# taz.de -- Verschmutzung der Oder: Alles war völlig legal | |
> Schuld am Fischsterben in der Oder im Sommer 2022 waren Salze aus den | |
> Kohlegruben Oberschlesiens. | |
Bild: Im vergangenen August war ein massives Fischsterben in der Oder aufgetret… | |
WARSCHAU taz | [1][Im Sommer letzten Jahres trieben plötzlich Millionen | |
toter Fische in der Oder], dem deutsch-polnischen Grenzfluss. Ursache der | |
gigantischen Umweltkatastrophe war zunächst unklar. Erst nach Wochen fanden | |
Forscher heraus, dass eine Alge, die normalerweise nur in salzhaltigem | |
Brackwasser vorkommt, den Fluss vergiftet hatte. Doch woher kam das Salz? | |
Am Wochenende gab das polnische Bergbauunternehmen Jastrzębska Spółka | |
Węglowa (JSW) erstmals zu, ununterbrochen Salzwasser aus den | |
oberschlesischen Bergbaugruben in mehrere Zuflüsse der Oder eingeleitet zu | |
haben. Diese Praxis sei jedoch völlig legal, versicherte das Unternehmen. | |
Das salzhaltige Grubenwasser werde abgepumpt, um die Kohle abbauen zu | |
können, in speziellen Wasserkollektoren gesammelt und über Düsen im | |
Flussbett kleiner und größerer Wasserläufe entsorgt. | |
JSW ist der größte Kokskohle-Produzent in der Europäischen Union und einer | |
der führenden Hersteller von Stahlschmelzkoks. Das Unternehmen weist in | |
seiner Erklärung jegliche Verantwortung für die Oder-Umweltkatastrophe im | |
Sommer 2022 von sich. Die Salzeinleitung geschehe auf Basis | |
wasserrechtlicher Genehmigungen durch das Landesamt für Wasserwirtschaft | |
Wody Polskie „in einer für die Umwelt sicheren Art und Weise“, hieß es in | |
der Stellungnahme von JSW. Beim Entsalzen des Grubenwassers falle Kochsalz | |
als Nebenprodukt der Kohle an. | |
## Salz wurden „kontrolliert“ in die Oderzuflüsse eingeleitet | |
Das Salz besitze sogar eine Zertifizierung als Nahrungsmittel. Allein im | |
Jahr 2022 produzierte JSW eigenen Angaben zufolge 67.000 Tonnen Kochsalz. | |
Das restliche Salz im Kohlegrubenwasser, das nicht genutzt werden könne, | |
werde „kontrolliert“ in die Oderzuflüsse eingeleitet. Zudem werde die | |
Salzkonzentration im Wasser an der Kontrollstation in Krzyżanowice | |
permanent überwacht und könne dort auch reguliert werden. | |
Der Ort liegt allerdings in der Nähe der polnisch-tschechischen Grenze. Von | |
dort kommt die Oder laut Greenpeace-Bericht in der höchsten | |
Wasserqualitätsstufe 1 in Polen an. Nach dem Durchqueren des | |
oberschlesischen Industrie- und Kohlereviers sei das Wasser der Oder jedoch | |
so schmutzig, dass es außerhalb jeder messbaren Qualitätsstufe liege. | |
Der im Bericht ebenfalls benannte Bergbaukonzern Polska Grupa Górnicza | |
(PGG) hat sich zu den schwerwiegenden Greenpeace-Vorwürfen hingegen nicht | |
geäußert. Auch das Landesamt für Wasserwirtschaft (Wody Polskie), das | |
Klima-und Umwelt-Ministerium sowie Polens Premier Mateusz Morawiecki | |
scheinen den Greenpeace-Bericht noch zu prüfen. Offiziell hält das | |
polnische Umweltministerium bis heute an der Version fest, dass die Ursache | |
für die Katastrophe [2][„eine natürliche“ gewesen sei]. | |
5 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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