# taz.de -- Gipfeltreffen in Lateinamerika: Unverbindlicher Gedankenaustausch | |
> Beim Celac-Gipfeltreffen in Buenos Aires schlagen Argentinien und | |
> Brasilien eine gemeinsame Währung vor. Bald sollen die Gespräche | |
> beginnen. | |
Bild: Gruppenfoto auf dem Gipfeltreffen in Buenos Aires, Argentinien | |
BUENOS AIRES taz | Mit einem Aufruf zur regionalen Integration endete das | |
VII. Gipfeltreffen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und | |
Karibischen Staaten (Celac). Nur 14 der 33 Staats- und | |
Regierungschef*innen der Mitgliedsstaaten waren nach Buenos Aires | |
gekommen. Im Mittelpunkt standen die Rückkehr Brasiliens in die | |
Gemeinschaft und ein eher unverbindlicher Gedankenaustausch. Diejenigen, | |
[1][die auf konkrete Projekte gehofft hatten, wurden enttäuscht]. | |
Für Brasiliens Präsident Lula da Silva war es der erste internationale | |
Auftritt [2][seit seinem Amtsantritt am 1. Januar]. „Brasilien ist zurück | |
und sieht seine Zukunft in der Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn“, sagte | |
Lula in seiner Rede. Sein Vorgänger, Jair Bolsonaro, hatte die | |
Celac-Mitgliedschaft ausgesetzt. | |
Die Celac war 2011 in Venezuelas Hauptstadt Caracas gegründet worden. Als | |
Gegeninstitution zur US-amerikanisch dominierten Organisation | |
Amerikanischer Staaten (OAS) sollte sie „den schrittweisen | |
Integrationsprozess der Region vorantreiben“, heißt es in der | |
Gründungserklärung. Ihr gehören alle Mitgliedstaaten der OAS mit Ausnahme | |
der USA und Kanadas an. | |
Dass es in der Gemeinschaft brodelt, brachte Uruguays Präsident Luis | |
Lacalle Pou zum Ausdruck. „Es gibt hier Länder, die Demokratie, | |
Menschenrechte und Institutionen nicht respektieren.“ Auch ohne Namen zu | |
nennen, war klar, dass sich die Worte an die Mitgliedsstaaten Kuba, | |
Venezuela und Nicaragua richteten. „Es darf hier keinen Club der | |
ideologischen Freunde geben“, sagte er. | |
## Venezuela, Kuba und Nicaragua sorgen für Unruhe | |
Im Vorfeld des Gipfels hatte es [3][Streit über die Anwesenheit der drei | |
gegeben]. Während Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro und Nicaraguas | |
Machthaber Daniel Ortega abgesagt hatten, war Kubas Präsident Miguel Díaz | |
Canel nach Buenos Aires gekommen. In seiner Rede bedankte er sich sich bei | |
der Celac für die Unterstützung gegen die US-Blockade. „Die US-Regierung | |
besteht darauf, unser Entwicklungsmodell durch eine grausame und illegale | |
Politik der wirtschaftlichen Erstickung zu zerstören“, so Díaz Canel. | |
Nach der kurzfristigen Absage Maduros waren die befürchteten Proteste gegen | |
Maduro und Díaz Canel ausgeblieben. Nur einige hundert Menschen hatten sich | |
vor dem Konferenzhotel versammelt, darunter viele Geflüchtete aus | |
Venezuela. Über sie sprach Paraguays Präsident Mario Abdo Benítez: „Wir | |
können nicht wegsehen, wenn [4][mehr als sieben Millionen Venezolaner aus | |
ihrer Heimat geflohen sind]“, so Abdo Benítez. | |
Lula war bereits am Sonntag zu seinem offiziellen Antrittsbesuch in Buenos | |
Aires eingetroffen. Für Aufsehen sorgte die Ankündigung einer gemeinsamen | |
Währung von Argentinien und Brasilien. „Wir haben beschlossen, die | |
Diskussionen über eine gemeinsame südamerikanische Währung voranzutreiben“, | |
hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des argentinischen Präsidenten | |
Alberto Fernández und seines brasilianischen Amtskollegen. In seiner | |
Videobotschaft an den Celac-Gipfel hatte sich auch Venezuelas Staatschef | |
Nicolás Maduro für eine gemeinsame Währung ausgesprochen. „Wir teilen den | |
Vorschlag, mit dem Aufbau eines lateinamerikanischen und karibischen | |
Währungssystems zu beginnen“, sagte er. | |
Doch Lula selbst hatte rasch die hochfliegenden Erwartungen gedämpft. | |
„Unsere Finanz- und Wirtschaftsminister sollen nach vielen Debatten und | |
Treffen einen Vorschlag für den Außenhandel zwischen unseren beiden Ländern | |
erarbeiten, mit dem unsere Transaktionen in einer gemeinsamen Währung | |
abgewickelt werden könnten“, erklärte er. | |
„Es geht nicht um die Einführung einer gemeinsamen Währung, sondern um die | |
Weiterentwicklung der bestehenden Finanzierungsinstrumente“, machte auch | |
Brasiliens Finanzminister Fernando Haddad unmissverständlich deutlich. So | |
sollen eine bereits bestehende Kreditlinie bei der staatlichen Banco do | |
Brasil für Importkäufe argentinischer Unternehmen in Brasilien erhöht und | |
die Tilgungsfrist auf ein Jahr verlängert werden. Anfang Februar werde man | |
sich zu ersten Gesprächen dazu treffen. | |
Wie eine gemeinsame Währung zustande kommen soll, ist den meisten | |
Finanzexpert*innen ohnehin ein völliges Rätsel. Sollte tatsächlich | |
eine gemeinsame Währung des Südens nach dem Vorbild des Euro oder einer | |
Rechnungseinheit wie dem fast vergessenen ECU geschaffen werden, müssten | |
die beteiligten Länder ihre Wirtschaft und Finanzen in Ordnung bringen, | |
i[5][nsbesondere Argentinien mit seinem durch die Notenpresse finanzierten | |
Haushaltsdefizit und einer jährlichen Inflation von fast 100 Prozent]. | |
Absoluter Spitzenreiter bei der Inflation war im vergangenen Jahr erneut | |
Venezuela, diesmal mit nur 234 Prozent. | |
25 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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