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# taz.de -- Protest in der Nähe von Liverpool: Rechte Hetze gegen Boat People
> In Großbritannien steigen die Flüchtlingszahlen, ihre Unterbringung sorgt
> für Spannungen. Ein Protest wurde von Rechtsextremen infiltriert.
Bild: Rechte Proteste vor einer Flüchtlingsunterunft im britischen Knowsley am…
London taz | In England sorgt ein gewaltsamer Protest vor einer
Flüchtlingsunterkunft für Diskussionen. Am vergangenen Freitag kam es in
der nordwestenglischen Stadt Knowsley am Rande von Liverpool zu
gewalttätigen Protesten vor dem Suites Hotel, in dem seit Mitte Januar
[1][Asylbewerber] untergebracht sind. Dabei wurden ein Polizeitransporter
in Brand gesetzt und einige Personen, darunter ein Polizeibeamter, leicht
verletzt.
Von den fünfzehn Festgenommenen wurde inzwischen ein 19-Jähriger angeklagt.
Die Flüchtlingshilfsorganisation [2][Care4Calais] sagt der taz, dass die
Hotelbewohner seit den gewaltsamen Protesten unter Angst und
Schlafstörungen litten.
Der Protest war zunächst friedlich gewesen, aber er wurde von einer Gruppe
von Menschen mit Hämmern und Böllern infiltriert, die randalieren wollten.
Einige skandierten laut „Kinderschänder!“ Von einem antirassistischen
Gegenprotest am gleichen Abend soll keine Gewalt ausgegangen sein.
Unmittelbarer Auslöser soll ein in den sozialen Medien zirkulierendes
30-Sekunden-Video einer Teenagerin gewesen sein, die behauptete, dass ein
Mittzwanziger, der auf dem Video gesehen werden konnte, sie Anfang der
Woche um ihre Nummer gebeten habe, und sie den Mann darauf belehrt habe,
dass derartiges Ansprechen einer Minderjährigen in Großbritannien verboten
sei. Dies löste einen Sturm von rassistischen Posts aus, die den Vorfall
als typisches Verhalten von Einwanderern beschrieben. Derartige Männer
lebten in dem Hotel in Kirkby, hieß es.
Nach den Protesten befragte die Polizei einen Mann in einem ganz anderen
Teil Englands dazu. Inwiefern überhaupt eine Verbindung zwischen dem Video
und dem Hotel besteht, steht aus. Was für die Wut des rechten Milieus
reichte, wurde von der Polizei als Gerüchteküche verurteilt.
## Mit der Inflation verschlimmert sich die Lage in Knowsley
Der Vorfall fällt in eine Zeit zunehmender Probleme der britischen Behörden
mit illegalen Einreisen. Mit der Welle von [3][Bootsüberquerungen aus
Frankreich nach Großbritannien] ist ein Rückstau bei der Bearbeitung von
Asylanträgen entstanden: Über 140.000 Asylbewerber:innen warten auf
eine Entscheidung. Über 45.000 Asylbewerber:innen sind in Hotels
untergebracht, was den Staat laut Innenministerium umgerechnet 6,3
Millionen Euro am Tag kostet.
Zu ihrer Unterbringung berät sich das Innenministerium mit den
Lokalbehörden, doch die Stadtbehörde von Knowsley sagt, das
Innenministerium habe sie erst am 13. Januar benachrichtigt, weil es vorher
die falsche Stadtbehörde verständigt hatte, und am 17. Januar mitgeteilt,
dass zwei Tage später die ersten Asylbewerber im Suites Hotel eintreffen
würden – zu kurzfristig für eine gute Vorbereitung.
Ob Knowsley für Flüchtlinge eine gute Wahl war, ist fraglich. Die Gemeinde
mit 150.000 Bewohner:innen ist die zweitärmste Englands. 25 Prozent
aller Kinder leben in Familien mit Niedrigstlöhnen. In allen Statistiken
ist Knowsley eine der verheerendsten Ecken in England, egal ob es um
Alkoholsucht, Teenagerschwangerschaften, Gewaltvorfälle oder fehlende
Schulabschlüsse geht. Mit der Lebenshaltungskrise können sich diese
Probleme nur weiter verschlimmert haben – für böswillige rechtsradikale
Hetze das richtige Umfeld.
Es dauerte nach der Ankunft der Flüchtlinge nicht lange. Am 23. Januar
klagte die [4][rechtsextreme Gruppe „Britain First“] in einem Video über
das Hotel und seine „illegalen Immigranten“. Am 4. Februar verteilte eine
weitere rechtsextreme Gruppe vor dem Hotel Flugblätter. Darauf stand, dass
Migranten in einem Fünf-Sterne-Hotel untergebracht worden seien, während
Briten frieren müssten. Die antirassistische Gruppe Hope not Hate nennt
weitere Personen aus der rechtsextremen Szene.
16 Feb 2023
## LINKS
[1] /Expertin-ueber-Zuwanderung-ins-Koenigreich/!5903669
[2] https://care4calais.org
[3] /Flucht-ueber-den-Aermelkanal/!5902774
[4] /Religionspolizei-in-Grossbritannien/!5033758
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Migration
Großbritannien
Flüchtlingspolitik
Protest
GNS
rechtsmotivierte Straftaten
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Bootsflüchtlinge
Nordirland
Guerilla
UNHCR
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