# taz.de -- Frauen-WM und TV-Rechte: Gegen die gut geölte Maschine | |
> Noch immer hat kein deutscher Sender die Frauen-WM-Rechte gekauft. Das | |
> ist ein Problem – und trotzdem ist das Zögern richtig. | |
Bild: Bezahlt von Rundfunkgebühren? Die große Show der Fifa, hier bei der Fra… | |
Seit Jahren ist „Sichtbarkeit“ eines der beliebtesten Worte im Fußball der | |
Frauen. Mehr Sichtbarkeit brauche es, vor allem im Free TV. Und besonders | |
[1][nach der beim Publikum so erfolgreichen EM] im vergangenen Jahr. | |
Ausgerechnet bei der kommenden WM in Australien und Neuseeland steht diese | |
Sichtbarkeit nun auf dem Spiel. Noch immer gibt es keinen deutschen Sender, | |
der das Turnier überträgt, obwohl die Fifa-Ausschreibungsfrist seit sechs | |
Wochen abgelaufen ist. | |
TV-Rechte wurden bisher vor allem an kleinere europäische Staaten verkauft; | |
auf den großen Märkten England, Spanien und Italien zögern die Sender | |
ebenfalls. Grund ist eine neue Konstellation. Endlich wurden die Rechte für | |
eine Frauen-WM erstmals separat ausgeschrieben und nicht im Paket mit den | |
Männern verkauft. Doch offenbar laufen die Verhandlungen zäh. ARD-Sportchef | |
Axel Balkausky kritisierte, die Fifa verlange unwirtschaftliche Summen, | |
Fifa-Boss Gianni Infantino kritisierte, Sender böten bis zu hundert Mal | |
weniger als für die Männer. Zu solchen Preisen verkaufe man nicht. | |
In der Debatte innerhalb der Frauenfußball-Bubble fiel der Schwarze Peter | |
schnell an ARD und ZDF: Die sollten gefälligst mal aktiv werden. Es könne | |
doch nicht angehen, dass eine WM im Pay TV versteckt werde, während ARD und | |
ZDF für die letzte Männer-WM (im Paket mit den Frauen) mal eben rund 214 | |
Millionen Euro zahlten. Und der fehlende Investitionswille zeige mal wieder | |
[2][den Status der kickenden Frauen] für die Sender hierzulande. All die | |
Vorwürfe sind richtig. Aber ganz so einfach ist es auch nicht. Wer so | |
argumentiert, geht dem Geschäftssinn der Fifa auf den Leim. | |
„Aus eins mach zwei“, lautet deren Devise. Und natürlich ist die Fifa | |
selbst Getriebene berechtigter Forderungen der Frauen. Sie hat das | |
Preisgeld bei dieser WM im Vergleich zur letzten auf 110 Millionen Euro | |
verdreifacht. Zur WM 2027, so Infantino, wolle man die Preisgelder komplett | |
an die der Männer angleichen. Zum jetzigen Zeitpunkt würde das 440 | |
Millionen Euro bedeuten. Die wollen refinanziert werden, und womöglich hat | |
sich die Fifa da beim Zahlungswillen der Sender verspekuliert. Zumal die | |
Übertragungszeiten aus Australien unattraktiv und die Reisekosten hoch | |
sind. | |
## Nur ein Verhandlungstrick | |
Aber um Gleichberechtigung zu schaffen, ist es weder ratsam noch nötig, | |
weitere Hunderte Millionen Euro Rundfunkgebühren an die Fifa zu verteilen. | |
Die Diskriminierungskeule ist nur ein Verhandlungstrick Infantinos. Gleiche | |
Prämien ([3][nicht zu verwechseln mit Equal Pay]) sind an und für sich ein | |
nobles Ziel. Aber wer mit Prämien arbeitet, schafft zugleich im viel | |
geringer finanzierten Fußball der Frauen noch viel dramatischere Lücken als | |
bei den Männern. Und natürlich wollen auch die Fifa-Funktionär:innen | |
fleißig einstreichen, subventioniert von öffentlich-rechtlichen Geldern. | |
Unter dem Vorwand der Gleichberechtigung versucht der schon gepamperte | |
Fußball, der Gesellschaft noch mehr aus den Rippen zu leiern. Dabei könnte | |
es ganz einfach sein. Indem die Fifa vertraglich festlegt, dass | |
Bieter:innen an Männer und Frauen die gleiche Summe für die Rechte | |
zahlen. Nicht als Paket, sondern als gleiche Summe für beide. Und zweitens: | |
Die Hälfte der Männer-Preisgelder an die Frauen gibt. Gleichberechtigung, | |
ohne die Gelddruckmaschine Fifa weiter zu ölen. Im Zögern von ARD und ZDF | |
äußert sich natürlich der Sexismus unserer Zeit. Richtig ist es trotzdem. | |
4 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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