# taz.de -- Streit über den Haushalt: Die Erb:innen zur Kasse bitte! | |
> In Deutschland werden jährlich 400 Milliarden Euro vererbt. Gerade bei | |
> großen Vermögenserbschaften treten viel zu oft Steuervergünstigungen in | |
> Kraft. | |
Bild: Uneins in der Frage, wo das Geld herkommen soll – Christian Lindner und… | |
Geld ist ein schwieriges Thema. Nicht nur im Freundes- und Bekanntenkreis, | |
auch unter Koalitionspartnern. Das zeigen die mündlichen und schriftlichen | |
Äußerungen zum künftigen Haushalt, die derzeit vor allem [1][zwischen | |
Grünen und FDP] ausgetauscht werden. Die SPD hält sich wie üblich noch | |
raus. Dennoch ist es wichtig, gerade jetzt über Geld zu reden. Und darüber, | |
woher es kommen könnte. | |
Fakt ist: Der Bund wird im kommenden Jahr wohl 50 Milliarden Euro weniger | |
ausgeben können. [2][Die Ampel streitet] bereits darüber, was sich noch | |
finanzieren lässt: [3][Schicke Panzer für die Bundeswehr]? Eine hippe | |
Aktienrente? Oder doch lieber eine solide Grundsicherung gegen | |
[4][Kinderarmut]? Dass man nun laut überlegt, was man sich noch leisten | |
kann, liegt vor allem daran, dass sich der Staat in den letzten Jahren | |
verstärkt auf die Quelle des billigen Geldes verlassen und immer neue | |
Kredite aufgenommen hat. | |
Doch dieser Weg ist nun bis auf einen winzigen Durchgang versperrt. Die | |
grundgesetzliche Schuldenbremse gilt wieder. Sie auszusetzen, war zwar | |
richtig, auch damit der Bund sich am Kapitalmarkt Geld beschaffen konnte, | |
um erst die Folgen der Corona-, später der Energiekrise abzupuffern. Doch | |
auf Dauer sind immer neue Kredite in unbegrenzter Höhe kein Allheilmittel. | |
Zum einen wird deren Tilgung ausgeklammert beziehungsweise späteren | |
Generationen zugeschoben. | |
Zum anderen werden Schulden in Zeiten steigender Zinsen wieder zum Problem. | |
In diesem Jahr plant der Finanzminister fast 40 Milliarden Euro allein für | |
Zinszahlungen ein. Es wäre also angezeigt, neue Einnahmequellen zu | |
erschließen. Zum Beispiel über eine Reform der Erbschaftsteuer. In | |
Deutschland werden pro Jahr 400 Milliarden Euro vererbt. Nur ein Bruchteil | |
davon schöpft der Staat ab. | |
Zudem gilt: Je mehr man erbt, desto weniger muss man anteilig ans | |
Gemeinwesen abgeben. Das liegt an großzügigen Ausnahmeregelungen für | |
Unternehmenserben und den Möglichkeiten, das Erbe schon zu Lebzeiten | |
steuergünstig zu verschenken. Von diesen Vergünstigungen profitieren vor | |
allem Erb:innen großer Vermögen. Die oberen 10 Prozent erben die Hälfte | |
des gesamten Volumens. | |
[5][Die untere Hälfte] der Gesellschaft erbt gar nichts. Gebote wie | |
Leistungsgerechtigkeit – gern von der FDP propagiert – oder | |
Chancengleichheit – wichtig für Grüne und SPD – sind beim Erben außer Kr… | |
gesetzt. Vielmehr verschärft die privilegierte Weitergabe großer Vermögen | |
die Ungleichheit in Deutschland. Eine Reform der Erbschaftsteuer könnte | |
also durchaus ein gemeinsames Projekt der selbsternannten | |
Fortschrittskoalition sein. | |
22 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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