# taz.de -- Missachtung des Bürgerwillens: Das Volk bin ich | |
> CDU und SPD missachten in ihrem Koalitionsvertrag die Ergebnisse direkter | |
> Demokratie. Abgeräumt werden drei Volksentscheide und ein -begehren. | |
Bild: Franziska Giffey und Kai Wegner | |
Die Verachtung direkter Demokratie und des Bürger:innenwillens zieht | |
sich wie ein roter Faden durch den Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Die | |
Ergebnisse gleich dreier Volksentscheide und eines Volksbegehrens sollen | |
ignoriert oder konterkariert werden. | |
Beide Parteien lassen damit jeden Respekt vor demokratischer Mitbestimmung | |
vermissen. Und diese ist eh schon mit hohen Hürden versehen. Stattdessen | |
gefallen sich Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD) ganz | |
offensichtlich in der Rolle des Sonnenkönigs Ludwig XIV., ganz nach dem | |
Motto: „Das Volk bin ich.“ | |
Weil sie das aber nicht offen aussprechen, verstecken sie das Abräumen der | |
Volksentscheide hinter Floskeln und schön gefärbten Absichtserklärungen. | |
Statt „Enteignung wird es mit uns nicht geben“, steht | |
„Vergesellschaftungsrahmengesetz“ im Vertrag. Dieses Gesetz soll laut | |
CDU/SPD die Grundlage für mögliche Vergesellschaftungen bilden, tatsächlich | |
jedoch ist es völlig überflüssig und dient der Koalition einzig dazu, Zeit | |
zu gewinnen. | |
Das verschleiern sie noch nicht einmal. Ohne jede Erklärung heißt es: „Das | |
Gesetz tritt zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft.“ Damit rettet sich | |
die drohende Koalition mit Pseudoaktivität über ihre verbleibende | |
dreieinhalbjährige Legislatur. Vollkommen zu Recht zeigte sich die | |
Initiative Deutsche Wohnen & Co Enteignen „entsetzt über die | |
antidemokratische Haltung der beiden Parteien“. | |
## Symbol Tempelhofer Feld | |
Entsetzt müssen auch jene sein, die das Tempelhofer Feld als Freifläche | |
erkämpft haben und damit den Menschen der Stadt und dem Klima einen großen | |
Gefallen getan haben. Der penetrante Wunsch, es nun doch zu bebauen, ist, | |
man kann es nicht anders sagen, ein Stinkefinger für die rot-grüne | |
Klientel, die man im Wohnumfeld und beim Relaxen auf dem Feld vermutet. | |
Angesichts von definierten Freiflächen für 212.000 Wohnungen in der Stadt | |
sind die geplanten 5.000 Wohnungen nichts als ein Symbol. Schwarz-Rot | |
möchte mit einem städtebaulichen Wettbewerb Fakten schaffen und sich das | |
danach absegnen lassen. Man bitte die Berliner:innen um eine | |
„Neubewertung“, so der unausgereifte Plan. | |
Gar nicht mehr fragen wollen CDU und SPD bei der Einführung von Religion | |
als Wahlpflichtfach. Auch das widerspricht klar dem Willen der | |
Berliner:innen, die nicht nur zu 80 Prozent keiner christlichen Kirche | |
angehören, sondern sich 2009 gegen das Unterrichtsfach Religion als | |
Alternative zu einem gemeinsamen Ethik-Unterricht ausgesprochen hatten. Vor | |
allem die CDU opfert hier den erklärten Willen des Volkes ihren | |
Klientelinteressen und schafft sich angesichts des schon jetzt großen | |
Lehrer:innenmangels selbst neue Probleme. | |
Zu guter Letzt vergreifen sie sich auch noch am Radgesetz, das infolge | |
eines Volksbegehrens beschlossen wurde. Kai Wegner kündigte schon mal an, | |
die definierte Regelbreite von 2,30 Meter für Fahrradwege abschaffen zu | |
wollen; auch der anvisierte Ausbau wird wohl nicht mehr kommen. Gefördert | |
wird nur noch die Fahrradstaffel der Polizei. Armes Berlin. | |
4 Apr 2023 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen | |
Direkte Demokratie | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Koalitionsvertrag | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Initiativen feiern auf Tempelhofer Feld: Viel Rummel um Demokratie | |
Am Himmelfahrtstag laden Initiativen aufs Tempelhofer Feld. Der Maientag | |
findet unter dem Motto „Viel Rummel um Feld und Vergesellschaftung“ statt. | |
Mitgliederentscheid der Berliner SPD: Eine Partei geht sich an den Kragen | |
Ja oder Nein zur Koalition mit der CDU? Der SPD-Landesvorstand verordnet | |
der Partei Ruhe und erntet einen öffentlichen Streit in den sozialen | |
Medien. | |
Linke und Grüne zu Koalitionsvertrag: Linke und Grüne proben Opposition | |
Nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags von SPD und CDU kritisiert die | |
Linke die Pläne. Auch die Grünen sind nicht begeistert. | |
Mitgliederentscheid der Berliner SPD: Nächster Wahlkampf hat begonnen | |
Ab jetzt können die SPD-Mitglieder über die Koalition mit der CDU | |
abstimmen. Die taz hat mit den Initiatorinnen der Ja- und Nein-Kampagne | |
gesprochen. | |
Koalitionsvertrag in Berlin: An die Regierung geböllert | |
Silvester hallt nach: In der Sicherheitspolitik setzt sich die CDU auf | |
ganzer Linie durch. Die SPD bekommt relativ viele Regierungsposten. | |
Koalitionsvertrag von CDU und SPD: Das schwarz-rote Handbuch | |
Bauen, Soziales, Integration: Das Programm für die kommenden drei Jahre | |
enthält viele Absichtserklärungen, aber wenig konkrete Maßnahmen. | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin: Natürlich nur das Beste | |
CDU und SPD stellen ihren Koalitionsvertrag vor. Ein Schwerpunkt: | |
Klimaschutz und Verkehrswende. Noch muss allerdings die SPD-Basis | |
zustimmen. |