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# taz.de -- Digitale Gesundheitsakte: Die Patient:innen werden gläsern
> Die elektronische Patientenakte wurde so lange verschleppt, dass auch
> Ärzt:innen den Glauben verloren. Nun kommt sie wirklich, sagt Karl
> Lauterbach.
Bild: Rechnet nicht mit größerem Widerspruch der Patient:innen: Karl Lauterba…
Berlin taz | Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Verbreitung
der elektronischen Patientenakte (ePA) in Deutschland forcieren. Bis Ende
2025 sollen 80 Prozent der Patient:innen die digitale Akte haben. Der
Weg dahin: „Jeder ist automatisch Träger einer ePA, es sei denn, er
widerspricht ausdrücklich“, so Lauterbach am Donnerstag bei der Vorstellung
seiner Pläne.
Die elektronische Patientenakte ist seit Jahren in Planung. Doch die
Einführung verläuft schleppend. Zwar müssen die gesetzlichen Krankenkassen
[1][sie bereits seit 2021 anbieten]. Doch bislang nutzt weniger als ein
Prozent der Versicherten diese Option. Lauterbach sieht daher die
medizinische Versorgung und den Forschungsstandort Deutschland in Gefahr.
Institutionen und Unternehmen würden sich anderen Ländern zuwenden, in
denen sie einfacher an die Daten herankommen.
Mit der ePA sollen Ärzt:innen die Daten ihrer Patient:innen an einem
zentralen Ort digital ablegen. Das betrifft etwa Befunde, Röntgenbilder
oder eingenommene Medikamente. Behandler:innen und auch die
Versicherten selbst könnten dann darauf zugreifen. Zudem sollen auch
Forschungsinstitutionen und Industrie diese Daten pseudonymisiert nutzen
können.
Lauterbach hofft, dass sich die medizinische Versorgung damit verbessert:
einerseits durch eine bessere Forschung. Der Vorsitzende des
Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege, der Krebsforscher Michael
Hallek, erinnerte bei der Vorstellung der Pläne, dass Deutschland sich in
der Pandemie an Daten und Studien aus dem Ausland habe orientieren müssen.
Auch in der Krebsforschung sei man aufgrund des Mangels an Gesundheitsdaten
weit zurückgefallen.
## Alle Daten sofort verfügbar
Auf [2][immer wieder geäußerte Datenschutzbedenken] erwiderte Lauterbach,
dass die pseudonymisierten Daten nur auf Antrag und nur für
gemeinwohlorientierte Forschungszwecke freigegeben würden – Kriterien
würden noch festgelegt, die Patient:innen könnten dem auch
widersprechen. Der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Ulrich
Kelber, wollte sich aktuell nicht äußern.
Andererseits soll mit der ePA die Patient:innenversorgung auch im
Alltag effektiver werden, indem sämtliche Daten eines Patienten, etwa beim
Besuch einer neuen Fachärztin, sofort verfügbar sind. „Wir nehmen bislang
täglich Fehlmedikationen und Doppelbehandlungen in Kauf, weil
Patientendaten nicht verfügbar sind“, so der Arzt und Gesundheitspolitiker
Janosch Dahmen (Grüne) zur taz. Daher sei die Einführung der ePA absolut im
Interesse der Patient:innen.
Auch für die Versicherten soll die Transparenz steigen, da sie selbst auf
die Daten zugreifen können. Doch das Prinzip, nach dem sie ohne aktive
Zustimmung direkt eine ePA eingerichtet bekommen, stößt auch auf Kritik –
etwa bei der Deutschen Stiftung Patientenschutz. „Das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung darf nicht torpediert werden“, so Vorstand
Eugen Brysch. „Es gilt zu akzeptieren, dass nicht jeder ein Tablet besitzt
oder das Internet nutzt.“
Derzeit ist vorgesehen, dass die Versicherten vorrangig per App auf ihre
Daten zugreifen sollen. Bei einem Teil der Versicherungen ist auch ein
Zugriff via PC möglich, allerdings bietet der nicht den vollen
Nutzungsumfang. Versicherte könnten zudem Zugänge für Angehörige
ermöglichen, die die Datenverwaltung übernehmen.
## Ärzt:innen machen Druck
Laut dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat die
ePA „das Potenzial, zum Herzstück eines digital modernisierten
Gesundheitswesens zu werden“. Allerdings müssten Ärzt:innen verpflichtet
werden, die ePA auch zu befüllen.
Die Vorsitzende des größten Ärzt:innenverbands Marburger Bund, Susanne
Johna, betonte, wie dringend nötig die Einführung sei. Sie müsse aber so
gestaltet sein, dass sie die Arbeit der Ärzt:innen erleichtere und nicht
erschwere. Auch bei der kassenärztlichen Bundesvereinigung warnt man vor
einer unausgereiften Umsetzung. Tatsächlich ist vor allem die Frage, wie
bereits vorhandene Befunde in die ePA gelangen sollen, noch nicht
abschließend geklärt, wie Lauterbach einräumte.
Nach dem Willen des Gesundheitsministers soll es jetzt dennoch schnell
gehen mit den Neuerungen, die auch den breiten Einsatz elektronischer
Rezepte ab dem 1. Januar 2024 vorsehen. Er plane die beiden nötigen
Gesetzesvorhaben „in den nächsten Wochen“ vorzustellen, so Lauterbach. Mit
größerem Widerstand aus der Patient:innenschaft rechnet er nicht: In
Österreich hätten bei einem entsprechenden Vorhaben gerade mal 3 Prozent
der Menschen der elektronischen Akte widersprochen.
9 Mar 2023
## LINKS
[1] /Datenschuetzer-ueber-E-Patientenakte/!5748034
[2] /Die-digitale-Patientenakte/!5711283
## AUTOREN
Svenja Bergt
Manuela Heim
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Patientendaten
Gesundheitspolitik
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Karl Lauterbach
Digitale Patientenakte
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Datenschutz
Gesundheit
Patientensicherheit
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