# taz.de -- Bundeskanzler Scholz in Rumänien: Ein Blick hinter die Karpaten | |
> Rumänien empfängt den deutschen Bundeskanzler. Das Land will kein Partner | |
> zweiter Klasse sein – weder in der EU noch in der Nato. | |
Bild: Rumäniens Präsident macht gegen den Bundeskanzler eine überragende Fig… | |
BUKAREST taz | Es passiert Olaf Scholz nicht oft, dass er bei Reisen nach | |
Osteuropa nur Freundliches hört. Nichts von Nord Stream 2, keine Kritik | |
daran, dass er mit Wladimir Putin telefoniert. In Bukarest scheint man froh | |
zu sein, dass [1][der deutsche Bundeskanzler kommt], wenn auch nur für | |
einen Kurztrip. | |
Der rumänische Staatspräsident [2][Klaus Iohannis, seit 2014 im Amt], | |
betont, dass man „in Nato und EU gemeinsame strategische Interessen“ | |
verfolge. Deutschland sei der wichtigste Handelspartner und der zweitgrößte | |
Investor in Rumänien, so Iohannis. Und er bedankt sich freundlich für | |
Scholz' Besuch. | |
Zuletzt war [3][Angela Merkel 2010 in Bukarest]. Rumänien liegt etwas im | |
Windschatten des öffentlichen und regierungsamtlichen Interesses in | |
Deutschland. Es gibt keinen Dauerstreit wie mit Polen, keinen Autokraten | |
wie in Ungarn. Das deutsch-rumänische Verhältnis läuft störungs- und | |
geräuscharm. | |
Folgt man Scholz und Iohannis, gilt das auch für die EU. Man ist gemeinsam | |
für die Aufnahme der Westbalkan-Staaten, der Ukraine und von Moldau. | |
Allerdings ohne ein Datum zu nennen. | |
## Unterstützung für Schengen-Beitritt | |
Nur das Nein der EU zur Aufnahme Rumäniens in den Schengen-Raum, verursacht | |
durch das Veto aus Österreich, hat in Bukarest für Verbitterung gesorgt. Es | |
gebe viel illegale Migration über Rumänien, etwa aus der Republik Moldau, | |
hieß es aus Wien. Das stimmt so nicht, findet Rumänien. | |
Berlin unterstützt die rumänische Haltung. Deutschland hält die Aussichten | |
für Rumänien für besser als für Bulgarien, das ebenfalls nicht zu Schengen | |
gehört. Scholz bescheinigt beim Pressetermin an der Seite von Iohannis, | |
dass Rumänien „alle Voraussetzungen für die Vollmitgliedschaft im | |
Schengen-Raum erfüllt hat“. | |
So seien rechtsstaatliche Verfahren für Geflüchtete und Grenzsicherung | |
gewährleistet. Zudem sei ja der rechtsstaatliche Kontrollmechanismus der | |
EU, der Check in Sachen Rechtsstaat und Korruption, aus guten Gründen | |
beendet worden. | |
Scholz hofft, dass „der Schengen-Beitritt dieses Jahr gelingt“, und | |
verspricht, dass sich Berlin dafür in der EU einsetzen wird. Iohannis ist | |
„optimistisch, dass der Beitritt dieses Jahr kommt“. | |
Ob man jetzt Teil des Schengen-Raums ist oder nicht, ist für die Rumänen | |
eher symbolisch als materiell wichtig und mit keinen Reisebeschränkungen | |
verbunden. Aber man fühlte sich als EU-Bürger zweiter Klasse behandelt. | |
Zumal man den Antrag auf Schengen-Mitgliedschaft schon vor 12 Jahren | |
stellte. Ein rumänischer Minister kündigte beleidigt an, Rumänen würden nun | |
nicht mehr zum Skifahren nach Österreich fahren. Auch eine eher | |
übersichtliche Drohung. | |
Aber das Schengen-Nein mobilisiert in dem EU- und Nato-Land Ängste. Was, | |
wenn der Konflikt mit Russland doch noch eskaliert? Ist man dann auch ein | |
Nato-Staat zweiter Klasse? | |
## Rheinmetall baut Logistikzentrum | |
Der Krieg ist in Rumänien nah, die Grenze zur Ukraine lang. 3,8 Millionen | |
Menschen, sagt Iohannis, seien aus der Ukraine nach Rumänien geflohen, | |
110.000 seien geblieben. Die Angst vor Russland ist präsent. Der rumänische | |
Militäretat wurde auf 2,5 Prozent des BIP erhöht. | |
Scholz und Iohannis betonen mehrfach, wie einig man sich in der | |
Verurteilung des russsischen Angriffskrieges sei – inklusive der | |
Unterstützung der Republik Moldau, der man mit Gas- und Stromlieferungen | |
aus der Abhängigkeit von Russland helfe. | |
Zwei Dutzend Kampfflugzeuge und Abfangjäger aus USA, Italien und | |
Deutschland wurden in Rumänien stationiert, neue Basen gebaut. Und der | |
Rüstungskonzern Rheinmetall wird an der rumänisch-ukrainischen Grenze | |
[4][ein Wartungs- und Logistikzentrum] für Panzer, Haubitzen und | |
Militärfahrzeuge bauen. Das ist zentral für die effektive Waffenhilfe des | |
Westens für die Ukraine. | |
In Rumänien sieht man das mit Wohlwollen, redet aber nicht viel darüber. | |
Man hat mal ein paar ukrainische Hubschrauber auf rumänischem Gebiet landen | |
lassen, aber nur ausnahmsweise. | |
Iohannis kommentiert den Plan von Rheinmetall denn auch eher als ökonomisch | |
gute Botschaft: Man sei immer froh über deutsche Investitionen. Auf den | |
militärisch-logistischen Aspekt geht nur Scholz ein. | |
Bukarest will nah an Berlin, Brüssel und Washington sein – aber der Wunsch | |
ist stark, bloß nicht direkt in den Krieg verwickelt zu werden. | |
3 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/bundeskanzler-scholz-reist-nac… | |
[2] /Praesidentenwahl-in-Rumaenien/!5028506 | |
[3] ttps://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/reise-nach-bulgarien… | |
[4] https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2023-04/58726564-rheinmetall-w… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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