Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Politischer Aschermittwoch der CSU: Mit vollen Bierkrügen gegen Dr…
> CSU-Chef Söder läuft sich für den Landtagswahlkampf warm. Am
> Aschermittwoch warnt er vor grüner „Woke-Wolke“ und
> Cannabis-Legalisierung.
Bild: „Ich will für Bayern keine Drogen auf der Straße“, sagt Markus Söd…
Passau taz | Am Ende gibt es dann doch noch eine Enttäuschung für die Fans.
Ein einziges Mal an diesem Vormittag: „Zugabe, Zugabe“, skandieren sie,
aber Markus Söder lässt sich nicht erweichen, tritt nicht noch einmal ans
Rednerpult. Vielleicht ist es die Sorge, den krönenden Abschluss seiner
Rede nicht mehr toppen zu können. Es war der Klassiker: „I bin da Markus,
und da bin ich daham.“
Es muss eine entbehrungsreiche Zeit für die Menschen gewesen sein, die am
Mittwoch die Dreiländerhalle in Passau füllen. Drei Jahre lang hat hier
kein Politischer Aschermittwoch mehr stattgefunden, zumindest keiner, der
den Namen verdient hätte.
2021 kam Markus Söder pandemiebedingt allein in die Halle, versuchte seinen
Fans draußen an den Apparaten [1][digitale Bierseligkeit zu übermitteln].
Im vergangen Jahr dann entfiel die Veranstaltung wegen des Krieges. Der
dauert zwar noch an, aber dauerhaft will man sich das Feiern halt doch
nicht versagen, schon gar nicht im Wahljahr.
So sind sie denn an diesem Vormittag wieder da, die „gefühlten 10.000
Menschen“, die der noch amtierende niederbayerische CSU-Bezirkschef Andreas
Scheuer so gern beschwört. Dass in die Halle nur 4.000 Leute passen –
geschenkt. Es sind gefühlte Wahrheiten, die in Passau zählen.
Als „größten Stammtisch der Welt“ bezeichnen die Christsozialen ihr
Spektakel gern, auch als „Südkurve der CSU“ oder „Jahreshauptveranstaltu…
des Vereins für klare Aussprache“. Man könnte auch von einer Verlängerung
des Faschings sprechen. Söders Büttenrede jedenfalls trifft auf ein denkbar
dankbares Publikum. Die Stimmung ist gut, schon eine Stunde vor Beginn der
Veranstaltung sind die ersten Maßkrüge weitgehend geleert.
## „Glücksland“ Bayern
Es ist ein Medley aus seinen Evergreens und den aktuellen Hits, die der
CSU-Chef in einer anderthalbstündigen Show zum Besten gibt. Die zwei
Hauptteile: Bayernlob und Ampelbashing. „Wir sind die Stärksten, wir sind
die Besten, wir sind in Passau“, ruft Söder seinen Mannen zu – Frauen
sitzen im Publikum tatsächlich nur gefühlte zehn, um im Scheuer-Duktus zu
bleiben.
„Bayern ist der deutsche Meister der Integration“, stellt er an anderer
Stelle fest. Und: „Wir sind das Glücksland. Bei uns lebt man länger und bei
uns lebt man besser.“ Auch das beste Essen der Welt, die niedrigste
Armutsquote und Kriminalitätsrate – klar, in Bayern.
Man kommt nicht umhin, an einen Satz zu denken, den Markus Söder in den
vergangenen Monaten mit Blick auf [2][den Wahltag im Oktober] immer wieder
formuliert hat: Hybris sei das einzige, was seiner Partei jetzt noch
schaden könne.
## Angst vor Drogen
Zweiter Teil: Ampelbashing. Wobei es Söder ein Teil der Ampel besonders
angetan hat. Klar, es geht am Rande auch gegen SPD und FDP, da wird noch
mal gegen Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht („Den Namen müssen
Sie sich nicht mehr merken“) ausgeteilt oder gegen [3][FDP-Chef Christian
Lindner], den „Schulden-Chrissi von Deutschland“. Und Franziska Giffey muss
weg, ebenso wie die Erbschaftssteuer.
Aber es sind die Grünen, das wird schnell klar, die sich Söder als
Hauptgegner für die im Oktober anstehende Wahl auserkoren hat. Angst
einflößende Bilder beschwört der Ministerpräsident, wenn er über sie
spricht: „Eine düstere Woke-Wolke verdüstert den weiß-blauen Himmel in
Bayern“, sagt er und warnt seine Zuhörer, was alles auf sie zukomme.
Außerdem seien sie ein „Sicherheitsrisiko für unser Land“ und redeten sie
sich geradezu in einen Kriegsrausch. Dasselbe in der Energiepolitik. „Sie
faseln von Klima und baggern nach Kohle.“
Vor allem aber seien die Grünen sehr zielstrebig beim Umbau der
Gesellschaft. „Sie wollen ein anderes Deutschland.“ Ihr Motto: „Am grünen
Wesen soll die Welt genesen.“ Wieder einmal spricht Söder von
„Umerziehungsphantasien“. Die Grünen wollten die Genderpflicht einführen
und dass man künftig von Schützenbrüderinnen sprechen müsse und von
Elternmilch statt Muttermilch.
Nicht einmal schwarzfahren dürfe man mehr, wahrscheinlich dürfe sich auch
seine Partei bald nicht mehr als die Schwarzen bezeichnen, sondern nur noch
als „most indigene party“. Söder fasst sich an den Kopf, gibt sich empört:
„Das ist doch nicht mehr normal, das ist doch völlig überdreht.“ Die Grü…
stünden für Verbot, sogar Luftballons wollten sie verbieten, und hegten
eine regelrechte „Fleisch- und Wurstphobie“. Sie seien die „größten
Stimmungskiller der Nation“.
Dass sich die Christsozialen dagegen als die größten Stimmungskanonen der
Nation sehen, daran besteht in Passau kein Zweifel. „Wir sind keine
Ampel-Spießer, bei uns kann jeder nach seiner Façon leben.“
Die Attacke dürfte einen Vorgeschmack auf die acht Monate bis zur
Landtagswahl geben. Dass sich Söder dafür die Grünen als Ziel ausgesucht
hat, ist kein Zufall. Aktuell stellen sie die einzige ernstzunehmende
Oppositionspartei in Bayern dar. Sollten sie zu stark werden, könnte es
theoretisch passieren, dass es für eine Zweierkoalition ohne ihre
Beteiligung nicht mehr reicht. Deshalb verspricht Söder schon mal
vorsorglich: Schwarz-Grün werde es in Bayern nicht geben.
Schließlich ist da ja auch noch die Sache mit den Drogen. Die wolle die
Ampel, allen voran natürlich wieder die Grünen, legalisieren. Söder spricht
nicht von Cannabis, sondern ganz allgemein von Drogen. „Ich will für Bayern
keine Drogen auf der Straße und keinen Zugang für unsere Kinder“, ruft er.
Der Beifall in der schon spürbar alkoholgeschwängerten Halle ist groß. Es
ist der gefühlt stärkste Beifall an diesem Aschermittwoch.
22 Feb 2023
## LINKS
[1] /Politischer-Aschermittwoch-der-CSU/!5753074
[2] /Versprechungen-der-CSU/!5909880
[3] /Ampel-streitet-ueber-den-Haushalt/!5914204
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
IG
Bayern
CSU
GNS
Bündnis 90/Die Grünen
Markus Söder
Politischer Aschermittwoch
Kolumne Der rote Faden
Bayern
Dieselfahrverbot
CSU
## ARTIKEL ZUM THEMA
Unionsparteien gegen Tempolimit: Immer diese Verbotsparteien
Die CDU will kein Gendern an Schulen, keine Abtreibungen, kein Tempolimit –
und Kiffen schon gar nicht. Wie gut, dass sie nicht mehr regiert.
Bayern will Lehrkräfte abwerben: Söder fischt bei den Preißn
Bayerns Ministerpräsident will Lehrerinnen und Lehrer aus anderen
Bundesländern abwerben. Damit bringt er nicht nur bayerische Eltern gegen
sich auf.
Belastung mit Stickoxiden: München weitet Fahrverbot aus
Die bayerische Landeshauptstadt will gesündere Luft. Auto-Fans gehen auf
die Barrikaden. Nun könnte eine Klagewelle folgen.
Versprechungen der CSU: Söders Füllhorn für den Wahlkampf
CSU-Chef Söder will im Wahljahr tief in Bayerns Staatskasse greifen:
kostenlose Meisterausbildung, jede Menge Radwege und Pflegekräfte vom
Balkan.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.