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# taz.de -- Massenproteste in Frankreich: Hunderttausende auf den Straßen
> Demonstrierende in Frankreich legen die Hauptstadt lahm. Die Proteste
> sind noch größer als zuvor und schlagen teilweise in Gewalt um.
Bild: Nantes: Gewaltvolle Proteste in Frankreich am neunten Tag der landesweite…
Paris taz/afp/rtr | Landesweite Demonstrationen, Einschränkungen im
Verkehr, Treibstoffknappheit: Proteste mit nach Gewerkschaftsangaben
hunderttausenden Teilnehmern und Streiks wegen der umstrittenen
Rentenreform haben das öffentliche Leben in Frankreich am Donnerstag stark
beeinträchtigt.
Alleine für die Demonstration in Paris meldete die Gewerkschaft CGT mit
800.000 Menschen die bisher größte Teilnehmerzahl seit Beginn der Proteste,
am Rande der Kundgebungen kam es zu Gewalt. Frankreichs Präsident Emmanuel
Macron traf mit erheblicher Verspätung beim EU-Gipfel in Brüssel ein; der
für Sonntag erwartete Frankreich-Besuch von Charles III. wird von den
Protesten überschattet.
In Paris schlugen mehrere hundert in schwarz gekleidete Randalierer an der
Spitze des an der Bastille gestarteten Protestzuges Schaufenster ein und
zerstörten öffentliches Inventar. Unter anderem nahmen sie einen Supermarkt
und ein Fast-Food-Restaurant der Kette McDonald's ins Visier. Innenminister
Gérald Darmanin zufolge waren in Erwartung der Proteste rund 12.000
Polizisten abgestellt worden – 5.000 davon alleine in Paris.
Aus der zweitgrößten französischen Stadt Marseille berichteten die
Gewerkschaften von 280.000 Teilnehmern, in Bordeaux gingen demnach 110.000
und in Nantes 80.000 Menschen auf die Straße. Die Behörden meldeten
erheblich geringere Teilnehmerzahlen: So sprachen sie für Marseille von
lediglich 16.000 Demonstrierenden.
Mit den Protesten vom Donnerstag wollten die [1][Gegner*innen der
Rentenreform] am neunten Aktionstag zeigen, dass ihre Entschlossenheit zum
Widerstand nicht nur ungebrochen ist, sondern auch, dass sie mit härteren
Aktionsformen weitergehen können, um die Staatsführung zum Nachgeben zu
bewegen.
[2][Am Mittwoch hatte Macron nach langem Schweigen Stellung bezogen und im
Fernsehen gesagt, er halte an der Reform fest.] Er wolle weder die
Premierministerin ersetzen noch die Regierung umbilden oder gar eine
Volksabstimmung über die geplante Anhebung des Rentenalters anordnen.
Damit habe Macron Öl ins Feuer geschüttet, sagten verschiedene
Gewerkschaftsvorsitzende. Sie sehen in Macrons etwas gespielter Pose der
kompromisslosen Unnachgiebigkeit eine Provokation, auf die sie mit einer
verstärkten Mobilisierung antworten wollten. Das scheint ihnen teilweise
auch gelungen zu sein. Bei den Kundgebungen sagten viele, sie seien zum
ersten Mal dabei – und dies vor allem „gegen Macron“.
## Abfälle in den Straßen
Besonders stark wird der Druck auf die Staatsführung wegen der von
Streikenden blockierten oder besetzten Erdölraffinerien und
Treibstoffdepots. In mehreren Landesteilen wird bereits Benzin und Diesel
knapp. Die Flughäfen erhalten kein Kerosin mehr. In Paris akkumulieren sich
wegen des andauernden Streiks der Müllabfuhr die Abfälle.
Das hat Rückwirkungen auf den Tourismus, denn wenige Besucher haben Lust,
neben stinken Haufen von Unrat auf einer Café-Terrasse zu sitzen. Zudem
waren wegen Streiks Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm, der Triumphbogen
oder das Schloss von Versailles geschlossen.
Auch das Besuchsprogramm des britischen Königs Charles III. droht wegen der
Krise Abstriche zu erleiden. Der Monarch wird zu seinem ersten Besuch im
Ausland am Sonntagabend in Frankreich erwartet. Am Montag war ein Rundgang
auf dem Blumenmarkt in Paris und ein Gala-Dinner im Schloss Versailles
vorgesehen, am Dienstag eine Reise nach Bordeaux, wo Charles die
Straßenbahn besteigen und später einen Weinberg besichtigen wollte. Wegen
der derzeit „chaotischen“ Zustände in Frankreich haben seine
Sicherheitsbeauftragten nun aber Bedenken.
Für Macron wäre es höchst peinlich, wenn die Reise abgesagt oder auf ein
Minimum beschränkt würde. Um seine Schande womöglich noch zu krönen, haben
die Beschäftigten der nationalen Möbel- und Teppichwerkstätten gewarnt,
dass wegen ihres Streiks der für die Begrüßungszeremonie unentbehrliche
rote Teppich nicht ausgerollt werden könnte.
23 Mar 2023
## LINKS
[1] /Generalstreik-in-Frankreich/!5912006
[2] /Proteste-gegen-die-Rentenreform/!5920285
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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