# taz.de -- Behandlung von Parkinson: Weicher Draht für schwache Nerven | |
> Künstliche Elektroden im Gehirn können bei Parkinson Symptome lindern, | |
> sind aber schwer verträglich. Nun ist eine Alternative entwickelt worden. | |
Bild: In einer Grundlagenstudie testeten die Forscher*innen das Gel an Zebrafis… | |
Die Krankheit Parkinson, bei [1][der Nervenzellen im Gehirn] langsam | |
absterben, ist weit verbreitet. Bei Betroffenen führt sie unter anderem zu | |
Muskelzittern und Bewegungseinschränkungen. Die Deutsche Parkinson | |
Vereinigung schätzt, dass in Deutschland [2][etwa 260.000 Menschen] von der | |
neuronalen Erkrankung betroffen sind. | |
Eine Therapie zur Heilung gibt es nicht. Medikamente oder der Einbau von | |
[3][künstlichen Elektroden] können aber die Symptome lindern. Die | |
Elektroden funktionieren wie eine Art Hirnschrittmacher: Sie übernehmen die | |
Funktion der abgestorbenen Nervenzellen und leiten Signale weiter. Doch bei | |
dieser Therapie gibt es auch Probleme: Das umliegende Gewebe kann | |
beschädigt werden, wenn die Elektroden eingesetzt werden. Manchmal wird das | |
Material auch nach einer Weile vom Körper abgestoßen. | |
Forscher*innen der Universität Linköping in Schweden haben jetzt ein Gel | |
entwickelt, das die Therapie mit Elektroden in einigen Jahren ersetzen | |
könnte. Das Gel lässt sich mit einer Spritze punktgenau in den Körper | |
einführen. Es besteht aus Molekülen und Enzymen, die mit Abbauprodukten wie | |
Zucker oder Milchsäure reagieren, die natürlicherweise im Gehirn vorkommen. | |
Bei dieser Reaktion wird ein Polymer gebildet, ein langkettiges Molekül. | |
Das funktioniert wie ein weicher Draht, kann also ebenfalls Signale | |
weitergeben. Die so entstehende Elektrode hat in etwa die Konsistenz von | |
Gummibärchen. | |
## Die Studie | |
In einer Grundlagenstudie testeten die Forscher*innen das Gel an | |
Zebrafischen – mit Erfolg. Den Wissenschaftler*innen gelang es, in den | |
Flossen der Fische die erwünschten Polymere zu bilden. Die Fische zeigten | |
in den darauffolgenden Beobachtungen keine negativen Verhaltensänderungen. | |
Das besondere Potential des Gels zeigten die Wissenschaftler*innen an | |
den Herzen der Zebrafische. Dort spritzen sie ein Gemisch, das nur bei | |
einer bestimmten Glukosekonzentration reagiert. Dadurch bildeten sich die | |
Elektroden genau an der gewünschten Stelle. Die Forscher*innen hoffen, | |
dass sich so auch in Gehirnen von Menschen eine zielgenaue Therapie | |
umsetzen lässt – auch in Bereichen, in die man bisher nicht gelangt. [4][In | |
einem Beitrag für das Wissenschaftsjournal Science] beschreiben sie die | |
Vision, ein Material zu entdecken, das leitfähig, langfristig stabil, | |
ungiftig und leicht injizierbar ist. | |
## Was bringt’s? | |
Vom Fisch zum Menschen ist es ein weiter Weg. Noch steht die Forschung mit | |
Gel-Polymeren ganz am Anfang. Die Fische zeigten zwar keine | |
Auffälligkeiten, allerdings wurden sie auch nur drei Tage nach der | |
Injektion beobachtet. Jetzt ist eine Langzeitstudie notwendig. Langfristig | |
könnte die Erfindung aber bei der tiefen Hirnstimulation oder Regeneration | |
von geschädigten Nerven helfen – [5][nicht nur bei Parkinson]. Auch an | |
anderen Stellen wollen die Forscher*innen das Gel ausprobieren, zum | |
Beispiel, um den Wundheilungsprozess zu unterstützen. | |
2 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tischtennisspielerin-ueber-Parkinson/!5881492 | |
[2] https://www.parkinson-vereinigung.de/die-krankheit/haeufigkeit.html | |
[3] https://www.parkinson-vereinigung.de/die-krankheit/allgemeines-zu-therapien… | |
[4] https://www.science.org/doi/10.1126/science.adc9998 | |
[5] /Tischtennisspielerin-ueber-Parkinson/!5881492 | |
## AUTOREN | |
Ann-Kathrin Leclère | |
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