# taz.de -- Straffreie rechtsextreme Polizeichats: Bestürzendes Signal | |
> Das Landgericht Frankfurt am Main eröffnet keinen Prozess gegen | |
> rechtsextreme Polizisten. Umso härter müssen die disziplinarrechtlichen | |
> Folgen sein. | |
Bild: Das 1. Polizeirevier in der Frankfurter Innenstadt | |
Umso größer der Jude, desto wärmer die Bude“, hieß es in den Chats. Zu | |
einem Bild des ertrunkenen syrischen Geflüchtetenkinds Alan Kurdi stand: | |
„Wer es findet, darf’s behalten.“ Dazu kamen Hitlerbilder und Hakenkreuze, | |
Herablassungen über Schwarze, Migranten oder Behinderte. Abgründe. Und sie | |
stammen von 5 Polizist:innen aus dem Frankfurter 1. Polizeirevier, | |
geteilt in ihrer Chatgruppe „Itiotentreff“. | |
Aufgeflogen waren die Chats bei den Ermittlungen zur [1][„NSU 2.0“-Serie.] | |
Auch hier sah die Polizei schlecht aus. Nun aber entschied das Landgericht | |
Frankfurt/Main: Ein Prozess zu den „Itiotentreff“-Chats wird nicht | |
eröffnet. Da diese nur in einer geschlossenen, kleinen Chatgruppe | |
erfolgten, sei es keine Volksverhetzung, die eine größere Öffentlichkeit | |
brauche. Zudem könnten einige Beiträge von der Meinungsfreiheit gedeckt | |
sein oder als Satire von der Kunstfreiheit. | |
Kommen die rechtsextremen Polizist:innen straffrei davon? Es wäre ein | |
bestürzendes Signal – nach außen, aber auch in die Polizei hinein. Ja, | |
[2][das Problem ist nicht neu]. Immer wieder ringen Gerichte damit, ab wann | |
in Chatgruppen eine Volksverhetzung gilt. Hier braucht es endlich eine | |
rechtliche Klärung. Und im Fall „Itiotentreff“ sah zumindest die | |
Staatsanwaltschaft die Sache ganz anders, legte eine Anklage vor und nun | |
prompt Beschwerde ein. Dass das Frankfurter Gericht darüber nicht mal | |
verhandeln will, ist mindestens mutlos. | |
Gegen die Polizeibeamten muss nun umso mehr mit voller Konsequenz | |
disziplinarrechtlich vorgegangen werden. Die Vorstellung, dass diese nach | |
solchen Chats wieder Dienst auf der Wache schieben, ist unerträglich. Wer | |
[3][solches Gedankengut in sich trägt, hat im Staatsdienst nichts | |
verloren]. | |
Noch entscheidender ist, dass sich – [4][endlich] – die Polizeikultur | |
wandelt. Über vier Jahre liefen die „Itiotentreff“-Chats. Kaum vorstellbar, | |
dass die Beamten ihre Gesinnung nicht auch im Dienst erkennen ließen – | |
eingeschritten war niemand. Auch andernorts flogen zuletzt immer wieder | |
solche Chats auf – zufällig, nicht weil Kolleg:innen es meldeten. | |
Solange diese Kultur des Wegschauens fortbesteht, bleibt auch ein | |
Polizeiproblem. | |
1 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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