# taz.de -- Wahlwiederholung in Berlin: Mit Einhorn und ganz ohne Pannen | |
> Die großzügige Vorbereitung geht auf: Die Wahl zum Berliner | |
> Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten läuft diesmal ohne Probleme | |
> und Schlangen. | |
Bild: Mit Spaß zur Wahl – Am Sonntag gab es einige Fabelwesen-Sichtungen in … | |
„Es kann heute alles passieren“, meint die Wahlleiterin Lisa Kattelans in | |
der Rosa-Parks-Grundschule in Kreuzberg in schönstem Rheinländisch, während | |
sie mit überkreuzten Armen neben einer Reihe von Wahlhelfer*innen und | |
Schulpraktikant*innen sitzt. Kattelans ist Leiterin der Ganztagsschule | |
und macht den Wahlvorstand bei Berliner Wahlen schon “fünf-, sechsmal“. Die | |
Stimmung ist gut, es gibt Kaffee und Tee und später Suppe für alle | |
Helfer*innen. Dutzende helfen in der Grundschule bei der Wiederholungswahl | |
des Berliner Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlung. | |
Nach den zahlreichen Wahlpannen 2021 wurde am ganzen Wahlsystem geschraubt. | |
„Die Wahlen haben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den | |
wichtigsten demokratischen Mitwirkungsakt nachhaltig gestört“, schreibt die | |
Expertenkommission Wahlen in ihrem Abschlussbericht zur Berlinwahl 2021. Im | |
Nachgang wurde verbessert, geredet, Wahlleiter wurden ausgetauscht, | |
Schulungen für Wahlhelfer*innen angepasst und internationale | |
Wahlbeobachter zum 12. Februar nach Berlin eingeladen. | |
Als Kirsten Riesselmann mit ihrer Tochter am Vormittag in der | |
Rosa-Parks-Mensa wählen geht, sind nur vereinzelt Wähler*innen da. Am | |
meisten fällt die Fülle an Menschen auf, die hinter den Tischen sitzen und | |
die Wahlzettel kontrollieren. Für die Kinder stehen Smarties und Bonbons | |
bereit. Ein großer und ein kleiner Hund lassen sich von den Kindern | |
streicheln. An der Decke des großen Raums hängt eine Discokugel, es gibt | |
fünf Wahlkabinen. „Das sind mehr als sonst“, meint Kattelans. Die Schule | |
sei auch der Forderung der Wahlleitung nach größeren Räumlichkeiten | |
nachgekommen. | |
Generell sei viel verändert worden seit der letzten Wahl: Es gebe mehr | |
Wahlhelfer*innen und die Wahlzettel werden am Vortag gemeinsam abgeholt | |
– zusätzlich gezählt und gewogen. Ein Prozedere, das bei der letzten Wahl | |
nicht vorhanden war. „Klar, das dauert dann auch wieder länger, pro Koffer | |
mit Zetteln vielleicht 20 Minuten“, meint Kattelans. Vor dem Wahllokal ist | |
ein Mitarbeiter des Ordnungsamts positioniert. „Das ist auch neu“, erzählt | |
er. „Die Organisation ist wahnsinnig“, sagt eine Wählerin im Vorbeilaufen. | |
Da kommen 10 Helfer auf ein Lokal, total krass.“ | |
Die Verbesserung der Situation wird auch von den Wahlhelfer*innen | |
geschätzt. „Die Vorbereitungen waren echt toll“, sagt Thilo Vetter, der | |
seit 1990 Wahlhelfer in Pankow ist. Das Wahllokal in der Grundschule mit | |
bunter Fassade am Teutoburgerplatz in einer ruhigen, familiären Gegend | |
hielt bei den Wahlen 2021 einen traurigen Rekord: Man konnte die Türen | |
wegen des Andrangs erst um 20.56 Uhr statt um 18 Uhr schließen. „Ich war so | |
genervt und dachte, ich mache das nie wieder.“ Manche frustrierten | |
Wartenden hätten die Schuld auch bei den Wahlhelfer*innen gesucht.„Es | |
ging dann aber. Hatte was von Party-Atmosphäre.“ Die Leute hätten sich eben | |
ein Bier gekauft und sich wieder angestellt. | |
Dieses Mal sei alles besser gelaufen, die Wahlzettel seien zum Beispiel | |
vollständig und rechtzeitig angekommen. Auch Kattelans berichtet von den | |
eindrücklichen Zuständen bei der letzten Wahl. „Ich habe im Schulcafé | |
übernachtet, weil es hieß, dass die Wahlurnen noch abgeholt werden | |
sollten.“ Aber niemand sei gekommen. | |
Riesselmann, die heute nur ihre Kreuzchen macht, aber letztes Jahr selbst | |
Wahlhelferin in der Rosa-Parks-Schule in Kreuzberg war, erinnert sich vor | |
allem an die schlechte Erreichbarkeit der Verantwortlichen: „Wir versuchten | |
stundenlang jemanden zu erreichen, weil wir hier die falschen Wahlzettel | |
vorliegen hatten und irgendwann gar keine mehr.“ Die schlechte Organisation | |
der Wahlleitung bemängelte auch die Expertenkommission und sah in ihr den | |
Hauptfaktor der vielen Pannen. | |
Heute kann Kattelans bei speziellen Anliegen der Wähler*innen direkt den | |
„Telefonjoker“ anrufen, wie sie die Hotline für Fragen am Wahlsonntag | |
nennt. Eine ankommende Wählerin hatte wegen eines Fehlers bei ihrem | |
Nachnamen keine Briefwahlunterlagen bekommen. „Sie werden hier auf jeden | |
Fall wählen können!“, beruhigt sie Kattelans. Wenige Sekunden später hat | |
sie die Antwort und das richtige Vorgehen von der Hotline. | |
Sie sieht alle erkannten Fehler behoben. Bleiben nur noch die extra | |
angeschafften Mülltonnen als Wahlurnen, die Riesselmann „ein bisschen | |
peinlich“ findet. Das ist wohl heute spontan auch im Wahllokal in der | |
Evangelischen Schule am Petersburger Platz in Friedrichshain aufgefallen. | |
Hier kam Giffey unter Medienrummel zur Wahl. Kurz vor ihrem Besuch wurde | |
von Wahlhelfer*innen hektisch eine schicke Metallurne hineingetragen, | |
damit die Noch-Regierende Bürgermeisterin auf den Pressefotos nicht neben | |
einer grünen Tonne steht. | |
Der Aufruhr um Giffeys Urneneinwurf ist auch der einzige Grund, warum es zu | |
Verzögerungen kommt: Wegen der Kameras kommen ein paar Wähler*innen | |
nicht durch. Verwundert darüber sind auch die zwei Wähler:innen im | |
Einhornkostüm. Sie hätten gar nicht gewusst, dass hier eine Promiwahl | |
stattfände. Die Kostüme seien nur, weil man sich auch einen Spaß aus der | |
Wahl machen wolle. | |
Wie schon der Leiter der Delegation des Europarats, Vladimir Prebilič, im | |
[1][Interview mit der taz] betonte, seien Wahlen ein wichtiger Bestandteil | |
der Demokratie und somit auch eine Wiederholungswahl gut für alle. | |
„Wahltage sind Festtage“, beschreibt es auch Kattelans. Sie will die Schule | |
deshalb am Wahltag auch zu einem Ort der Begegnung machen. Wie viele | |
Menschen tatsächlich wählen gehen und was am Ende des Wahltages passiert, | |
wird sich zeigen. „Manchmal wünscht man sich, hellsehen zu können“, sagt | |
eine ältere Frau, die Namen im Wählerverzeichnis durchstreicht. | |
Wahlbeobachter Prebilič sagte der Deutschen Presse-Agentur in einem | |
Statement am Sonntagnachmittag, dass „der Gesamteindruck ist, dass alles | |
wirklich gut läuft“. | |
12 Feb 2023 | |
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[1] /Wahlbeobachterinnen-in-Berlin/!5915091 | |
## AUTOREN | |
Ann-Kathrin Leclère | |
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