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# taz.de -- Nach Protesten in Ostkongo: Tödliche Schüsse durch Blauhelme
> Gegen die internationalen Eingreiftruppen wird im Kriegsgebiet
> demonstriert. Bei Auseinandersetzungen mit UN-Soldaten sterben fünf
> Menschen.
Bild: Blauhelmsoldaten der Monusco-Mission in der Nähe von Kibumba
Kampala taz | Bei einem Protest gegen [1][die UN-Mission Monusco] im Osten
der Demokratischen Republik Kongo sind mutmaßlich fünf Kriegsvertriebene
von UN-Blauhelmen erschossen worden. Acht Menschen wurden verletzt, so
Iduma Molengo, Polizeichef von Nyiragongo am Nordrand der Provinzhauptstadt
Goma.
Der Vorfall ereignete sich am Dienstagabend entlang der Überlandstraße, die
von Goma aus gen Norden in Richtung des berühmten Virunga-Nationalparks und
der Stadt Rutshuru führt. Rutshuru wird seit Juni 2022 [2][von den Rebellen
der M23 (Bewegung des 23. März)] kontrolliert, die von dort aus ins
Landesinnere vorstoßen. Innerhalb des M23-Gebietes ist die Monusco präsent:
Von ihrer Basis in Rutshurus Nachbarstadt Kiwanja aus versorgen sie
Menschen mit Lebensmitteln und fahren Patrouillen.
Als ein UN-Konvoi am Dienstagabend von dort nach Goma fuhr, passierte er
kurz vor Goma ein Vertriebenenlager, wo über 130.000 Menschen seit Monaten
in Zelten auf Lavasteinen hausen – zumeist Bauernfamilien aus dem Umland
von Rutshuru, die sich nicht in ihre Dörfer unter M23-Kontrolle
zurücktrauen. Der UN-Konvoi „wurde von Demonstranten angegriffen, die zuvor
die Straße mit großen Steinen verbarrikadiert hatten“, so die Monusco. „In
der Folge zündeten die Angreifer vier Lastwagen des Konvois an und stahlen
die Fracht.“ Daraufhin sei es zu „Raufereien“ gekommen.
„Sie wollten wissen, was die Monusco in Rutshuru macht, zumal das Gebiet
vom Feind besetzt ist“, erläuterte Polizeikommissar Molengo am Mittwoch
gegenüber kongolesischen Journalisten das Motiv der Vertriebenen, den
UN-Konvoi aufzuhalten. Seit Monaten befeuert Kongos Regierung Hetze gegen
die UN-Truppen sowie die Soldaten der ostafrikanischen Eingreiftruppe, der
EAC (Ostafrikanischen Gemeinschaft), denen vorgeworfen wird, die M23 nicht
aktiv zu bekämpfen.
„Unterstützt nicht die M23!“, warf Kongos Präsident Félix Tshisekedi dem
EAC-Oberkommandierenden Jeff Nyagah am vergangenen Samstag auf einem
Regionalgipfel in Burundis Hauptstadt Bujumbura an den Kopf. „Es wäre
bedauerlich, wenn die Bevölkerung Sie angreifen würde. Sie sind
hierhergekommen, um uns zu helfen, nicht um Probleme zu haben“, drohte er
dem uniformierten General. Der kenianische EAC-Truppenchef Nyagah hatte auf
dem Gipfel klargestellt, die Rolle seiner Eingreiftruppe sei rein defensiv.
## Gegen die M23-Rebellen in den Masisi-Bergen
Seitdem kommt es in Goma zu täglichen Protesten, bei denen der Abzug der
Eingreiftruppen gefordert wird, organisiert von Jugendorganisationen sowie
der Zivilgesellschaft. Sie riefen am Montag die Bevölkerung auf, nicht zur
Arbeit zu gehen, sondern die Soldaten der Armee anzufeuern, um in den
Masisi-Bergen westlich von Goma gegen die M23 vorzugehen.
Auf Handyvideos sieht man Soldaten der Armee zu Fuß oder auf offenen
Lastwagen durch Goma ziehen – in Richtung Frontlinie mit der M23 rund 20
Kilometer entfernt. Auch weiße Söldner der serbischen Sicherheitsfirma
RALF, die im Dezember von Kongos Regierung angeheuert wurden, winken stolz
von den Pick-ups herunter. Die Menschenmenge brüllt ihnen begeistert zu.
Auf weiteren Onlinevideos sieht man Hunderte aufgebrachte Jugendliche durch
die staubigen Gassen von Goma ziehen: Sie brechen in Läden [3][von
Angehörigen der Tutsi-Minderheit] ein und plündern deren Warenlager. Auch
in einer Kirche wird randaliert, die von Tutsi der Banyamulenge-Minderheit
besucht wird, Kirchenbänke werden davongeschleppt. Militärgouverneur
Constant Ndima bezeichnete die Plünderungen als „das Werk böswilliger
Menschen, die unsere Bevölkerung infiltrieren“.
8 Feb 2023
## LINKS
[1] /UN-Missionen-in-Afrika/!5906161
[2] /Proteste-und-Kaempfe-im-Ostkongo/!5913637
[3] /Schwerpunkt-Voelkermord-in-Ruanda/!t5013600
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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