatonnen pro Jahr. Das entspricht knapp | |
| der Hälfte des Wasservolumens des Bodensees, der selbst auf einer zur | |
| Studie veröffentlichten interaktiven Karte als schrumpfendes Gewässer | |
| geführt wird. | |
| Um diese Entwicklung zu erklären, nutzten die Wissenschaftler Klima- und | |
| Hydrologiemodelle. Demnach sind für den Volumenrückgang natürlicher Seen in | |
| erster Linie der Klimawandel und menschlicher Verbrauch verantwortlich. Ein | |
| Wasserschwund war dabei – entgegen früherer Studien – nicht nur in | |
| trockenen, sondern auch in feuchten Weltregionen wie den Tropen | |
| nachweisbar. | |
| Mit Blick auf Stauseen stellte das Forschungsteam für zwei Drittel dieser | |
| Gewässer [3][erhebliche Wasserverluste] fest. Hier waren vor allem | |
| Ablagerungen ursächlich. Dazu kommt es, weil Staumauern den natürlichen | |
| Abtransport von Sedimenten in Flüssen wie etwa Sand, Kies oder Geröll | |
| blockieren. Über die Zeit sammeln sich diese Ablagerungen in Stauseen an | |
| und verringern so deren Volumen. | |
| Erst kürzlich hatte eine UN-Studie im Fachblatt „Sustainability“ gewarnt, | |
| dass die weltweiten Stauseen bis 2050 rund ein Viertel ihrer ursprünglichen | |
| Speicherkapazität durch den Eintrag von Sedimenten zu verlieren drohen. Für | |
| Deutschland wurde ein Volumenverlust von 35 Prozent vorhergesagt. | |
| ## Mögliche Lösung für Wasserknappheit | |
| Während der aktuellen Arbeit zufolge die Mehrheit der Seen weltweit | |
| schrumpft, gab es bei 24 Prozent einen deutlichen Anstieg des | |
| Wasservolumens. Dazu gehören Gewässer in wenig bevölkerten Gebieten des | |
| inneren tibetischen Plateaus, in den Great Plains der USA sowie Regionen | |
| mit neuen Stauseen wie den Flussgebieten des Jangtse, des Mekong und des | |
| Nils. Auch die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern wird auf der zur Studie | |
| gehörenden interaktiven Karte als See mit wachsendem Volumen verzeichnet. | |
| Die Autoren betonen, ihre Analyse sei nicht nur eine Bestandsaufnahme, | |
| sondern enthalte auch Hinweise auf mögliche Lösungen. „Wenn der menschliche | |
| Verbrauch ein wichtiger Faktor für den Rückgang der Wasserspeicher in den | |
| Seen ist, können wir uns anpassen und neue Strategien erforschen, um den | |
| Rückgang in großem Maßstab zu verringern“, sagt Mitautor Ben Livneh. | |
| Als Beispiel nennt er den Sewansee in Armenien, bei dem eine | |
| Reglementierung der Wasserentnahme dafür gesorgt habe, dass sich das | |
| Volumen vergrößerte. | |
| Wie wichtig solche Gesetze weltweit wären, betont Geophysikerin Sarah | |
| Cooley von der University of Oregon in einem Kommentar zur Studie. Sie | |
| verweist auf das Ergebnis, dass schätzungsweise fast ein Viertel der | |
| Weltbevölkerung in einem Einzugsgebiet mit einem großen, austrocknenden See | |
| lebe: „In Anbetracht der Bedeutung dieser Seen für Ökosysteme, | |
| Wasserversorgung, Bewässerung und/oder Wasserkraft sind die potenziellen | |
| Folgen des Austrocknens von Seen sowohl lokal als auch global von | |
| Bedeutung.“ | |
| 19 May 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Trockenheit-in-den-Niederlanden/!5884865 | |
| [2] /Bilanz-2022-der-Berliner-Wasserbetriebe/!5924672 | |
| [3] /Niederschlag-und-Grundwasser-in-Berlin/!5925495 | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Trockenheit | |
| Dürre | |
| klimataz | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Berliner Wasserbetriebe | |
| Regen | |
| Trockenheit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wenn Staaten das Wetter manipulieren: Regen per Knopfdruck | |
| Wie man Regen macht, wird seit über 80 Jahren erprobt. Aber sollten wir | |
| Menschen das Wetter überhaupt manipulieren – und wer entscheidet darüber? | |
| Bilanz 2022 der Berliner Wasserbetriebe: Es muss nicht so viel Wasser sein | |
| Die BerlinerInnen kommen trotz Trockenheit mit weniger Wasser aus. Das | |
| reicht jedoch nicht, denn das Grundwasser ist weiter auf einem Tiefstand. | |
| Niederschlag und Grundwasser in Berlin: Steigende Sättigungsgrade | |
| Der regenreiche Winter macht Hoffnung für die dürregeplagte Vegetation der | |
| Stadt. Beim Grundwasser dauert die Erholung deutlich länger. | |
| Trockenheit in den Niederlanden: Mangel an Trinkwasser droht | |
| Die Trockenheit ist vorbei, ihre Folgen noch längst nicht: Die | |
| Wasserversorger der Niederlande schlagen Alarm und fordern sofortiges | |
| Eingreifen. |