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# taz.de -- Frühlingsfest in Berlin: Tanz gegen die Mullahs
> In Neukölln wird am Dienstag das Frühlingsfest Nouruz/Newroz gefeiert.
> Gespräch mit der Initiative „Band of Sisters“ über die politische
> Bedeutung.
Bild: Zilan Sarah Kößler (l.) und Anuscheh Amir-Khalili von der Initiative Ba…
taz: Frau Kößler, Frau Amir-Khalili, was bedeutet Nouruz für Sie?
Zilan Sarah Kößler: Newroz symbolisiert für mich den Sieg des Feuers über
die Dunkelheit, des Guten über das Böse. Nach einem langen Winter kommen
das Licht, die Tiere, die Pflanzen und die Natur zurück. Es ist eines der
ältesten Feste der Menschheit und stellt vor allem auch für die kurdische
Gesellschaft eine wichtige Säule der kulturellen und politischen Identität
dar. Gerade jetzt ist Newroz für uns Frauen aus Kurdistan, Iran und
Afghanistan ein Symbol des Widerstands und der Freiheit.
Anuscheh Amir-Khalili: Als kleines Kind im Iran habe ich mich immer
wahnsinnig auf Nouruz und auf das Feuerfest ein paar Tage davor gefreut.
Das gehört mit zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen, die sonst eher
von der Islamisierung, Krieg und Gewalt begleitet waren. Die Menschen
springen über Feuer und lassen die Altlasten zurück, die Kinder kriegen
Geschenke und alle sind – eigentlich – glücklich. Nach der Islamischen
Revolution hat das Regime versucht, das Fest zu verbieten. Trotz aller
Drohungen und Kontrollen der Mullahs haben die Familien aber weiter
gefeiert.
Was hatten die Mullahs mit dem Verbot von Nouruz beabsichtigt?
Despoten, die ein System übernehmen versuchen alles Alte zu zerstören.
[1][Dieses Fest hat alles, was die Mullahs hassen: tanzen, singen, Frauen
und Männer, die zusammen sind]. Vergangene Woche haben Menschen in Teheran
abends auf den Straßen Feuer gemacht, sind um das Feuer getanzt, und Frauen
haben ihre Kopftücher abgerissen und ins Feuer geschmissen. Die machen das,
obwohl sie wissen, dass das den Tod bedeuten kann. Singen und Tanzen sind
verboten!
Ist Nouruz ein feministisches Fest?
Kößler: Rund um die Newroz-Feuer kommen wir Frauen zusammen und
organisieren uns gegen Patriarchat und Unterdrückung. Für mich ist das
diesjährige Newroz die Geburt des Widerstands der Schwestern, die in Iran,
Kurdistan und Afghanistan gegen Dunkelheit und Unterdrückung kämpfen.
[2][Das Feuer des Widerstands unserer Schwestern erreicht uns auch hier in
Berlin.]
Amir-Khalili: [3][Frauen, Leben, Freiheit ist das, was uns verbindet.] Es
geht um feministischen Widerstand. Immer wurde versucht, die kurdische
Sprache mit allen Mitteln zu verbieten, und dann kommt diese kurdische
Parole „Jin, Jiyan, Azadi“ und geht um die Welt. Aus der Sicht des weißen,
eurozentristischen Feminismus ging es immer um die armen unterdrückten
Frauen, die sich nicht wehren können – anstatt zu sehen, dass diese
Resilienz, dieses Durchhaltevermögen eigentlich eine unfassbare Stärke ist
und als ebenbürtiger Feminismus betrachtet werden kann. Das ist eine ganz
andere Art von Feminismus.
Was haben die Menschen bei Ihrem Fest zu erwarten?
Amir-Khalili: Alle sind eingeladen, die sich für die aktuelle Situation in
Iran, Kurdistan und Afghanistan interessieren. Die kurdisch-iranische
Sängerin Hani Mojtahedy tritt auf und die Autorin Gilda Sahebi. Es wird
eine Live-Übertragung aus dem Frauendorf Jinwar geben. Es geht um
Solidarität, weil dort etwas Einmaliges passiert: eine feministische
Revolution. Wir müssen mit unseren Privilegien, die wir hier haben,
Allianzen bilden. Dieses Fest soll auch ein Auftakt sein, um sich
regelmäßig zu treffen und zu überlegen, was für Kampagnen und Kundgebungen
wir machen können, welche Möglichkeiten des Austauschs es gibt, um die
Frauen aus Gebieten wie Iran oder Kurdistan sichtbar zu machen.
20 Mar 2023
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## AUTOREN
Darius Ossami
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