# taz.de -- Geschlechtergerechtigkeit bei Finanzen: Mehr Angst vor Altersarmut | |
> Wie viel Geld haben Frauen zur Verfügung und wie legen sie es an? Der | |
> Bankenverband hat Frauen zu ihren Finanzen befragt. | |
Bild: Frauen und Geld – sie haben im Durchschnitt weniger als Männer und inv… | |
BERLIN taz | Für die [1][Altersvorsorge] ist sie wichtig, aber wenige | |
wollen oder können sich mit Geldanlage beschäftigen. Vor allem Frauen | |
fühlen sich schlecht informiert, [2][haben deutlich weniger Geld zur | |
Verfügung] als Männer und sorgen sich um ihr Auskommen im Alter, wie eine | |
repräsentative Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken ergibt. | |
Immerhin: Wenn sie investieren, stecken sie mehr Geld in Aktien, die | |
langfristig mehr Ertrag versprechen als andere Anlagen. | |
„Ohne finanzielle Unabhängigkeit gibt es keine Freiheit. Denn ohne eigenes | |
Geld fehlt der Spielraum, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen“, sagt | |
Henriette Peucker, Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers beim | |
Bankenverband. „Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse unserer Studie | |
besonders ernüchternd: Frauen beurteilen ihre wirtschaftliche Situation | |
nicht nur weniger gut, sondern haben monatlich im Durchschnitt tatsächlich | |
auch rund 400 Euro weniger zur freien Verfügung als Männer.“ Die | |
Marktforscher von Infas Pro aus Nürnberg befragten für die Studie Anfang | |
Februar bundesweit mehr als 1.300 Personen. | |
Rund 1.000 Euro können Frauen im Schnitt frei ausgeben. Wobei der Wert | |
durch besonders hohe Einkommen verzerrt ist: 72 Prozent der Befragten gaben | |
an, über weniger als 1.000 Euro verfügen zu können. Und das hat Folgen für | |
die Altersvorsorge: Frauen können weniger zurücklegen. Etwas mehr als ein | |
Viertel der Frauen spart nur bis zu 100 Euro monatlich, bei den Männern ist | |
es ein Fünftel. Mehr als 200 Euro legen 28 Prozent der Frauen zurück, bei | |
den Männern sind es 38 Prozent. | |
## Männer fühlen sich kompetenter bei Finanzthemen | |
Wer weniger sparen kann, hat später weniger zur Verfügung: Die Hälfte der | |
Frauen erwartet laut der Studie, [3][dass es ihnen im Alter nicht so gut | |
gehen wird], bei Männern ist es mehr als ein Drittel. Aber auch diejenigen, | |
die sich finanziell gut oder sehr gut aufgestellt sehen, müssen zum Teil | |
ihren Lebensstil ändern. „71 Prozent der Frauen denken, dass sie sich zur | |
Rente hin deutlich einschränken werden müssen, von den Männern glauben das | |
von sich lediglich 55 Prozent“, sagt Peucker. „Diese Situation ist nicht | |
hinnehmbar.“ | |
Frauen halten sich beim Sparen möglicherweise auch zurück, weil sie zu | |
wenig über Finanzthemen wissen. 25 Prozent der Frauen interessieren sich | |
stark oder sehr stark für Finanz- und Wirtschaftsthemen, bei Männern sind | |
es 49 Prozent. Letztere behaupten auch, sich gut in Geldfragen auszukennen: | |
Drei Viertel der Männer sehen das so, aber nur knapp die Hälfte der Frauen. | |
Vor allem beim Börsenwissen hapert es: 71 Prozent der Frauen und 52 Prozent | |
der Männer erklärten, keine Ahnung davon zu haben, was an der Börse | |
geschieht. | |
Die Umfrage offenbart auch, dass viele Geldanlagen und Bankgeschäfte zu | |
kompliziert finden. Das sagt nichts darüber aus, ob Geldanlagen und | |
Bankgeschäfte wirklich schwierig und eher undurchsichtig sind. Das Gefühl | |
könnte aber ein Grund sein, warum viele solche Themen nur ungern oder gar | |
nicht angehen. Vor allem in der Schule und von den Banken wünschen sich | |
alle Befragten mehr Informationen. | |
Am wichtigsten bei der Geldanlage ist allen Befragten Sicherheit – mit | |
weitem Abstand vor Gewinn und Verfügbarkeit. Im Vergleich zur Umfrage 2019 | |
sind allerdings alle etwas mutiger geworden. Für künftige Geldanlagen | |
können sich 43 Prozent der Männer vorstellen, ein höheres Risiko | |
einzugehen. Frauen sind deutlich zurückhaltender: Bei Ihnen sind es nur 20 | |
Prozent. | |
## Frauen bevorzugen sichere Anlagen | |
Möglicherweise deshalb setzten sie 2023 wie auch schon 2019 am liebsten auf | |
ein Sparbuch (36 Prozent) oder auf Tagesgeld (34 Prozent). Beide | |
Anlageformen brachten in den vergangenen Jahren wegen der Niedrigzinsphase | |
praktisch keine Erträge, hatten aber auch kein Verlustrisiko, anders als | |
Aktien oder Aktienfonds. | |
Und hier zeigt die Umfrage eine deutliche Änderung: „Frauen investieren | |
wesentlich mehr in Aktien als noch 2019. Das ist eine erfreuliche | |
Entwicklung“, sagt Peucker. „Heute besitzen 30 Prozent der Frauen Aktien, | |
Fonds oder andere Wertpapiere – 2019 waren es nur 18 Prozent.“ Bei Männern | |
sind es allerdings 47 Prozent. Wobei auch sie auf Tagesgeld (39 Prozent) | |
und Sparbücher (32 Prozent) setzen. | |
„Bei Frauen wie bei Männern haben Wertpapiere und Tagesgeld gegenüber 2019 | |
am stärksten zugelegt, wobei fehlende Kenntnisse viele Frauen noch immer | |
vom Wertpapierkauf abhalten“, fasst Bankenverbands-Vizechefin Peucker | |
zusammen. „Wir stellen fest, dass die Distanz zwischen Frauen und | |
Wirtschaft weiterhin groß ist. Nur wer die Vorteile eines Vermögensaufbaus | |
an der Börse versteht, kann jedoch sinnvoll und langfristig vorsorgen.“ | |
6 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Björn Hartmann | |
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