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# taz.de -- ÖVP und FPÖ arbeiten wieder zusammen: Dammbruch in Niederösterre…
> In Niederösterreich ist die rechtspopulistische FPÖ noch extremer als im
> Bund. Aber ausgerechnet dort entsteht jetzt ein neues Bündnis mit der
> ÖVP.
Bild: „Es ist keine Liebesheirat“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitn…
Wien taz | In Niederösterreich findet ein gewaltiger Tabubruch statt. Gegen
einen geradezu verzweifelten Abwehrversuch der israelitischen
Kultusgemeinde gaben am Freitagnachmittag Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und
Udo Landbauer (FPÖ) ein Arbeitsübereinkommen für die nächsten fünf Jahre
bekannt.
Die ÖVP, die bei den [1][Landtagswahlen Ende Januar] ihre absolute
Mandatsmehrheit verlor, musste sich einen Partner suchen, um regieren zu
können. Neben ÖVP (vier Sitze) und FPÖ (3) ist auch die SPÖ mit zwei Sitzen
in der Landesregierung vertreten. Das sieht die Landesverfassung so vor.
Koalitionsgespräche mit den Sozialdemokraten waren aber vergangene Woche
gescheitert.
„Es ist keine Liebesheirat“, sagte Mikl-Leitner bei der Pressekonferenz,
zeigte sich aber höchst zufrieden über das Verhandlungsergebnis, von dem
sie vor allem das Prinzip „Leistung muss sich lohnen“ in den Vordergrund
stellte. Niederösterreich solle das Land der Hauseigentümer bleiben, neue
vermögensbezogene Steuern würde es keine geben. Keiner solle außerdem
bestraft werden, wenn er das Auto benütze.
Udo Landbauer (FPÖ), der künftige Landeshauptfraustellvertreter, freute
sich, dass er seine Klientel der [2][Corona-Leugner] bedienen konnte.
Menschen, die wegen Lockdown-Verstößen bestraft wurden, sollen ihr Geld
zurück erhalten. Werbung für die Impfung soll es nicht mehr geben.
## Im Wahlkampf „rechtsextrem“, jetzt Partner
Nach den schweren Wahlverlusten vom 29. Januar, als die ÖVP zehn
Prozentpunkte und vier Landtagsabgeordnete verlor, hatte man allgemein mit
einem Bündnis ÖVP-SPÖ gerechnet. Im Wahlkampf hatte Mikl-Leitner ihren
Widersacher von der FPÖ als rechtsextrem geschmäht. Kurz von den Wahlen
2018 war bei der Germania, der deutschnationalen Burschenschaft Landbauers,
ein [3][Liederbuch mit Nazi-Liedern] gefunden worden.
Und FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl ließ jugendliche Flüchtlinge hinter
Stacheldraht internieren und erklärte jüngst bestens integrierten
migrantischen Schulmädchen bei einer TV-Diskussion, sie seien unerwünscht.
Für Mikl-Leitner eine völlig „jenseitige“ Wortmeldung. Waldhäusl wird der
neuen Landesregierung nicht angehören, sondern wechselt als Vizepräsident
in den Landtag. Die Asylthemen bleiben aber bei der FPÖ.
Landbauer, der vor fünf Jahren Mikl-Leitner als „Moslem-Mama“ mit Hijab
plakatiert und diesmal geschworen hatte, er würde sie auf keinen Fall zur
Landeshauptfrau wählen, stand der ÖVP-Frontfrau inhaltlich doch weit näher
als der neue SPÖ-Niederösterreich-Vorsitzende Sven Hergovich. Der hatte für
eine Zusammenarbeit fünf Forderungen aufgestellt, darunter flächendeckende
und kostenlose Ganztagsbetreuung im Kindergarten, Maßnahmen für
Langzeitarbeitslose, einen Heizkostenstopp und eine Strukturoffensive für
vernachlässigte Regionen. Hergovich, der sich lieber „die Hand abhacken“
wollte, als auf einen Punkt zu verzichten, hätte sich damit profilieren
können.
## Offener Brief an die Landeshauptfrau
Mikl-Leitner verwarf die Bedingungen als „standortfeindlich“, brach die
Verhandlungen ab und wandte sich der FPÖ zu. Mit der Rechtsaußenpartei
wurde sie sehr schnell handeleins. Einige der SPÖ-Vorschläge, die zum
Abbruch der Verhandlungen geführt hatten, finden sich jetzt wundersamer
Weise im Regierungsprogramm.
Fragen über die Empörung der israelitischen Kultusgemeinde beantwortete
Mikl-Leitner ausweichend. Deren Präsident Oskar Deutsch hatte sie dringend
vor dieser Koalition gewarnt, die für ihn ein „Dammbruch“ ist.
Auch zahlreiche prominente Künstlerinnen und Künstler, die in
Niederösterreich leben, darunter die Schriftsteller Robert Menasse und
Peter Turrini sowie der Kabarettist Josef Hader, hatten sich in einem
[4][offenen Brief] an die Landeshauptfrau gewandt: „Die Zukunft
Niederösterreichs liegt in einer internationalen Offenheit und im
Bekenntnis zu einer modernen demokratischen Gesellschaft in einem
gemeinsamen Europa. Eine Koalition mit der nationalistischen
fremdenfeindlichen Niederösterreichischen FPÖ stellt eine Abwendung von
diesem notwendigen Zukunftsweg dar.“
Durch diese Allianz in Niederösterreich hat sich die ÖVP auch im Bund, wo
sie bis zuletzt eine neue Koalition mit der FPÖ von [5][Herbert Kickl]
ausgeschlossen hatte, neuerlich an den alten Partner angenähert.
17 Mar 2023
## LINKS
[1] /Wahl-in-Niederoesterreich/!5911910
[2] /Corona-Proteste-in-Wien/!5816765
[3] /Kommentar-Regionalwahl-in-Oesterreich/!5480382
[4] https://mein.aufstehn.at/petitions/kein-arbeitsubereinkommen-mit-den-freihe…
[5] /Fuehrungskrise-bei-Oesterreichs-FPOe/!5772381
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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