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# taz.de -- Führungskrise bei Österreichs FPÖ: Hofer geht, Kickl kommt wohl
> Mitten im Machtkampf bei Österreichs Rechtspopulisten FPÖ geht der
> Parteichef. Hintergrund ist wohl auch ein Streit mit Fraktionschef Kickl.
Bild: Norbert Hofer (FPÖ), damaliger Präsidentschaftskandidat, spricht bei ei…
Wien taz | Die FPÖ ist immer für Überraschungen gut. Am Dienstag war es
Parteichef Norbert Hofer, der selbst zur Überraschung der engsten
Parteifreunde seinen Posten aufkündigte. Per Tweet, den er dann wieder
löschte, überrumpelte er am Nachmittag Freund und Feind mit der lapidaren
Nachricht: „Heute ist mein erster Tag nach der Reha – und mein erster Tag
nach der Tagespolitik – Ich lege meine Funktion als Bundesobmann zurück und
wünsche meinem Nachfolger alles Gute …“
Der wahrscheinliche Nachfolger heißt Herbert Kickl und war gerade mit einer
Schar von Anhängern auf dem Wiener Hausberg Rax wandern. Hofer und Kickl
hatten nach dem Abgang von Heinz-Christian Strache im Gefolge [1][der
Ibiza-Affaire vor zwei Jahren] die rechte Partei als Doppelspitze
übernommen. Hofer übernahm den Vorsitz, Kickl die Fraktionsführung.
Hofer war für den verbindlichen Diskurs zuständig und als Dritter
Nationalratspräsident auch für die Einhaltung der Etikette. Kickl, der als
aggressiver Redenschreiber und Sprücheklopfer immer in der zweiten Reihe
gestanden war, mauserte sich zum Volkstribun, der die Anhängerschaft
aufhetzte und sich den Slogan „Kurz muss weg!“ zu eigen machte. Er hatte
sich zuletzt einen Kleinkrieg mit Hofer geliefert und sich selbst als
geeigneten Mann für die Spitzenkandidatur ins Spiel gebracht.
Angesichts der Krise in der ÖVP rechnet er mit baldigen Neuwahlen. Mit dem
Kanzler verbindet ihn ein ehrlicher Hass, seit Sebastian Kurz nach dem
Ibiza-Video die Regierung platzen ließ, um ihn als Innenminister
loszuwerden. Auf dem heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige
Parteichef Strache einer vermeintlichen Oligarchennichte fette
Staatsaufträge in Aussicht gestellt, wenn sie ihn durch großzügige
Wahlspenden in die Regierung bringe.
## Kickls aggressiver Populismus
Kickl hat in der Corona-Krise [2][die nicht unbeträchtliche Schar der
Virusleugner und Lockdowngegner als neuen Wählerpool entdeckt] und die FPÖ
mit seinem aggressiven Populismus wieder auf fast 20 Prozent in den
Umfragen hochgepusht. Bei den Wahlen 2019 war sie auf 16 Prozent abgesackt,
in Wien 2020 von fast 30 auf unter 10 Prozent abgestürzt. Der Journalist
und FPÖ-Veteran Andreas Mölzer, Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift
Zur Zeit, hält Kickl deshalb für geeignet, die Partei zu übernehmen. Auch
wenn die FPÖ damit für die nächste Zeit in der Opposition verbleiben werde.
Keine Freude mit dem Abgang von Hofer hat Manfred Haimbuchner, der als
Landeshauptmannstellvertreter in Oberösterreich in aufrechter Koalition mit
der ÖVP steht und Ende September Landtagswahlen zu schlagen hat. Ein
Parteichef, der jeden Tag Gift und Galle gegen seinen Regierungspartner
spuckt, kann ihm nicht gelegen kommen. In einer ersten Stellungnahme hofft
er, „dass es gut und anständig weitergeht“ und „dass man das Einende vor
das Trennende stellt und das Intrigenspiel einstellt“.
Für Bundeskanzler Sebastian Kurz bedeutet der Abgang von Hofer eine
mögliche Koalitionsvariante weniger. Die Versuchung, seine Koalition mit
den Grünen zu sprengen, um wieder die ideologisch viel nähere FPÖ ins Boot
zu holen, wird es unter Kickl nicht geben. Dafür ist die Wahrscheinlichkeit
höher, die 265.000 Wählerinnen und Wähler zu halten, die zuletzt von der
FPÖ zur ÖVP gewandert sind.
Hofer verabschiedet sich vorerst nicht aus der Politik. Er will Dritter
Nationalratspräsident bleiben und spekuliert auch mit einem Antreten bei
den Bundespräsidentschaftswahlen im nächsten Jahr. 2016 ist er nur knapp am
Grünen Alexander Van der Bellen gescheitert. Seinen Posten an der
FPÖ-Spitze übernahm in der Zwischenzeit sein bisheriger Stellvertreter
Harald Stefan, der demnächst einen Sonderparteitag einberufen wird, wo der
neue Bundesparteiobmann gewählt wird.
2 Jun 2021
## LINKS
[1] /Ibiza-Affaere-in-Oesterreich/!5760714
[2] /FPOe-in-Oesterreich/!5734708
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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Österreich
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