# taz.de -- Greenpeace-Klage gescheitert: Auch Bio-Bauer verliert gegen VW | |
> Landwirt Ulf Allhoff-Cramer verlangte von Volkswagen ein schnelles Aus | |
> für Verbrenner-Autos. Doch das Landgericht Detmold wies die Klage ab. | |
Bild: Ulf-Allhoff-Cramer im Sitzungssaal vom Detmolder Landgericht im September… | |
KARLSRUHE taz | – Das Landgericht Detmold hat die von Greenpeace | |
unterstützte [1][Klimaklage] des Bio-Landwirts Ulf Allhoff-Cramer | |
abgelehnt. Allhoff-Cramer hatte unter anderem einen Verkaufstopp für | |
Verbrenner-Autos ab 2030 gefordert. [2][Bereits in der vergangenen Woche | |
scheiterte eine Greenpeace-Klage gegen VW am Landgericht Braunschweig]. | |
Allhof-Cramer betreibt den Bergwiesenhof in Detmold mit Ackerbau, | |
Mutterkuhhaltung und Wald. Er fürchtet um die Zukunft seines Bauernhofes, | |
dem Dürren und Starkregen schon schwere Schäden zugefügt hätten, so seine | |
Argumentation vor Gericht. Verantwortlich sei insbesondere der Klimawandel | |
und damit auch ein Kfz-Hersteller wie Volkswagen. | |
Allhof-Cramer forderte von VW keinen Schadensersatz, sondern eine Änderung | |
des Geschäftsmodells. Der Autokonzern solle sofort den Verkauf von | |
Verbrenner-Autos reduzieren und ab 2030 ganz einstellen. Nur so könne VW | |
die „übermäßige“ Emission von CO2 durch VW-Autos beenden. | |
Der Bauer wurde von der [3][bekannten Klimaanwältin Roda Verheyen] | |
vertreten, die sich auf die zivilrechtliche [4][Störerhaftung] berief. Wer | |
die Gefährdung von Rechtsgütern eines anderen verursacht, müsse das | |
Verhalten einstellen, wenn es eine entsprechende | |
„Verkehrssicherungspflicht“ gebe. Als Beleg für die Pflicht zog sie ein | |
Klimaszenario der Internationalen Energie-Agentur heran. | |
## Anderer Ablehnungsgrund als in Stuttgart | |
Das Landgericht Detmold wies die Klage nun aber als „unbegründet“ ab. In | |
der mündlichen Urteilsverkündung verzichtete das Gericht auf eine | |
Begründung, weshalb sich Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser empörte, | |
das Gericht habe sich mit der Klage wohl nicht ernsthaft auseinandersetzen | |
wollen. | |
Eine halbe Stunde später versandte das Gericht aber eine Pressemitteilung | |
mit den wesentlichen Überlegungen. Diese weichen deutlich von den | |
bisherigen Urteilen der Landgerichte in Stuttgart, München und Braunschweig | |
ab, mit denen ähnliche Klagen gegen Kfz-Hersteller abgelehnt worden waren. | |
Laut Landgericht Detmold gibt es keinen zivilrechtlichen Anspruch, mit dem | |
Allhoff-Cramer von VW eine konkrete Änderung des Geschäftsmodells verlangen | |
könnte. Unter Berufung auf Paragraf 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) | |
könne zwar das Unterlassen einer gegenwärtigen Beeinträchtigung verlangt | |
werden (wenn diese nicht geduldet werden muss). Damit sei aber kein | |
Anspruch auf eine bestimmte Handlung verbunden. | |
Insbesondere könne der Bauer von VW nicht verlangen, auf den Vertrieb von | |
Autos mit „Verbrennungsmotoren“ zu verzichten und stattdessen auf | |
„batteriebetriebene Elektromotoren“ zu setzen. Schließlich gebe es auch | |
noch andere Alternativen zum Benzinmotor, etwa den „wasserstoffbetriebenen | |
Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellen“. | |
## Klage des Bauern nicht „schlüssig“ | |
Soweit es um die Abwehr künftiger Gefahren für den Bergwiesenhof geht, sei | |
die Klage des Bauern nicht einmal „schlüssig“, so das Landgericht Detmold. | |
So habe der Bauer nicht dargelegt, „welche wesentlichen Eigentums- und | |
Gesundheitsbeeinträchtigungen“ gerade ihn in einer um mehr als 1,5 Grad | |
erwärmten Welt treffen sollen, wenn schon die jetzigen Beeinträchtigungen | |
den „neuen Normalzustand“ darstellen. | |
Zu anderen Argumentationsschritten von Allhoff-Cramer und Anwältin Verheyen | |
legte sich das Gericht nicht fest. So blieb in Detmold zum Beispiel offen, | |
ob der Biobauer die Emissionen der VW-Fahrzeuge dulden müsste. Der | |
Bio-Bauer wird in Berufung gehen. Zuständig ist dann das Oberlandesgericht | |
Hamm. (Az.: 01 O 199/21) | |
24 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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